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Erzbistum Paderborn
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© Besim Mazhiqi / Erzbistum Paderborn

Ein großes Fest: Die Kohlhagener Kirchweihe 1708

Anfang des 18. Jahrhunderts bauen die Kohlhagener eine neue Kirche. Den feierlichen Abschluss des Bauprozesses dokumentiert ein im Erzbistumsarchiv verwahrtes Dokument.

Der Eintrag ist nur wenige Zeilen lang – doch dahinter steckt ein großes Fest. Die Archivalie des Monats Juni berichtet von der Weihe der neuerbauten Kirche auf dem Kohlhagen im Jahr 1708. Seitdem zieht die Kirche jedes Jahr Pilgerinnen und Pilger, Gläubige und Suchende an.

Ein großes Fest!

Die Notiz des Kohlhagener Pfarrers Paulus Leyemann klingt nüchtern: „Anno 1708, den 26. und 27. Juni ist diese Kirche auf Unser lieben Frauen Berge vulgo [genannt] Kohlhagen samt drei Altären consecriert und vorgemelte drei Glocken benediciert worden von Ihro Hochwürdigstem Herrn von Veyder, kurkölnischer Weihbischof, wobei dann an Victualien [Lebensmitteln] und anderer Kosten aufgegangen 38 Reichstaler.“ Hinter diesen wenigen Worten verbirgt sich aber mehr: Eine Kirchweihe, eine Glockenweihe, ein Fest für die Menschen der ganzen Region.

Wie mag das damals ausgesehen haben? Glücklicherweise sind uns neben der hier präsentierten kurzen Notiz des Pfarrers noch ausführlichere Beschreibungen überliefert. Denen zufolge kommt der Kölner Weihbischof, Johann Werner von Veyder, am 25. Juni auf dem Kohlhagen an. Damals gehört der Ort noch zum Territorium des Erzbistums Köln, deshalb muss der Weihbischof die lange und beschwerliche Reise vom Rhein auf sich nehmen. So hohen Besuch bekommt man hier auf dem Lande selten. Daher hat der Kirchenmann ein volles Programm.

Wie ein Raum heilig wird

Noch am Abend seiner Ankunft spendet Weihbischof von Veyder den Firmlingen der Kohlhagener Gemeinde das Sakrament der Firmung. Tags darauf findet dann die feierliche Weihe der drei Altäre und der Kirche auf dem Kohlhagen statt. Am 27. Juni firmt von Veyder wieder junge Menschen, diesmal die Firmlinge aus den fünf Nachbarorten – in der neuerbauten und nun frischgeweihten Kohlhagener Kirche. Schließlich segnet er am 28. Juni noch die drei neuen Glocken. All diese Sakramentspendungen, Weihen und Segnungen sind natürlich eingebunden in feierliche Gottesdienste, es wird nach barocker Manier gesungen und musiziert. Und danach? Scheint sich eine weltliche Feier angeschlossen zu haben. Für die Verköstigung der Festgemeinde entstehen Kosten von insgesamt 73 Reichstalern, von denen die Kirchengemeinde die erwähnten 38 trägt. Das ist damals viel Geld.

Aber die Kosten sind es dem Pfarrer und der Gemeinde wert. Denn eine Kirchweihe ist ein besonderes, ein einmaliges Fest. Sie ist 1708 ohne Frage der Höhepunkt des bischöflichen Besuchs. Das verdeutlichen auch die besonderen Handlungen, die der Weihbischof vollzieht: Altar und Apostelleuchter werden mit Chrisamöl gesalbt, der Tabernakel wird gesegnet und dient nach der Kommunion erstmals dazu, den Leib Christi zu bewahren, auf dem Altar wird Weihrauch verbrannt, der in zarten Rauchschwaden gen Himmel steigt (wie es die Psalmen beschreiben) und Reliquien eines oder einer Heiligen werden in den Altar eingebracht. Für Kohlhagen waren das 1708 – typisch kölnische – Reliquien der Gefährtinnen der Heiligen Ursula und von Märtyrern der Thebäischen Legion.

