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Erzbistum Paderborn
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© Ansgar Hoffmann / Fachstelle Kunst / Erzbistum Paderborn

Denk- und Mahnmal zur sexualisierten Gewalt im Erzbistum Paderborn

Ein Denk- und Mahnmal zur sexualisierten Gewalt im Bereich der Kirche entsteht am Paderborner Dom. Acht Künstlerinnen und Künstler haben dafür an einem Wettbewerb teilgenommen – hier finden Sie Beschreibungen und Bildmaterial der eingereichten Entwürfe.

Am Paderborner Dom soll ein Denk- und Mahnmal zur sexualisierten Gewalt im Erzbistum Paderborn entstehen. Das haben sich das Erzbistum Paderborn und das Metropolitankapitel gemeinsam mit der Betroffenenvertretung im Erzbistum zum Ziel gesetzt. Dafür haben sie acht Künstlerinnen und Künstler zu einem begrenzten Wettbewerb eingeladen: Sie waren aufgefordert, Entwürfe für ein Denk- und Mahnmal im Bereich des Paderborner Domes einzureichen, das den sexuellen und geistlichen Missbrauch in der Kirche thematisiert.

Das Denk- und Mahnmal soll dafür stehen, dass die Kirche das Versagen von Klerikern und Laien in Bezug auf sexualisierte oder geistliche Gewalt gegenüber Schutzbefohlenen, Kindern und Abhängigen, sieht, anerkennt, bereut und alle möglichen Maßnahmen ergreifen möchte, damit Missbrauch nicht weiter geschieht.

Das Mahnmal in Gestalt eines Kunstwerks soll Erinnerung und Mahnung zugleich sein. Mit ihm sollen die Opfer sichtbar einen Platz am Dom und damit in der Kirche von Paderborn bekommen. Als Ort für das Kunstwerk wurde das Atrium des Domes ausersehen, da es eine Übergangszone zwischen draußen und drinnen darstellt. Da sich hier viele Wege kreuzen, kann es von vielen Menschen wahrgenommen werden.

Ausstellung der Entwürfe im Diözesanmuseum

Eine Jury aus Vertretern des Erzbistums Paderborn, des Metropolitankapitels, der Betroffenenvertretung im Erzbistum sowie interner und externer Expertinnen und Experten sichtete die Einreichungen. Sie kürte das Konzept von Christoph Brech aus München zum Siegerentwurf. Nach erfolgter Juryentscheidung wird nun die Realisierbarkeit des Kunstwerks mit verschiedenen beteiligten Parteien geprüft.

Die Entwürfe aller teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler werden vom 4. April bis zum 18. Mai 2025 im Foyer des Erzbischöflichen Diözesanmuseums präsentiert. Bewusst ist ein Ort gewählt, welcher der breiten Öffentlichkeit unkompliziert die Möglichkeit bietet, an dem Prozess teilzuhaben. Der Eintritt zu dieser Ausstellung ist frei.

Im Folgenden finden Sie Kurzbeschreibungen zu den einzelnen Entwürfen:

Christoph Brech memory (Arbeitstitel)

Mit seinem Entwurf „memory“ macht Christoph Brech das Erinnern selbst zum Zentrum des Gedenkens. Über der Tür an der Ostseite des Domes steht in weißer Leuchtschrift das Wort memory – um auch außen ein Zeichen zu setzen. Eine Lichtlinie führt Besuchende zum Gedenkort in der Brigidenkapelle des Domes.

In der Kapelle steht ein großer Tisch mit 25 quadratischen, drehbaren Feldern – ähnlich dem bekannten Memory-Spiel. Die Rückseiten gleichen einander, die verdeckten Seiten zeigen Texte, Bilder, Fotos oder Collagen – gestaltet und erweitert von Betroffenen. Wer ein Feld umdreht, bringt ihre Perspektiven ans Licht. Die Felder kippen automatisch zurück – ein Hinweis auf die Verletzlichkeit der Erinnerung und an all das, was noch verborgen ist.

In den drei Fenstern der Kapelle wird ein krähender Hahn dargestellt, an der Wand darunter die Strophen des Hymnus „Aeterne Rerum Conditor“ („O ew’ger Schöpfer aller Welt“) aus dem 4. Jahrhundert, der Ambrosius von Mailand zugeschrieben wird. In der Bibel ist es der Hahn, der Petrus mit seinem Schrei daran erinnert, dass er Jesus verraten hat. Der Hahnenschrei ist Anklage von Verfehlung. Der Hahn begrüßt mit seinem Schrei aber auch das Licht des neuen Tags und steht so gleichzeitig für Hoffnung und mögliche Heilung.

