Warschau (KNA) Die meisten Polen halten das aktuelle Verhältnis ihres Landes zu Deutschland für mittelmäßig. 48 Prozent bewerten die deutsch-polnischen Beziehungen als "weder gut noch schlecht". Das geht aus einer neuen Umfrage des staatlichen Meinungsforschungsinstituts CBOS in Warschau her ...
Warschau (KNA) Die meisten Polen halten das aktuelle Verhältnis ihres Landes zu Deutschland für mittelmäßig. 48 Prozent bewerten die deutsch-polnischen Beziehungen als "weder gut noch schlecht". Das geht aus einer neuen Umfrage des staatlichen Meinungsforschungsinstituts CBOS in Warschau hervor.
Gleichzeitig schätzt den Angaben zufolge ein Viertel der Polen die Beziehungen zwischen beiden Ländern als positiv ein. Bei der vergangenen Erhebung des Instituts vom August 2023 waren es nur 13 Prozent. Als schlecht bezeichnen die Beziehungen nur noch 18 Prozent - vier Prozentpunkte weniger als zuvor.
An frühere gute Noten für das deutsch-polnische Verhältnis kommen die Ergebnisse jedoch nicht heran. Im Januar 2015 waren laut CBOS 52 Prozent überzeugt gewesen, die Beziehungen seien gut. 1991 meinten das sogar 55 Prozent. Die Krise der deutsch-polnischen Beziehungen spiegelte sich in den Jahren von 2017 bis 2023 in den Umfrageergebnissen wider: Damals beurteilten stets weniger als 20 Prozent der Polen die Beziehungen als gut.
Große Bedeutung für das deutsch-polnische Verhältnis haben laut der Umfrage Entschädigungen für Verbrechen, die Deutsche im Zweiten Weltkrieg im östlichen Nachbarland begangen. Auf die offene Frage, welches Thema aktuell das größte Gewicht in den Beziehungen habe, gaben 21 Prozent Reparationen für den Zweiten Weltkrieg an. Sie stehen damit auf Platz eins. Wirtschaft und Migration folgen mit je 13 Prozent.
Eine deutliche Mehrheit von 63 Prozent spricht sich dafür aus, dass Polen von Deutschland Reparationen für die im Zweiten Weltkrieg erlittenen Verluste verlangen sollte. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als in der vorherigen Umfrage des Instituts von 2023. Entsprechend lehnen nun weniger Polen Reparationsforderungen an die Bundesrepublik ab: 27 Prozent statt zuvor 31 Prozent.
Bei diesem Thema unterschieden sich die politischen Lager stark, heißt es in der Studie. 85 Prozent der Gegner der Regierung von Donald Tusk unterstützten das Stellen von Entschädigungsansprüchen für den Zweiten Weltkrieg. Bei den Anhängern der Mitte-links-Regierung seien es hingegen nur 35 Prozent. Ein weiteres Ergebnis: Polen, die mindestens einmal im Monat einen Gottesdienst besuchen, befürworteten Reparationszahlungen häufiger als jene, die nicht oder weniger religiös sind. Das Institut befragte im Oktober nach eigenen Angaben eine repräsentative Stichprobe von 901 erwachsenen Einwohnern Polens.
Das Thema Kriegsentschädigung belastet die deutsch-polnischen Beziehungen schon lange. Die Bundesregierung und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wiesen Forderungen nach Reparationen zurück. Steinmeier erklärte zuletzt im September, diese Frage sei aus deutscher Sicht rechtlich abschließend geklärt. Aktuell macht sich besonders Polens neuer Präsident Karol Nawrocki für deutsche Reparationszahlungen stark. Ihm zufolge stehen Polen 1,3 Billionen Euro Entschädigung von Deutschland zu. Dabei beruft sich Nawrocki auf ein 2022 von einer polnischen Parlamentskommission vorgelegtes Gutachten.
Ministerpräsident Tusk spricht sich dagegen viel zurückhaltender für Wiedergutmachung durch die Bundesrepublik aus. Seine Regierung geht davon aus, dass Warschau vor keinem internationalen Gericht Entschädigungen für den mehr als 80 Jahre zurückliegenden Krieg durchsetzen könnte.