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Erzbistum Paderborn
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Woche für das Leben 2024© Vitalii Vodolazskyi / Shutterstock.com

Christliche Initiative: Woche für das Leben

Bei der „Woche für das Leben“ 2024 stehen junge Menschen mit Behinderung im Fokus. Was braucht es im kirchlichen Kontext, dass Inklusion und echtes Miteinander gelingen können?

Was wäre das schön: Eine Welt, in der jeder Mensch seinen Bedürfnissen entsprechend leben kann. Eine Gesellschaft, an der jeder Mensch, so wie er ist, teilhaben kann. Ein Umfeld, in dem es kein ‚normal‘ und kein ‚anders‘ gibt, sondern respektierte Vielfalt. Das wäre ein wahrer Segen.

Vor 15 Jahren hat Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft gesetzt. Der zentrale Leitgedanke ist das Recht auf umfassende Teilhabe aller Menschen an allen Bereichen des Lebens. Die Kirche nimmt diesen Auftrag nicht nur ernst, vielmehr liegt er auch in ihrer DNA, ist doch die gleichwertige und gleichberechtigte Zugehörigkeit aller Menschen Grundlage und Kernanliegen des christlichen Glaubens. Gleichwohl, inklusiv zu denken und zu handeln ist nicht einfach und die Wirklichkeit einer (christlichen) Gemeinschaft durch Teilhabe mit vielen Herausforderungen verbunden.

Inklusive Pastoral

Am Samstag, den 13. April 2024, wird in Rüdesheim am Rhein die diesjährige „Woche für das Leben“ eröffnet. Im Jahr 1991 ist sie von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ins Leben gerufen worden. Seit 1994 ist sie ökumenisch. Mit der bundesweiten Aktion wollen die beiden großen christlichen Kirchen den Schutz und die Wertschätzung des menschlichen Lebens besonders in den Blick nehmen und die ethische Debatte mitgestalten. Unter dem Motto „Generation Z(ukunft): Gemeinsam. Verschieden. Gut.“ steht in diesem Jahr die Lebenswirklichkeit von Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Behinderungen im Mittelpunkt.

Anja Fecke ist im Erzbistum Paderborn Beauftragte für die Seelsorge für und mit Menschen mit Behinderung. So installiert und definiert gibt es die Stelle erst seit zwei Jahren. Als Diözesanverantwortliche möchte sie (mehr) Bewusstsein für die unterschiedlichen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen schaffen. Sie wünscht sich eine deutlich inklusivere Pastoral, so dass alle ihren Platz in der katholischen Kirche finden.

„Die inklusive Gesellschaft, an der jeder teilhaben kann, ist Fiktion. Barrierefrei werden wir die Welt nie bekommen, aber sicherlich barriereärmer. Wir fangen nicht bei null an, aber wir haben noch viel Weg vor uns. Der Paradigmenwechsel von einem ‚für‘ zu einem ‚mit‘ ist dabei wesentlich: Menschen mit Behinderung sind nicht Objekte für mein Handeln, sondern Subjekte, mit denen zusammen ich handele.“

„Woche für das Leben“ 2024

Die „Woche für das Leben“ ist ein einzigartiges Plädoyer für die Würde und den Schutz und die Wertschätzung des menschlichen Lebens in all seinen Phasen. Weitere Informationen und Materialien zur „Woche für das Leben“ 2024 finden Sie hier:

Unbequem sein dürfen

Erwachsen werden ist schwer. Insbesondere die Pubertät und Adoleszenz sind durch viele biologische, psychische und soziale Veränderungen charakterisiert. „Jugendliche und junge Erwachsene mit Behinderung stehen vor ganz besonderen Herausforderungen. Während andere Gleichalterige planen zu reisen, ein freiwilliges soziales Jahr zu machen oder von der ersten eigenen Wohnung schwärmen, können Jugendliche mit Behinderung mitunter noch nicht einmal davon träumen“, sagt Fecke. Was sie damit meint: Der Wunsch nach Abnabelung von den Eltern, die Suche nach der eigenen Identität, nach nicht fremdbestimmten Lebens- und Berufsperspektiven schürt Ängste und Frustration, das Erreichen der eigenen Ziele scheint nicht selten unerreichbar. Auch, weil schlichtweg für die Gesellschaft die Behinderung weit mehr sichtbar ist als der Mensch.

