Wer ein Gästezimmer sucht oder eins der elf Appartements im Michaelskloster mieten möchte, lernt die Gastfreundschaft der Augustiner Chorfrauen kennen. Schwester Laetitia ist erste Ansprechpartnerin, wenn es um diese geschäftlichen Angelegenheiten geht: „Eine betriebswirtschaftliche Ausbildung ist die Grundlage für meinen Dienst als Ökonomin. Hausmeisterliche Dienste, der Kontakt mit Firmen und Mitarbeitern verschiedener öffentlicher Dienststellen sowie die Öffentlichkeitsarbeit und viele kleine Dienste des Alltags bereiten mir ebenso Freude wie die Begegnung mit unseren Gästen.“
Von Bayern nach Ostwestfalen
Seit 2005 ist die gebürtige Bayerin in Paderborn. Nach dem Studium der Germanistik, Theologie und Schulpädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München bat sie um Aufnahme in die Gemeinschaft der Augustiner Chorfrauen. Ihre Entscheidung, Ordensfrau zu werden, reifte erst mit der Zeit.
Schwester Laetitia blickt zurück: „Erst als mir im jungen Erwachsenenalter bewusst wurde, dass Gott in jedes Menschen Herz, also auch in mir wohnt und er für mich da ist und nicht ich bei ihm Leistungen abzuliefern habe, dass es im Glauben also um ein Freundschaftsverhältnis geht, reifte in mir die Sehnsucht, konsequent aus dieser Berufung zu leben.“
„Durch Reduzierung entdecke ich Schätze”
Die Zeit der Pandemie mit weniger Terminen ist für Schwester Laetitia aber keine tatenlose Zeit. Als Ökonomin des Michaelsklosters hat sie von morgens bis abends reichlich zu tun. Aber die Einschränkung der äußeren Geschäftigkeit gibt ihr auch Fragen auf. „Was ist mir wichtig? Durch die Reduzierung entdecke ich Schätze in mir und meinem Leben. Ich lerne in der damit verbundenen Stille neu zu hören, mich von Gott öffnen und finden zu lassen. Zurzeit wird das äußere Ohr weniger strapaziert, das Eigentliche im Leben wird für das innere Ohr hörbar: Wir alle leben in Gottes Gegenwart. Das Bleiben verliert seinen Stachel und wird zum Gewinn.“
Kraftquellen finde sie dort, wo ihr innerer Mensch lebendig sei. Nach außen hin funktionierten Menschen oft, um das Über-Leben zu sichern. Man erfülle Erwartungen. „Erlebe ich mein Tun jedoch so, dass ich meine Begabungen und Talente für das Gelingen des Miteinanders einbringe, stellt sich begleitend dazu ein Gefühl von Erfüllung ein.“
Berührung mit tiefsten Geheimnis des Daseins: Gott
In ihrem Glaubensleben und ihrer spirituellen Praxis gehe es vermehrt darum, durch den freien Raum nach außen hin mehr freien Raum in ihrem Innern zu schaffen, in den hinein Gott sprechen und sie seine Gegenwart in allem spüren dürfe: „Wenn ich diesen Freiraum zulasse, komme ich in Berührung mit dem tiefsten Geheimnis meines Daseins, mit Gott. Dieser geschützte Ort in mir, an dem Gott wohnt und sonst nichts und niemand Zugang hat, ist Quelle tiefer Freude, Dankbarkeit und Zuversicht. Daraus gestärkt muss ich mein spirituelles Leben nicht in Gang bringen, sondern es einfach fließen lassen und sehen, wo es in der Gegenwart bereits stattfindet.“
Das Lebensmotto, das Schwester Laetitia mit ihrem Ordensnamen verbinde, findet sich im alttestamentlichen Buch Nehemia: „Macht euch keine Sorgen, denn die Freude am Herrn ist eure Stärke!“ (Neh 8,10). Ich rede mir das nicht einfach ein, sondern vertraue darauf, dass es wahr ist und erfahre dadurch eine Gelassenheit, die mich nach vorne blicken lässt. Dadurch lerne ich klarer unterscheiden, wovon ich wirklich lebe und was ich getrost lassen kann.“
Seelische Kraftquellen nähren bleibend
Körperliche Kraft finde sie in vielem, was dem Überleben dient: Ernährung, Schlaf, Bewegung, materielle Dinge, die das Leben erleichtern. Doch dies sei vergänglich. Das Vergnügen daran sei nur von mehr oder weniger kurzer Dauer, zurück blieben Leere, Unlust und Trägheit. Geistige und seelische Kraftquellen nährten hingegen bleibend und daher stehen für Schwester Laetitia im Vordergrund: Freundschaft mit Gott und Menschen, Freude am Schönen, an Gottes Schöpfung, an guten Gedanken anderer Menschen, Dankbarkeit für das scheinbar Selbstverständliche im Leben, an den vielen Möglichkeiten, die in einem stecken. „Kraft erwächst mir in einer positiven Grundhaltung des Vertrauens. Sie ist der Grundton, mein Leben konstruktiv anzunehmen, statt über Dies und Jenes zu klagen.“
Bleibende Kraftquellen schenkten somit eine Freude, die nicht abhängig sei von äußeren Umständen, eine Freude, die sich tief verwurzeln könne, so dass sie unzerstörbar werde. Schwester Laetitia: „Eine Freude, die uns Menschen stark macht, standfest, belastbar. Egal, wie groß die momentane Herausforderung ist: die Freude am Herrn birgt mich.“