Seit über 30 Jahren bietet Rudi Ryll jedes Jahr an Karsamstag eine meditative Wanderung durch Warburg an. Lässt es seine Gesundheit zu, wird der Vorsitzende des Pfarrgemeinderates von St. Marien, Warburg-Altstadt, und St. Johannes Baptist, Warburg-Neustadt, auch in diesem Jahr wieder in aller Herrgottsfrühe aufbrechen. Wie die Witterung ausfällt? Wie groß die Schar der Menschen sein wird, die ihn begleiten? Darauf kommt es Ryll nicht an. Einige werden bestimmt mitwandern. Wie jedes Jahr. Und wie jedes Jahr wird die letzte Etappe über die 14 Stationen des Kreuzweges hinauf auf den Warburger Burgberg führen. Die Erasmuskapelle ist dann die Endstation der Wanderung. Genauer gesagt: Bevor es zu einem gemeinsamen Frühstück hinunter in die Stadt geht, versammeln sich die Teilnehmenden in der romanischen Krypta zum stillen Gebet.
„Unten in der Krypta ist nicht viel. Ein schlichter Altar, rohes Gemäuer. Kein Bild, kein Schmuck. Dafür Grabesruhe“, erzählt Rudi Ryll. „Einen besseren Ort für ein Karsamstagsgebet kann ich mir nicht vorstellen.“ Tatsächlich besteht die Erasmuskapelle aus zwei Teilen: die obere Kapelle aus dem Barock und darunter die Krypta der zusammen mit der Burg Wartberch im Lauf der Zeit abgegangenen Burgkirche St. Andreas. Die Unterkirche aus dem 12. Jahrhundert ist der einzige erhaltene Teil der Burg und zugleich das älteste kirchliche Gebäude Warburgs.
Der Pastoralverbund Warburg umfasst 15 Kirchen im Stadtgebiet und Umland. „Was ‚priesterlos‘ möglich ist, wird bei uns priesterlos gemacht“, berichtet Rudi Ryll. „Wir haben uns frühzeitig mit viel ehrenamtlichem Engagement von der versorgenden Kirche in eine mitsorgende Kirche verwandelt.“ Auf diese Weise gelingt es in Warburg, nicht nur das kirchliche Leben in den 15 Kirchengebäuden zu erhalten, sondern auch sakrale Räume wie die Burgkapelle in die Angebote und Aktivitäten einzubinden.