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© Besim Mazhiqi
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Zwischen Stahlwerk und Bahnhof

St. Franziskus in Witten ist eine typische Ruhrgebietskirche – und der verklärte Christus ihr zentraler Blickfang

Hartwig Trinn hat viele Kindheitserinnerungen an seine Heimatkirche St. Franziskus in Witten. Die vielleicht früheste und tiefste: der Gottesdienstbesuch gemeinsam mit dem Großvater. „Damals saßen Frauen und Männer noch getrennt, und mit Opa zusammen durfte ich nach rechts auf die Männerseite“, erzählt Trinn. „Das hat mich unglaublich stolz gemacht. Rings um mich herum waren erwachsene Männer. An jedem Haken der Kirchenbank hing ein Hut, und wenn ich nach vorn schaute, sah ich auf das Glasfenster mit dem verklärten Christus.“ Natürlich, so fährt Hartwig Trinn fort, habe er als Kind die Bedeutung des Bildes nicht verstanden. Doch sei ihm schon bewusst gewesen, dass es sich um mehr handele als um ein Kunstwerk. Warum sonst sollten erwachsene Männer ehrfürchtig auf das Bild blicken und ihr Knie vor ihm beugen?

Heute ist Hartwig Trinn Mitte 50, studierter Theologe und Krankenhausseelsorger bei der St. Elisabeth Gruppe, den Katholischen Kliniken Rhein-Ruhr. Und noch heute blickt er gern und voller Ehrfurcht auf das zentrale Chorfenster, in dem sich, ungestört von Maßwerk, das Licht in tausend Farben bricht: „In unserer schlichten und aufgeräumten Kirche ist das Chorfenster der zentrale Blickfang.“

Errichtet wurde die Kirche als zeittypische Ruhrgebietskirche in den Jahren 1903 und 1904. Kennzeichnend war nicht allein der neugotische Baustil, sondern auch das erste Patronat. Ursprünglich war die Kirche dem heiligen Josef geweiht – Josef, der einfache Arbeiter, der sorgende Familienvater, das passte perfekt zu Kohle, Eisen und Stahl und zur Denkweise der Menschen in der damaligen Zeit.

Der Herr ist unter uns wirksam

Bei den Luftangriffen des Zweiten Weltkriegs auf Witten wurde auch die Kirche getroffen: Die Wucht der Detonationen deckte das Dach ab, die Fenster flogen aus der Wand, und der Blindgänger einer Stabbrandbombe steckte in der Orgel. Damit war die Kirche noch glimpflich davongekommen. Nach dem großen Luftangriff vom 19. März 1945 lag die Innenstadt von Witten zu 80 Prozent in Trümmern.

1950 waren die Schäden an der Kirche behoben. In die darauffolgende Zeit fällt der Patronatswechsel. Seit der Eingemeindung von Annen im Jahr 1929, damals eigenständige Gemeinde und heute größter Stadtteil Wittens, hatte es zwei Josefskirchen in der Stadt gegeben. Auf Initiative von Pfarrer Johannes Rechmann, eines innigen Verehrers des heiligen Franziskus von Assisi, wurde die Wittener Kirche 1954 unter dessen Patronat gestellt. Rechmanns Nachfolger Clemens Remmel leitete 1960 eine umfassende Kirchenrenovierung ein. Dabei wurden nicht nur Bergschäden beseitigt, sondern auch große Teile der neugotischen Ausstattung. „Die Gemeinde war viel zu arm für hochrangige Kunst, die Ausstattung der Kirche bestand hauptsächlich aus der abgelegten Ausstattung anderer Kirchen“, sagt Hartwig Trinn. Der materielle Schaden war daher nicht besonders groß. Aber heute verwundert einen die radikale Ehrfurchtslosigkeit gegenüber immerhin jahrzehntelang für heilig gehaltenen Dingen.

Bei der Renovierung gingen letztlich mehr Ausstattungsgegenstände verloren als im Krieg. Es kamen aber auch neue Kunstwerke hinzu, unter anderem das große Chorfenster mit dem verklärten Christus, zu dem Hartwig Trinn schon als kleiner Junge aufgesehen hat und es heute noch gern tut. Früher war es reines Staunen, das sich durch die theologische Entschlüsselung des Bildes nur noch vergrößert hat: Der auf dem Thron sitzende Herr ist unter uns wirksam, unsere Aufgabe ist es, uns für sein Kommen bereitzuhalten.

St. Franziskus in Witten

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Das Kalenderbild

Das Kalenderbild: St. Franziskus in Witten © Besim Mazhiqi

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