„Spüren Sie das?“, fragt Rita Lübbers mit einem Lächeln. „In der Kapelle ist es wegen der Kerzen immer ein paar Grad wärmer als draußen. Im Winter ist das angenehm, aber jetzt in der Junisonne … puh!“ Tatsächlich ist der große Kerzenständer vor der steinernen Madonnenfigur gut zur Hälfte mit brennenden Kerzen bestückt, und die Temperatur steigt beim Betreten der Wallfahrtskapelle merklich an. Dabei ist heute ein normaler Wochentag, und die Glocken der zwei Kilometer entfernten Pfarrkirche St. Dionysius haben noch nicht einmal zur Mittagsstunde geschlagen. „Am Wochenende ist am Kerzenständer kein einziger freier Platz mehr“, berichtet Rita Lübbers, die sich als Mitglied des Kirchenvorstands für ihre Gemeinde St. Dionysius in Bökenförde und für das Brünneken als dazugehörige Wallfahrtskapelle einsetzt. „Dann verbietet der Brandschutz das Anzünden weiterer Kerzen.“
Hierher kommen die unterschiedlichsten Menschen
Wenn es oft heißt, dass die Menschen heutzutage für religiöses Brauchtum nur noch wenig Verständnis aufbringen, gilt das nicht für das Brünneken. „Hierher kommen die unterschiedlichsten Menschen aus unterschiedlichster Motivation“, sagt Rita Lübbers. Als hätte ihre Aussage eines Belegs bedurft, stößt ein Ehepaar, an der Montur eindeutig als Radtouristen erkennbar, zu uns in die Kapelle. Ihnen folgt ein Motorradfahrer, der in Lederkluft im Brünneken auftaucht. Während seine am Straßenrand geparkte Maschine in der Hitze brütet, hält aus der anderen Richtung eine Gruppe fröhlich schwatzender Wanderinnen und Wanderer auf die Wallfahrtskapelle zu. Rita Lübbers erkennt sie auf den ersten Blick als Personen, die spazieren gehen: „Die kommen nicht von weit her. Die Fernwanderinnen und Fernwanderer auf dem Jakobsweg sind meist allein unterwegs, und wenn sie sich in Gruppen zusammenfinden, haben sie sich nicht so viel zu sagen.“