So wird die Brigidenkapelle zu einem Ort der Information, des Erinnerns, der Klage – und der Hoffnung. Sitznischen laden zum Verweilen ein, auf dem Altar können Kerzen entzündet werden.

Matthias Braun „Sternenhimmel“

Matthias Braun entwirft mit „Sternenhimmel“ einen würdevollen Gedenkort für die Opfer sexuellen Missbrauchs in der Brigidenkapelle des Paderborner Doms. Ein schwarzer Vorhang mit silbernem Kreis schirmt den Raum ab und schafft einen stillen Ort der Sammlung. Ein Schriftzug im Rundbogen benennt den Anlass: Im Gedenken an die Opfer sexuellen Missbrauchs.

Die Kapelle ist in leuchtendem Berliner Blau gestrichen – das Gewölbe wird so zum symbolischen Himmel. Darin leuchten 170 silbern glänzende Sterne: kleine Edelstahlplaketten, die für jedes bekannte Missbrauchsopfer stehen. Auf deren Rückseiten kann – für andere unsichtbar – ein Name eingraviert werden. Die Anzahl der Sterne wächst mit jeder weiteren bekannten Tat: mehr Sterne bedeuten mehr Aufklärung, mehr Licht im Dunkel.

Im Raum lädt eine runde Liegeinsel zum Verweilen und zum Blick in den „Sternenhimmel“ ein. Auf dem Altar steht ein „kniendes Kreuz“, das für Demut und die Bitte um Vergebung steht – es symbolisiert, wie sehr kirchliche Werte durch den Missbrauch beschädigt wurden. Ein „Buch der Gedanken“ lädt zur persönlichen Auseinandersetzung ein.

Lesenischen und eine kleine Bibliothek zum Thema Missbrauch machen die Kapelle zu einem lebendigen Ort des Gedenkens.

P. Abraham Fischer OSB

P. Abraham Fischers Mahnmal besteht aus vier Teilen an vier Orten rund um den Paderborner Dom – es ist zugleich Anklage, Gedenken und Gebetsraum. Grafischer Ausgangspunkt ist das Kreuz: das Symbol des Glaubens. Im Missbrauch wird es in sein Gegenteil verkehrt. Aus dem griechischen Kreuz oder „Pluszeichen“ der Bejahung wird das verneinende durchkreuzende „X“ der Verweigerung. Das geschieht nicht etwa plötzlich, sondern in einem „sinkenden Prozess“ aus Verirrung und Vernebelung von Würde und Tatsache. Die Kreuze bilden formal die Einzelschicksale ab. Sie werden aus 14 Stahlplatten ausgeschnitten – die Zahl 14 erinnert an die Kreuzwegstationen Jesu.

Vor dem Generalvikariat stehen drei Stahlplatten: öffentliches Zeichen der Schuld und Konfrontation zwischen Institution und Betroffenen. In der Witterung werden sie rosten, was den fortlaufenden Prozess dieser Begegnung symbolisiert. Im Atrium des Domes befinden sich weitere Tafeln: ein Stapel liegt wie ein verschlossenes Archiv auf dem Boden – schwer zugänglich, verschwiegen. Weitere Platten stehen offen wie Bücher. Licht fällt durch die ausgeschnittenen Kreuze, es kommt „Licht“ in den Sachverhalt. Es bleibt aber mehrdeutig, ambivalent, widersprüchlich. Ein Hinweis auf die schwierige Aufarbeitung.

In der Brigidenkapelle liegen alle 2000 ausgeschnittenen Kreuze und „X“, die ja auch Kreuze sind, ausgeschüttet. Darin steht eine große Kerze, die um Versöhnung brennt. Besuchende können sich ein Kreuz mitnehmen – so reicht das Mahnmal über den Dom hinaus in die Welt.

Eine ausführliche Beschreibung und weitere Fotos von Pater Abrahams Entwurf finden Sie auf der Seite der

Thomas Jessen

Thomas Jessens Konzept verbindet Malerei, Glasbild und Skulptur zu einem wachsenden Mahnmal. Der schwarz-weiße Fliesenboden der Brigidenkapelle wird malerisch auf die Wände übertragen und wird so zum sichtbaren Träger des Themas – Schwarz und Weiß als Kontrastpaare wie Täter-Opfer, Schuld-Scham und Verdrängung-Heilung.

