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Erzbistum Paderborn
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Kirche Johannes XXIII in Köln. Entworfen von Josef Rikus© Peeradontax / Shutterstock.com

„Die Kunst war sein Glaubensbekenntnis“

Stürzende Engel und Respekt vor der Schöpfung: Vor 100 Jahren wurde der Bildhauer Josef Rikus geboren

Josef Rikus prägt das Stadtbild

Kaum ein Zweiter hat in Paderborn so oft seine künstlerische Visitenkarte hinterlassen wie der Bildhauer Josef Rikus (1923-1989). Ob Neptunbrunnen am Marktplatz, das – jüngst abgebaute – Kreuz am Gierstor, der Brunnen vor dem Heinz Nixdorf MuseumsForum oder das Mahnmal am Busdorfwall, Tatsache ist und bleibt: An diesem umtriebigen Künstler kommt in der Domstadt niemand vorbei.

Aber auch wenn Paderborn für ihn sein „Epizentrum“ war, außerhalb Ostwestfalens galt Josef Rikus ebenso als gefragter Künstler vor allem für christliche Bauwerke, Denkmale und ganze Kirchenausbauten – genau 30 Chorraumausstattungen entstanden unter seiner Federführung. Die imposante Schiefer-Skulptur „Stürzende Engel“ vor dem Amtsgericht Münster sowie die Kirche der katholischen Hochschulgemeinde Köln, St. Johannes XXIII., sind ungewöhnliche und vielbeachtete Konstruktionen und architektonische Höhepunkte im Spiegel jener Zeit.

Passt nicht in Stilschubladen

Wer heute vor den zahlreichen großen Plastiken und Figuren des Josef Rikus steht, sieht sofort: Dieser Künstler ist nicht leicht zu entschlüsseln, seine Werke scheinen unbequem, rätselhaft. Und er fordert die Betrachterinnen und Betrachter. Geprägt vom Expressionismus – so wie viele seiner Generation – und später von den Einflüssen aus dem Kubismus und Konstruktivismus, schuf Josef Rikus in frühen Jahren vor allem abstrakte Kunst, die kantig, reduziert, ineinander verschoben daherkam. Er spielte gern mit geometrischen Formen. „Viele Arbeiten lassen sich einfach nicht in eine existierende Schublade stecken“, macht Hans-Ulrich Hillermann deutlich. Rikus habe Werke zwischen Figuration und Abstraktion geschaffen, zuweilen mit starken kubistischen Anklängen.

Der Kunsthistoriker Hillermann gilt als profunder Kenner des Künstlers, forscht seit vielen Jahren zu Josef Rikus und ist mit der Inventarisierung des Künstlernachlasses (weit mehr als 600 Werke) beschäftigt. Er hat die aktuelle Doppelausstellung „Du wirst staunen!“ im Erzbischöflichen Diözesanmuseum und Stadtmuseum Paderborn im Wesentlichen mitgestaltet und den Katalog publiziert. Für ihn ist ganz klar: “Josef Rikus war keine westfälische Provinzblume, sondern ein wandelbarer und vielseitiger Künstler, der gerade heute in Krisenzeiten nichts von seiner Aktualität verloren hat.“

Doppelausstellung "Du wirst staunen!"

 

Vom 28. Februar bis zum 11. Juni finden Sie im Erzbischöflichen Diözesanmuseum Paderborn die Doppelausstellung „Du wirst staunen!“. Hier und im Stadtmuseum Paderborn können Sie die Werke von Josef Rikus betrachten und so den hundertsten Geburtstag des Künstlers würdigen.

Veranstaltungen zur Ausstellung und weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der

Rikus-Ausstellung

Seine Kriegserlebnisse verarbeitet

In seiner Kunst setzte sich Josef Rikus zeitlebens mit den traumatischen Erlebnissen im Zweiten Weltkrieg auseinander. An der Front war der damals junge Mann in Russland schwer verwundet worden, das prägte sein weiteres Leben – sowohl durch die davongetragenen Verletzungen als auch durch den nachfolgenden Kalten Krieg. Ob Brunnen, Reliefs, Kirchenausstattungen, Mahn- oder Denkmale, „er hat sich sozusagen stets mit kreativer Energie am harten Stein abgearbeitet“, beschreibt es Hans-Ulrich Hillermann.

