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Das Pilgerziel muss nicht Santiago de Compostela sein

„Auf eine Kaffeelänge mit …“ Norbert Glatthor, Pilger und Pilgerführer vom Citykloster Bielefeld. Vor 12 oder 13 Jahren entdeckte er das Pilgern. Heute nimmt er Gruppen mit auf den Weg.

Innerhalb unserer Reihe „Auf eine Kaffeelänge mit …“ treffen wir uns regelmäßig mit einer Person aus dem Erzbistum Paderborn, um die Vielfalt der engagierten Menschen abzubilden. Einzige Vorgabe der Zusammenkunft: Das Treffen endet, sobald die Kaffeebecher geleert sind. Diesmal haben wir uns mit Norbert Glatthor getroffen. Er engagiert sich im Citykloster Bielefeld und entwickelt Angebote für Pilgerinnen und Pilger in der Region.

„Das Pilgern hat mich sofort gepackt und bis heute nicht mehr losgelassen“, erzählt Norbert Glatthor beim Gespräch im Bielefelder Klosterladen: „Ich habe sofort gespürt, dass das etwas für mich ist.“ 12 oder 13 Jahre ist dieses Erlebnis in einer ökumenischen Pilgergruppe jetzt her. Damals arbeitete er noch als Software-Ingenieur bei Siemens. „Als ich vor zwei Jahren in den Ruhestand ging, habe ich mir überlegt, was ich Sinnvolles machen könnte. Etwas Kirchennahes fand ich gut.“ Er habe kurz an die Bahnhofsmission gedacht, sich dann aber für das Citykloster entschieden: „Das kannte ich, weil sich meine Frau dort ehrenamtlich engagiert.“

Er entwickelte zwei Angebote für Menschen, die wandernd oder spazierend eine Auszeit vom Alltagsleben erfahren wollen. An jedem ersten Freitag im Monat bietet er ein Feierabendpilgern an. „Wir treffen uns um 18 Uhr am Haupteingang der Jodukuskirche am Klosterplatz und gehen dann fünf bis sechs Kilometer auf ruhigen Wegen, meist im Teutoburger Wald. Unterwegs ist Zeit zum Schweigen oder für die Begegnung im Gespräch. „Unterwegs setze ich kurze spirituelle Impulse“, sagt er.

Inhaltliche Impulse für jede Pilgerwanderung

Das zweite Angebot „Samstagspilgern auf dem Jakobsweg“ folgt in sieben Etappen, immer an einem Samstag im Monat, der historischen Pilgerroute von Minden nach Soest. „Die Termine können einzeln wahrgenommen werden, allerdings sind eine gewisse Grundkondition und eine Anmeldung nötig, um die Bahnfahrten zu den Start- und Zielpunkten organisieren zu können“, sagt Glatthor. Auch für die Strecken bereitet er inhaltliche Impulse vor. „Im Marienmonat Mai ging es um Maria, sowohl um ihre Bedeutung als Mutter Gottes, aber auch um die Frage, was über sie überhaupt bekannt ist.“

„Eine Ausbildung zum Pilgerführer habe ich nicht“, sagt er. Die Texte für die Impulse – seien es nun ein kurzes Gebet, ein Liedtext, eine Bibelstelle – stelle er selbst zusammen. Die Etappen des erst 2013 eingerichteten Jakobsweg von Minden nach Soest kennt er nicht. „Es gibt genaue Wegbeschreibungen, und die Ausschilderung ist meistens in Ordnung“, sagt er. Die Wegführung sei angenehm, oft über Feldwege und führt durch das Wiehengebirge, das Ravensberger Hügelland bei Herford oder durch den Teutoburger Wald von Bielefeld nach Gütersloh und dann weiter.

„Das kenne ich auch anders“, sagt er und erinnert sich an eine Etappe auf einem Jakobsweg im Inntal. „Ich lief da bei Innsbruck über Stunden neben einer Autobahn im strömenden Regen“, sagt er. So etwas sei eine Grenzerfahrung, allerdings weniger körperlicher sondern psychischer Art. „Ich habe beim Pilgern das Rosenkranz-Beten wieder entdeckt“, erzählt er. Das mantraartige Wiederholen der Gebetstexte könne über solche Phasen hinweghelfen. Gelernt hatte er das als Kind, über die Jahre aber vergessen. „Mir waren Kirchen oder Glauben lange eher fern. Klar bin ich katholisch, aber nur, weil meine Eltern mich katholisch getauft haben“, sagt er. Inzwischen sei er Glauben oder Spiritualität wieder näher.

Natürlich kommt das Gespräch auf Santiago de Compostela, das Ziel aller Jakobswege im fernen Spanien. „Nein, da bin ich noch nicht gewesen. Mir war und ist es dort zu überlaufen, auch wenn ich mich irgendwann einmal auf den Weg dorthin machen möchte“, sagt er. Den Olavsweg in Norwegen habe er in Angriff nehmen wollen, aber wegen Corona keine Unterkünfte buchen können. In Angriff genommen hat er den Franziskusweg. Gestartet vor der eigenen Haustür ging es zunächst bis Bamberg. Von dort in einer zweiten Etappe über die Alpen. Die dritte führt durch Abruzzen und Po-Ebene bis Assisi. „Die Alpen waren anstrengend, aber schlimmer sind die Abruzzen. Dort scheint es nur bergauf oder bergab zu gehen, auch die Po-Ebene mit ihren großen Agrar- oder Industrieflächen und fast ausschließlich geteerten Wegen ist nicht eben schön“, sagt Glatthor. Vielleicht 1.500 Kilometer werde er in den Beinen haben, wenn er sein Ziel erreiche.

Was das Ziel beim Pilgern ist, lasse sich nur schwer beschreiben. Für ihn gehe es nicht um die Sehenswürdigkeiten am Weg oder die Schönheit der Landschaft, auch nicht um das Hochgefühl, ein bestimmtes Ziel erreicht zu haben. „Vielleicht ist es die Verbindung von modernem Freizeitverhalten wie Wandern oder Trekking mit den Gauben betreffenden oder spirituellen Fragestellungen und Erfahrungen“, sagt er. Aber wahrscheinlich gebe es auf diese Frage so viele Antworten wie Gründe zum Aufbrechen.

 

Autor: Ralf Bittner, Freier Journalist

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