Zentrales Element sind Porträts von Betroffenen – jedoch nicht als Erwachsene, sondern als Kinder. Die Bilder basieren auf authentischen Fotos und werden auf rote Glastafeln übertragen. Anfangs werden drei Porträts installiert. Nach und nach wächst die Galerie – als Zeichen der fortlaufenden Aufarbeitung.

In der Begegnung mit den Porträts kann dem für die Betroffenen zentralen Wunsch nach Heilung nachgegangen werden. Die Kindergesichter lassen über den Verstand hinaus erleben, dass die Betroffenen keine Verantwortung für das Geschehene haben. Für die Täter, Vertuscher und Wegschauenden werden die Kinderblicke schwer erträglich sein.

Ergänzt wird die Installation durch eine Skulptur, die ein Betroffener selbst im Rahmen einer Therapie geschaffen hat: ein Wikinger, der ein Kind liebevoll in den Armen hält. Damit drückt der Betroffene aus, wie sehr er sich als Kind jemanden gewünscht hat, der ihn schützt und ihm hilft.

Für die drei Fenster der Kapelle sind farbige abstrakte Gläser vorgesehen. Auf das mittlere Fenster soll von außen sichtbar die aktuelle Uhrzeit projiziert werden – generell als Symbol für Vergänglichkeit, in diesem Kontext aber auch für die Dringlichkeit der Aufarbeitung des Missbrauchs.

Nina Koch

Im Zentrum von Nina Kochs Entwurf stehen drei Skulpturen, die unterschiedliche Aspekte im Umgang mit sexualisierter Gewalt verkörpern: das Unrecht, die Erkenntnis und die Verantwortung. Die erste Figur „Leid“ symbolisiert den Schmerz und das Gefühl der Verstörung der Betroffenen: „Warum passiert das mit mir?“ Die zweite Figur „Schuld und Scham“ verkörpert den ersten Schritt zur Erkenntnis und möglichen Aufarbeitung. Ihre Hände hält sie vor das Gesicht, doch die Finger spreizen sich. Der Blick auf das, was geschah, öffnet sich, es ist kein Dunkel und kein Versteck mehr möglich. Die Figur fordert die Betrachter auf, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und nicht länger wegzusehen. Die dritte Figur, „Vergebung“, macht einen Schritt nach vorn. Die Vorwärtsbewegung steht für die Möglichkeit um Vergebung zu bitten und den Beginn eines hoffnungsvollen Prozesses.

Die Figuren stehen im Atrium in Beziehung zueinander und bieten Raum für individuelle Auseinandersetzung. Textprojektionen mit Begriffen wie Schuld, Wut und Mut begleiten den Weg zum Denkmal und machen deutlich, dass das Thema uns alle betrifft. Das Mahnmal wird von erklärenden Texten begleitet, die von Betroffenen mitgestaltet werden. Das Atrium erhält zudem mit einem frischen Anstrich und erhält ein auf das Mahnmal ausgerichtetes Beleuchtungskonzept.

Die Brigidenkapelle wird geöffnet und einladend mit Sitzgelegenheiten ausgestattet, um als Ort des Innehaltens zu dienen und Gespräche zwischen Erwachsenen und Kindern zu fördern.

Herman Reichold

Das Mahnmal von Herman Reichold und seiner Assistentin Lara Wenzel thematisiert den sexuellen und geistlichen Missbrauch in der katholischen Kirche und gibt den Betroffenen eine Stimme. Es fordert Kirche und Gesellschaft auf, Verantwortung zu übernehmen und sich kritisch mit Schuld und Aufarbeitung auseinanderzusetzen.

Kernstück ist ein schwebender, durchsichtiger Glasvorhang mit dem Vaterunser in schwer leserlicher Schrift. Der Vorhang steht als Symbol für die Grenze zwischen Verdrängung und Offenlegung, zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit. Die fragile Materialwahl und das schwer lesbare Gebet verweisen auf das zerbrechliche Vertrauen der Betroffenen in die Kirche.

Hinter dem Vorhang befinden sich zwei Neonschriftzüge, die aus der Perspektive der Opfer gelesen werden sollen. „Mein Wille geschehe“ in Grün steht für den Wunsch der Opfer nach Anerkennung, „Dein Wille gestehe“ in Rot konfrontiert mit der Schuld der Täter und dem oft erzwungenen Schweigen. Die Farben stehen für die Spannung zwischen Hoffnung und Schmerz, Aufbruch und Verantwortung. Die Botschaften werden erst sichtbar, wenn sich Besuchende aktiv beteiligen – so gibt das Mahnmal den Betroffenen eine Stimme und fordert Gerechtigkeit, Wahrheit und Aufarbeitung.

