Die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs ist dem Erzbistum Paderborn ein zentrales Anliegen. In mehreren Stufen wird systematisch untersucht, wie es zu sexuellem Missbrauch an Minderjährigen und Schutzbefohlenen durch katholische Geistliche und kirchliche Mitarbeitende kommen konnte, welche Verantwortungsträger involviert waren und welche Lehren daraus für die Zukunft gezogen werden müssen.
Den Auftakt bildete die Beteiligung des Erzbistums an der sogenannten MHG-Studie, die im September 2018 veröffentlicht wurde. In deren Rahmen wurden die Personalakten aller Geistlichen gesichtet, die zwischen 1946 und 2015 im Verantwortungsbereich des Erzbistums tätig waren oder im Ruhestand lebten. Der Staatsanwaltschaft wurde dabei uneingeschränkter Zugang zu den Akten gewährt.
Seit 2019 arbeitet ein unabhängiges Forschungsteam der Universität Paderborn unter Leitung von Prof. Dr. Nicole Priesching und der Projektkoordination durch Dr. des. Christine Hartig an einer kirchenhistorischen Studie mit dem Titel „Missbrauch im Erzbistum Paderborn – Eine kirchenhistorische Einordnung“. Untersucht werden die Amtszeiten der Erzbischöfe Lorenz Jaeger und Johannes Joachim Degenhardt (1941–2002). Ein Großteil der bekannten Missbrauchsfälle fällt in diesen Zeitraum. 2023 wurde die Studie um die Amtszeit von Erzbischof em. Hans-Josef Becker (2002–2022) erweitert. Die wissenschaftliche Verantwortung hierfür liegt ebenfalls bei Prof. Dr. Priesching sowie den Historikern Jan Jeskow und Vojin Sasa Vukadinovic.
Ein dritter, entscheidender Schritt war die Gründung einer Unabhängigen Aufarbeitungskommission im Juni 2022. Diese Kommission setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern des Landes Nordrhein-Westfalen, des Erzbistums und von Betroffenen zusammen. Sie sichtet die Akten des Zeitraums seit 1941 bis in die Gegenwart und nimmt sowohl eine Einzelfall- als auch eine Gesamtbewertung der Aufarbeitung im Erzbistum Paderborn vor.
Ein wichtiges Anliegen des Erzbistums ist es, Betroffenen eine Stimme zu geben und sie in den Aufarbeitungsprozess einzubeziehen. Dazu wurde unter anderem eine unabhängige Betroffenenvertretung eingerichtet, die eigenständig arbeitet, aber in ihrer Arbeit umfassend unterstützt wird.
Darüber hinaus wird kontinuierlich zur Mitwirkung an der Forschung eingeladen, um eine breite Basis an Stimmen und Perspektiven zu berücksichtigen.