Nürnberg (KNA) In Nürnberg und im böhmischen Gründungsort Ronsperg (Pobezovice) ist am Wochenende das 100-jährige Bestehen der Paneuropa-Union gefeiert worden. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) würdigte den Zusammenschluss als "erste und stärkste Friedensbewegung, die wir haben". Deren Gedankengut sei aktueller denn je. "Dieses Europa wird nicht in erster Linie über Geld definiert, sondern baut auf dem Christentum und der Aufklärung auf. Es hat religiöse Wurzeln und verficht die Universalität der Menschenrechte."
Europa und die Paneuropa-Idee seien somit "ein Angebot an die Welt in Zeiten, wo die Demokratien wackeln". Russland dürfe den Krieg gegen die Ukraine nicht gewinnen, die Länder auf dem Westbalkan müssten bald integriert werden. "Serbien muss sich entscheiden, ob es zu uns gehören will oder nicht."
Der tschechische Europaminister Mikulas Bek sagte, sein Land wolle in den nächsten sechs Monaten seiner EU-Ratspräsidentschaft mehrere Schwerpunkte setzen. Dazu zählten die Befreiung der EU von Abhängigkeiten in der Energieversorgung, erhöhte Verteidigungskapazitäten und eine Festigung der demokratischen Institutionen. Dazu zähle auch, totalitäre Geschichte gemeinsam aufzuarbeiten.
Der Präsident der Paneuropa-Union Deutschland, Bernd Posselt, sagte, eine vernünftige Nachbarschaft zwischen Europa und Russland werde es erst nach einem Sturz Putins und einem grundlegenden Systemwechsel dort geben. Putin und sein Ideologe Alexander Dugin wollten ein von Moskau dominiertes Zwangsgebilde von Wladiwostok bis Lissabon errichten. Diese öffentlich mehrfach bekundeten Absichten gelte es endlich ernst zu nehmen.
Der internationale Paneuropa-Präsident Alain Terrenoire warnte davor, sich in der Abwehr der russischen Aggression und des chinesischen Dominanzstrebens nur auf USA und Nato zu verlassen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nannte die Paneuropa-Union in einem schriftlichen Grußwort eine "ganz besondere europäische Vereinigung". Als erste habe sie eine demokratische Föderation aller europäischen Staaten gefordert.
Nach dem Festakt fuhren die Teilnehmer von Nürnberg mit Bussen in den tschechischen Heimatort des Paneuropa-Gründers Richard Graf Coudenhove-Kalergi nach Ronsperg (Pobezovice). Bürgermeister Martin Kopecky kündigte an, Ronsperg solle durch die Restaurierung und Belebung des Coudenhove-Schlosses wieder zu einem geistigen Mittelpunkt Europas werden.
Bei einem Festgottesdienst in der Ronsperger Kirche weihte der Pilsener Bischof Tomas Holub zwei Paneuropa-Fahnen. Sie sollen am Montag in Straßburg an das EU-Parlament und den Europarat übergeben werden.