Die Installation ist bewusst störend und fordert eine aktive Auseinandersetzung. Sie macht das Leid sichtbar, ruft zu gesellschaftlichem Wandel auf und verwandelt die Kapelle in einen Raum der Reflexion, des Erinnerns – und des Handelns.

Will Rumi

Will Rumi gestaltet die Brigidenkapelle als Ort des Rückzugs und der Stille für Betroffene. Sein Mahnmal verzichtet bewusst auf christliche Symbole und spricht eine universelle, symbolische Sprache. Die Arbeiten sind aus Eschenholz gearbeitet und teilweise farbig gefasst.

Links im ersten Fenster zeigt einen aus Holz schwarz gefassten Vorhang das „Gebundensein“ der Finsternis – ein Zeichen dafür, dass das Leid nicht länger Macht hat. Vor dem zweiten Fenster, die Skulptur eines auf dem Boden sitzenden Mädchens, das aufgrund tiefer seelischer und körperlicher Verletzungen nicht mehr offen in die Welt schauen kann und deren Vertrauen zu anderen Menschen zutiefst erschüttert ist. Auf der rechten Seite der Kapelle spiegelt die Skulptur eines sitzenden Jungen die Grausamkeit der Macht. Eine gesichtslose Halbskulptur im Fenster daneben symbolisiert für alle Betroffenen die Unschuld – sie soll all denen Trost vermitteln, denen dieser über Jahrzehnte verwehrt blieb.

An der Kopfseite der Kapelle blüht eine aus Holz gearbeitete Akelei: Die Frühlingsblume ist das Symbol neuen Lebens und des Neubeginns. Sie ist mit Abstand zur Wand befestigt, sodass ein Schatten entsteht, der mahnt: hinter jeder Blume kann auch ein Schmerz liegen. Daher gilt es wachsam zu sein.

Auf dem Altar liegt ein „Buch der Schmerzen“, in dem Betroffene anonym ihre Erfahrungen niederschreiben können. Daneben ein Skarabäus – ein altes Glückssymbol und Sinnbild für Erneuerung, Wiedergeburt und die Hoffnung auf einen neuen Tag.

Annette Voltmann

Annette Voltmanns Entwurf besteht aus zwei kontrastierenden Skulpturen – zwei in abstrahierter Form dargestellten Händen –, die den Missbrauch und angebotene Hilfe aber auch Verletzlichkeit symbolisieren. Im Atrium gegenüber der Brigidenkapelle steht eine große Hand aus schwarz beschichtetem Stahl, die leicht nach innen geneigt ist und ein Gefühl der Beklemmung und Bedrohung erzeugt. Sie ist begehbar und soll das Gefühl des Übergriffs nachempfindbar machen. Ihre Präsenz ist bedrückend, verstärkt durch kühle Beleuchtung in Blau-Violett.

Im Inneren der Kapelle begegnet Besuchenden das Gegenbild: eine frei hängende, geöffnete Hand aus einer filigranen Holzkonstruktion und Seidenpapier. Sie steht für die Möglichkeit der Verarbeitung erlebter Übergriffe, die Unsicherheit im Umgang mit den Betroffenen sowie deren Verletzbarkeit. Stoffbanner mit Worten wie „Hoffnung“, „Vergebung“ und „Mut“ verstärken diese Botschaft.

Ein zentrales interaktives Element lädt zur persönlichen Auseinandersetzung ein: Steine hängen an Bändern von der Decke. Wer möchte, kann einen Stein abnehmen und ihn gegen einen beschrifteten Gedanken- oder Wunschzettel eintauschen. Aufgrund ihres leichteren Gewichts, steigen die Zettel an den Bändern nach oben – als Zeichen des Loslassens, der Wandlung, des gemeinschaftlichen Erinnerns.

Hilfe bei Missbrauch

Das Erzbistum Paderborn nimmt jeden konkreten Fall und jeden Verdachtsfall im Sinne der Leitlinien von sexuellem Missbrauch und sexualisierter Gewalt sehr ernst. Auf dieser Seite erhalten Sie Informationen zum Thema Aufarbeitung, Intervention und Prävention im Erzbistum Paderborn:

Betroffenenvertretung

Seit Februar 2022 gibt es im Erzbistum Paderborn eine Betroffenenvertretung, die darüber berät, wie sie die Stimmen von Betroffenen zum Ausdruck bringen kann und sich auch an Fragen der Aufarbeitung beteiligt:

Kontakt
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