Und jede dieser künstlerischen Herausforderungen in Holz, Stein oder Bronze spiegelte seinen tiefen Glauben wider. Dabei sei die Materie viel mehr gewesen als nur ein kalter Werkstoff, Rikus habe sich stets von der Materie führen lassen, sie sei für ihn Teil der Schöpfung. „Die Kunst war einfach sein Glaubensbekenntnis“, so Kunsthistoriker Hillermann über den gläubigen Katholiken.

Rikus mahnt mit seiner Kunst für den Frieden

Nicht verwunderlich, dass die Bilder aus der Apokalypse zu den wiederkehrenden Motiven im Werk von Josef Rikus zählen, und Endzeitmotive in seinen Arbeiten und Entwürfen immer wieder neu formuliert werden. Eines der eindrucksvollsten Beispiele ist sicherlich der Brunnen mit der schlanken Skulptur der „Stürzenden Engel“ vor dem Amtsgericht in Münster. Dieses Großprojekt hat Josef Rikus 1958 verwirklicht und damit ein starkes Zeichen gegen Krieg, Ungerechtigkeit und Grausamkeit gesetzt.

Zu einem ähnlichen Projekt für eine Gefallenen-Ehrung, das allerdings nicht realisiert wurde, äußerte Rikus folgende Gedanken: „Als Thema habe ich die apokalyptischen Reiter gewählt, die über ein Gräberfeld dahinstürmen. Ich halte es für besonders wichtig, durch dieses Bild den Schrecken des Krieges in übersetzter Form wiederzugeben, da die unmittelbare Erinnerung an die Geschehnisse des Krieges schon mehr und mehr verloren geht.“ Erschreckend, wenn man heute allein nur an den Ukraine-Krieg denkt.

Stilwechsel zum Figürlichen

Gegen Ende der 1970er-Jahre änderte Josef Rikus, inzwischen recht berühmt und gefragt, seinen Stil – von der Abstraktion mehr hin zu figürlichen Arbeiten. „Das macht dann die Werke ein wenig gefälliger und die Interpretation leichter“, so Hillermann. Nichtsdestotrotz habe der Künstler in seinem weiteren Schaffen der Kunst stets tiefen Ausdruck und eine ungewöhnliche Atmosphäre verliehen. Und er bleibt der religiösen Thematik treu, was die Vielzahl an kleinen Bronzen – im Diözesanmuseum zu bewundern – widerspiegelt.

Eines der eindrucksvollsten Werke ist „Die Kreuzvision des heiligen Hubertus während der Jagd“, ein Spätwerk des Künstlers aus dem Jahr 1986. Diese filigrane Figur, von der auch noch ein Wachsmodell existiert, verdeutlicht in einer szenischen Darstellung den Wendepunkt im Leben des Hubertus. Diesem erscheint während der Jagd plötzlich im Geweih eines Hirschen ein strahlendes Kreuz – für Hubertus ein Zeichen innezuhalten und sich dem christlichen Glauben zuzuwenden. Sehr einfühlsam hat Josef Rikus diesen berührenden Moment in seinem Werk festgehalten. Ganz unmittelbar spürt man die Dynamik der Begegnung – die Tannen rauschen im Wind, Hubertus kniet nieder und ist beim Anblick des stolzen Tieres überwältigt und andächtig aufgewühlt, eine wunderbar mystische Szene.

Nächstenliebe und Achtung der Natur waren für Rikus zentral

Ein ähnlich dynamisches und ausdrucksstarkes Werk beleuchtet die Darstellung der Mantelteilung des Heiligen Martins, die Josef Rikus als Bronze-Skulptur wie auch 1986 als Brunnen-Denkmal in Bad Lippspringe schuf. Der stolze Ritter St. Martin hoch zu Ross erbarmt sich einem hungernden und frierenden Bettler und teilt seinen warmen Mantel mit dem Schwert und schenkt dem Bettler eine Hälfte.

Figürlich reduziert und ganz konzentriert in Raum und Zeit lassen sich in dieser berühmten Szene jene für Josef Rikus wichtigen christlichen Werte ablesen: Nächstenliebe, Barmherzigkeit, Großzügigkeit sowie die Aufforderung zum Engagement für jene, die in der Gesellschaft keine Lobby haben. In der Kunst, die Rikus zeitlebens schuf, spiegelte sich stets „Respekt vor der Natur und die Achtung, geradezu die Achtsamkeit vor der Schöpfung wider“, so bringt es Kunsthistoriker Hans-Ulrich Hillermann auf den Punkt.

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Ein Beitrag von:
© privat
freie Autorin

Martina Schäfer

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