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Erzbistum Paderborn
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Auf einmal stand die kleine Madonna da

Die Drüggelter Kapelle am Möhnesee ist sagenumwoben.

Die Drüggelter Kapelle am Möhnesee ist sagenumwoben

Im Vorfrühling 2020 stand es auf einmal da, das Bildnis einer Madonna. Niemand weiß, woher die Statuette kam und wer sie mitbrachte. In früheren Zeiten hätte man vielleicht ein Marienwunder vermutet, aber Pfarrer Ludger Eilebrecht, seit fünf Jahren als Gemeindepfarrer am Möhnesee für die Drüggelter Kapelle zuständig, hat eine profane Erklärung dafür: „Höchstwahrscheinlich stammt die Madonnenfigur aus einer Haushaltsauflösung. Vor und in der Kapelle werden leider viele sakrale Gegenstände abgelegt, weil die Hinterbliebenen nach dem Tod ihrer Lieben keinen Bezug und keine Verwendung dafür haben.“ Meist sind es Kerzen, aber auch viele Gebetbücher. Das Team der Pfarrei Zum guten Hirten in Möhnesee sucht dann dafür eine Verwendung, aber vieles muss entsorgt werden. Dabei gäbe es durchaus eine bessere Verwendung. „Die Kerzen lassen sich bei der Begräbnisfeier abbrennen, das Gotteslob könnte zusammen mit der verstorbenen Person beigesetzt werden“, schlägt Eilebrecht vor.

Die Madonnenfigur

Die Madonnenfigur aber fand in der Kapelle ein neues Zuhause. Gewiss, ein großes Kunstwerk ist sie nicht, aber in ihrer schlichten Art passt sie zum mittelalterlichen Bau – und der Sachwert ist so gering, dass die Figur in der tagsüber offenstehenden Kapelle hoffentlich nicht gestohlen wird. Denn manche Dinge kommen nicht nur urplötzlich in die Kapelle, manche verschwinden auch. Dennoch möchte die Gemeinde die Kapelle weder schließen noch überwachen lassen. Sie soll den Menschen offenstehen, ohne Kameras.

Die Kapelle

Bei der Drüggelter Kapelle handelt es sich um einen zwölfeckigen Zentralbau aus dem 12. Jahrhundert und um ein architektonisches Kleinod. Obwohl das Innere mit zehn großen Schritten durchmessen werden kann, bilden gleich zwei romanische Säulenkränze das Tragwerk des Kreuzgewölbes. Wegen dieser Besonderheit wurde in der Vergangenheit eine Fülle an wissenschaftlichen und auch pseudowissenschaftlichen Abhandlungen über die Kapelle veröffentlicht.

Die Gerüchteküche brodelt

Hartnäckig hält sich etwa das Gerücht, es handle sich bei der Drüggelter Kapelle um ein heidnisches Gebäude germanischen Ursprungs, das bloß zum Schein christianisiert wurde. Diese nachweislich falsche Behauptung wurde insbesondere im Nationalsozialismus offensiv vertreten. Bis heute wird auch viel über einen heidnischen Vorläuferbau spekuliert, der sich nicht belegen lässt. Es gibt zudem anderslautende Vermutungen, nach denen es sich bei der Kapelle um eine Versammlungsstätte der Katharer gehandelt habe. Damit zieht das Gebäude auch der Esoterik zugeneigte Menschen an. Es ist tatsächlich schon vorgekommen, dass katholische Hochzeitsgesellschaften auf flötende, in Druidengewänder gehüllte und barfuß tanzende Menschen stießen … Solange die Würde des geweihten Ortes gewahrt bleibt und sich keine Störungen ergeben, sieht Pfarrer Eilebrecht aber keinen Anlass, um sein Hausrecht durchzusetzen.

Die Kapelle hoch über der Möhne

Dass die Drüggelter Kapelle für viele Menschen eine so starke Anziehungskraft ausübt, liegt neben ihrer Architektur an ihrem Standort. Die Kapelle liegt hoch über dem Tal der Möhne im Süden und der Ruhr im Norden auf dem Haarstrang, der von der norddeutschen Tiefebene kommend den ersten Höhenzug der deutschen Mittelgebirge darstellt. Während der Anstieg quer zum Haarstrang steil und anstrengend ist, verläuft der Weg über den Grat in mehreren sanften Wellen.

Die Landmarke

Damit war das weithin sichtbare Gebäude, und dies ist im Gegensatz zu vielen Spekulationen gesichert, im Mittelalter eine Landmarke an einem wichtigen Handelsweg und ein Treffpunkt. Davon zeugt die erste urkundliche Erwähnung im Jahr 1217, als zu Pfingsten viele Adelige in der Kapelle zusammenkamen, wo Graf Gottfried II. von Arnsberg einige seiner Höfe verkaufte, um damit seine Teilnahme an einem Kreuzzug zu finanzieren. Der Bau selbst ist wohl um einige Jahrzehnte älter als das erste urkundliche Zeugnis. 1930 kam beim Umbau eine Eichentruhe zum Vorschein, die sich anhand der Jahresringe auf das Jahr 1172 datieren lässt. Die Drüggelter Kapelle ist damit auch ohne Hinzudichtungen ein bemerkenswertes Bauwerk – und seit 2020 begrüßt es seine Besucherinnen und Besucher mit einer kleinen Madonna.

Bistumskalender 2021: Auf dem Weg im Erzbistum Paderborn

Der diesjährige Bistumskalender nimmt uns mit auf eine Reise durch das Erzbistum Paderborn und macht jeden Monat Halt an zwei besonderen Orten: an zahlreichen Kapellen oder Kreuzwegen, die jeweils Zeugen einer interessanten Entstehungsgeschichte sind. Darüber hinaus erzählt der Kalender faszinierende Geschichten von Menschen, die mit diesen Orten verbunden sind – manchmal nicht nur über viele Jahre, sondern sogar über weite Entfernungen hinweg.

Wir stellen Ihnen hier alle zwei Wochen das neueste Kalenderblatt vor.

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