Die Stille hüten
So ist die Dörnschlade nun irgendwie Cuypers` Höhle. Hier hat er Raum gefunden für sich und die Stille. Deren Hüter er sein möchte und die ihm Kraft gibt, ihn nährt. Bei allen Zweifeln, die er hat, ob er sich den Luxus überhaupt leisten kann. Als Angehöriger eines aktiven Ordens. Wird er an anderer Stelle nicht dringender gebraucht? „Ich drehe mich nicht um mich, sondern kreise um Gott. Das trägt Früchte für die Leute, die hier anklopfen.“
Den Morgen verbringt Cuypers mit Schweigemeditation, mit Tagebuch schreiben, mit Hören und Lesen von spirituellen Beiträgen, Artikeln, Büchern. Bis zum Mittag. Dann erledigt er den Haushalt. Kocht, putzt, wäscht, bügelt, kauft ein. Und schaut nach der Kapelle. Sorgt für die Kerzen und dafür, dass alles in Ordnung ist. Hält Andacht und Gottesdienst. Und hat immer seine Tür geöffnet. „Da ist ein Riesenhunger nach einem Ansprechpartner. Wenn die Menschen mich suchen, bin ich da“, sagt Cuypers. „Das ist die Urzelle von Seelsorge und die Zukunft von Kirche. Präsent sein, vor Ort sein.“
Lust machen, Sucher zu sein
Im Nachhinein, in der Reflexion, so Cuypers, sei die Sehnsucht nach der Stille schon immer in ihm gewesen. Wenn anfangs auch nur als kleines Korn, das in den letzten Jahren richtig gesprossen sei. Eremit, das werde man nicht einfach so. Das könne man nur in der zweiten Lebenshälfte. Dann, wenn man die erste schon gelebt habe. Egal, ob Orden oder nicht – in der man lerne, baue und forme, voller Energie und Tatendrang sei und glaube, die Welt retten zu können. Das sei gut und das sei richtig. „Die Dinge, die wir am Lebensende am meisten bereuen, sind doch die, die wir nicht getan haben.“
Genau so hat Cuypers sein Leben geformt und gebaut. Vor 37 Jahren trat er den Steyler Missionaren bei. Da war er 20. Seine erste Mission führte ihn in den Südpazifik. Nach Papua-Neuguinea. Es folgten Stationen in Österreich, in den Niederlanden und schließlich in Deutschland. Er war Gemeindebetreuer, Studentenseelsorger, Exerzitien- und Novizenmeister, Spiritual im Priesterseminar und in leitender Funktion in seinem Orden. Er produzierte und schrieb – und ist immer noch dabei – für den Hörfunk und für Zeitschriften. Kurzum, Cuypers machte Karriere. Ließ sich vom Leben gerben, wie er sagt.
Jetzt ist in der zweiten Lebenshälfte angekommen. Nach einem langen Weg. „Wenn die Sonne untergeht, kommen die ersten Schatten. Die Ressourcen sind begrenzt. Die Frage ist, was bleibt. Mein Ehrgeiz ist es, die Menschen zu berühren. Wer berührt ist, fängt an zu suchen. Kirche musss Lust machen, Sucher zu sein und einander zu helfen. Dafür brenne ich. Dafür bringe ich mich ein. Auch als Eremit“.