„Jugendliche und junge Erwachsene mit Behinderung brauchen ein großes Umfeld, das fordert, fördert und unterstützt. Auch darin, unbequem zu sein. Zuzulassen, dass ein Mensch mit Behinderung nicht dankbar für alles sein muss, was ihm angetan wird. Teilhabe heißt, sagen zu dürfen: das will ich und – vor allem – das will ich nicht“, so Anja Fecke. Ein besonders schwieriges Feld für junge Erwachsene mit Behinderung: die Verwirklichung beruflicher Wünsche und Vorstellungen. Weil man ihnen vieles nicht zutraut. Oder weil ein Förderschulabschluss nicht ausreicht für einen höheren Bildungsweg. „In anderen Ländern ist man weiter“, erzählt Anja Fecke von dem Spanier Pablo Pineda, geboren 1975 und der erste Europäer mit Down-Syndrom, der einen Hochschulabschluss erworben hat. Der sich mit seinen Einschränkungen von der Gesellschaft nicht hat behindern lassen.

Kirche kann vieles leisten

Seelsorge – Da-Sein und Nähe zum Menschen in allen Lebenslagen. Was kann Kirche leisten für Jugendliche und junge Menschen mit Behinderung? „Sie kann zunächst darauf achten, dass möglichst viele Angebote von möglichst vielen Menschen nutzbar sind. Das fängt mit barrierearmen Gottesdiensten an und hört mit ebensolchen Fortbildungsangeboten auf.“ Anja Fecke möchte Kirche so weiterentwickeln, dass sie mehr Ort für Inklusionserfahrung statt Exklusionserfahrung ist. Durch entsprechende architektonische Gestaltung, inklusive Leitsysteme, Angebote in Brailleschrift, Gebärdensprache und Leichter und Einfacher Sprache. Und vor allem und zuallererst durch Offenheit, Bereitschaft, Ausdauer und Flexibilität. Durch barrierearmes Denken in der Liturgie, im Chor, in der Messdienerstunde, in der Pfadfindergruppe, im Zeltlager… die Liste lässt sich beliebig verlängern.

„Bevor wir anfangen, Hilfsmittel anzuschaffen, brauchen wir eine inklusive Haltung. Vom pastoralen Personal und vom Kirchenvolk. Weg vom eher caritativen Füreinander hin zum Miteinander. Mein Traum ist es, dass irgendwann einmal in einem Gemeinderat ein junger Mensch mit kognitiven Beeinträchtigungen sitzt. Das öffnet Wahrnehmungen und Erkenntnisräume und schärft Sensibilität. Körperliche Einschränkungen sind gar nicht so das Problem, dagegen gibt es bei bestimmten Sinnesbehinderungen noch viele Barrieren in den Köpfen.“

Brauchen wir nicht?

Zum Auftakt der „Woche für das Leben“ werden in der Marien Kirche des Sankt Vincenzstifts in Rüdesheim, die bekannt ist für ihre inklusive Kunst, der katholische Bischof Georg Bätzing und die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs einen ökumenischen Gottesdienst feiern. Im Netz führt eine digitale Themenbroschüre mit Fachbeiträgen, Interviews und interaktiven Möglichkeiten in das Motto der Woche für das Leben ein. „Schön wäre es, wenn Gemeinden den Impuls wahrnehmen und sich auf den Weg machen“, so Anja Fecke. „Wenn sich beispielsweise Pfarrgemeinderäte zusammensetzen und überlegen, wie sie ihre Gemeinde inklusiver bekommen. Was sie für junge Menschen mit Behinderung konkret tun können. Selbst im kleinsten Dorf kann man ja nicht sagen: haben wir nicht, brauchen wir nicht.“

Ein Beitrag von:
Freie Journalistin

Birgit Engel

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