Das Beten der Menschen

Bis dato war die neuerbaute Kirche einfach nur ein Gebäude – ohne Frage bereits ein schönes und kunstvoll gestaltetes. Aber erst die Weihe macht daraus einen besonderen Ort: Hier finden von nun an die heiligen Handlungen statt, Gottesdienste und Sakramente werden hier gefeiert. Nach kirchlichem Verständnis könnte man sagen: mit der Weihe wird ein Raum der weltlichen Nutzung entzogen. Mit seinen Steinen und Holzbalken, der Leinwand der Altarbilder und dem Glas der Kirchenfenster ist der sakrale Raum natürlich auch nach der Weihe noch fest Teil unserer Welt, doch er wird damit eben auch zu einem spirituellen Ankerpunkt für die Menschen der Region. Hier ist Raum für mehr als für das, was uns im Alltag beschäftigt und beschäftigt hält.

Das macht die Kohlhagener Kirche zum Ziel vieler Menschen. Sie kommen in die barocke Wallfahrtskirche auf dem Kohlhagen. Sie mögen ihre Freuden und ihr Leid zum Gnadenbild und vor Gott bringen. Im Gemeindegesang loben sie Gott, danken ihm. Im stillen Gebet suchen sie nach einer persönlichen Form, um mit Gott ins Gespräch zu kommen. Womit sie ihren ganz eigenen Beitrag zur Heiligkeit dieses Ortes leisten.

Heiliger Raum und Hoffnungsort

Zwar macht die Kirchweihe den Raum zum Sakralraum – doch gerade in älteren Kirchen kann man mitunter spüren, wie sehr dieser Ort auch vom Gebet der vielen Menschen vieler Jahrzehnte und Jahrhunderte getränkt ist. Wie seine Mauern Menschen und ihr Beten aufgenommen haben. Wenn ein heiliger Ort eine Beständigkeit hat, über Jahrhunderte Menschen ihn besuchen, dann trägt das auch zur Stimmung an diesem Ort bei. In gewisser Weise heiligen auch die Gebete der Menschen eine Kirche.

Das Beten auf dem Kohlhagen dauert bis heute an. Menschen kommen seit 317 Jahren hierher, teils nehmen sie dafür weite Wege auf sich. Um zur Ruhe zu kommen und Kraft zu tanken. Indem sie still eine Kerze anzünden, an einer Marienwallfahrt teilnehmen, einen geistlichen Vortrag besuchen. Damit ist die Kirche „auf Unser lieben Frauen Berge vulgo“ nach wie vor ein geistlicher Ort, der ausstrahlt in die Region. Und im Heiligen Jahr 2025 deshalb als einer von zwölf Hoffnungsorten ausgewählt. Im Juni steht hier das Thema „Hoffnung für Menschen auf dem Lande“ im Fokus – der Ort könnte kaum passender gewählt sein. Was mit der Weihe der neu gebauten Kirche 1708 begann, lebt hier weiter.

Foto Erzbistumsarchiv Paderborn
Signatur EBAP, B 2.1 Handschriften Generalvikariat, 18b.6, fol.172 (Alte Signatur: HS XVIII b 6, fol. 172)
Literaturangaben Linneborn, Johannes: Inventar des Archivs des Bischöflichen Generalvikariats zu Paderborn; Herausgegeben von der Historischen Kommission der Provinz Westfalen; Aschendorff, Münster, 1920; S. 97
Torsy, Jakob: Die Weihehandlungen der Kölner Weihbischöfe 1661-1840, nach den weihbischöflichen Protokollen; Düsseldorf 1969 (Studien zur Kölner Kirchengeschichte 10. Band), S. 356
500 Jahre Wallfahrtskirche Mariae Heimsuchung Kohlhagen 1490-1990, Beiträge zur Geschichte und Gegenwart; Thiel, Hans; [Pauly, Bernhard; Vormberg, Martin, u. a.] Kohlhagen 1990, S. 98

Die Archivalie des Monats

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