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Erzbistum Paderborn
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© Thomas Throenle / Erzbistum Paderborn

„Wem möchte ich an diesem Ort eine Stimme geben?“

„Jüdische Spuren in Paderborn“ werden sichtbar durch Actionbound von St.-Michael-Realschülern / Nutzer und Nachahmer erwünscht

Schüler der Realschule St. Michael haben im Religionsunterricht eine Multimedia-Stadtführung zu „Jüdischen Spuren in Paderborn“ entwickelt. Sie laden Interessierte zum „Mitgehen“ und „Miterleben“ ein. Der von der Jungenklasse in der Jahrgangsstufe 9 entwickelte Actionbound, den man mit dem Smartphone individuell nutzen kann, führt zu Erinnerungsorten jüdischen Lebens in Paderborn. Er informiert, wie jüdische Bürgerinnen und Bürger sowohl in der Zeit des Nationalsozialismus als auch im 19. Jahrhundert gelebt haben und wie ihr Leben nach 1945 weiter gegangen ist. Archivfotos sowie Audios mit von den Schülern selbst verfassten fiktiven Texten sind mit dem Handy zugänglich und eröffnen vielschichtige Erfahrungen. Der Actionbound steht Einzelpersonen und Gruppen – auch Schulklassen – kostenfrei zur Verfügung und ermöglicht einen individuellen Stadtspaziergang auf historischen Spuren jüdischen Lebens in Paderborn.

Dass der Religionsunterricht an der Realschule St. Michael in Paderborn informativ, spannend und lebensnah ist, das erfahren und wissen die Schülerinnen und Schüler der vom Erzbistum Paderborn getragenen Schule in der Regel. Dass allerdings „Reli“ zudem modern, technisch-digital und für andere Menschen relevant und erhellend ist, das haben die Realschüler in der Jahrgangsstufe 9 in dem Actionbound-Projekt erlebt: Gemeinsam mit ihrer Religionslehrerin Katharina Frewer und mit der Referentin Kathrin Sauerwald vom Bereich Schule und Hochschule des Erzbischöflichen Generalvikariats entwickelte die Jungenklasse einen Multimedia-Stadtspaziergang zu „Jüdischen Spuren in Paderborn“. Kooperationspartner für das Projekt war die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Paderborn, es wurde von Monika Schrader-Bewermeier, Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, begleitet.

„Mit der von den Schülern erarbeiteten Führung können sich Interessierte eigenständig auf den Weg machen, sie werden geführt und entdecken Orte, erhalten Informationen und tauchen in einzelne Familienschicksale ein. Dabei verleihen die Schüler an wichtigen Erinnerungsorten durch fiktive Texte Jüdinnen und Juden eine Stimme und regen durch Impulsfragen zum Nachdenken an“, erklärt die für das Actionbound-Projekt verantwortliche Referentin im Bereich Schule und Hochschule des Generalvikariats, Kathrin Sauerwald.

Entstehung des Actionbounds

„Die Schüler beschäftigten sich während des mehrwöchigen Projekts in ihrem Religionsunterricht ausgehend von ausgewählten Erinnerungsorten in Paderborn mit vielfältigen jüdischen Geschichten und Schicksalen“, entfaltet Kathrin Sauerwald die Grundlage für die Entstehung des Actionbounds. „Die Schüler haben arbeitsteilig in Gruppen gearbeitet“, ergänzt Lehrerin Katharina Frewer. Die eigenständige Recherche in umfangreichen multimedialen digitalen Lerntheken gehörte auch dazu.

„Was möchte ich von diesem Ort erzählen, dass es nicht in Vergessenheit gerät?“ und „Wem möchte ich an diesem Ort noch einmal eine Stimme geben?“ – Ausgehend von diesen Fragen entwickelten die Jugendlichen für sieben ausgewählten Stationen die Inhalte für ihren Actionbound. Ergebnis des Projekt-Unterrichts an der vom Erzbistum Paderborn getragenen Paderborner Realschule St. Michael ist ein digitaler Audio- und Erlebnis-Walk mit Texten, Fotos und Audio-Dateien. „Der offene und von den Schülern selbstgesteuerte Lernprozess hat zu einem Lernprodukt geführt, das nun vielfältig einsetzbar ist und zugleich Modell für andere Lerngruppen sein kann“, freut sich Actionbound-Projektleiterin Kathrin Sauerwald.

Der Actionbound „Jüdische Spuren in Paderborn“ steht allen Interessierten zur Verfügung: Mit Hilfe des eigenen Smartphons und der darauf installierten Actionbound-App werden Einzelne und Gruppen mittels GPS-Daten zu Orten jüdischen Lebens in Paderborn geführt, erhalten Informationen und können von Schülern verfasste fiktive Texte hören – Texte, die anderen eine Stimme verleihen.

Konkret: Erinnerungsorte und Menschen

Der von den Schülern entwickelte Actionbound-Rundgang startet am früheren Standort der Synagoge in Paderborn, wo sich heute ein Mahnmal befindet, mit dem an die Verfolgung und Ermordung der jüdischen Bevölkerung Paderborns während der Zeit des Nationalsozialismus erinnert wird. Die Schüler zeigen durch Archivfotos die Zerstörung der Synagoge in der Reichspogromnacht 1938 und bringen mit einer Audio-Datei einen fiktiven Tagebucheintrag eines Paderborner Juden zu Gehör.

Am Bahnhof Kasseler Tor informieren die Actionbound-Macher der St. Michael Realschule, dass in der Zeit des Nationalsozialismus von hier aus die meisten Paderborner Juden deportiert wurden. Auch das frühere Jüdische Waisenhaus bildet eine Station auf dem Rundgang durch Paderborn. Exemplarisch werden in der Innenstadt die Schicksale der Familien Kosses, Rose, Kahn, Steinheim, Herzheim, Rosenbaum vorgestellt. Jeder einzelne Beitrag informiert über das historisch Geschehene und geht gleichzeitig dadurch, dass die Schüler einzelnen Personen noch einmal „ihre Stimme“ geben, emotional „unter die Haut“.

Lernerfahrungen von Schülern

Dass er und seine Mitschüler durch das Actionbound-Projekt einen „anderen Religionsunterricht“ erlebt haben, freut Simon Menke. „Wir konnten selbst recherchieren, nach eigenem Interesse Schwerpunkte setzen und in Gruppen arbeiten.“ Dass der Religionsunterricht im besten Sinne Folgen hat, dass nämlich der entstandene Actionbound veröffentlicht wird und andere Menschen anleitet, das fasziniert Kevin Shaya. Die „Spurensuche“ nach jüdischem Leben in Paderborn fanden die Schüler spannend, das „tiefe Eintauchen in die Thematik“ und das „sich überraschen lassen“, erklärt Schüler Paul Potthast. Mateo Bürkle unterstreicht, dass durch das intensive Erarbeiten von Familiengeschichten ein „miterleben, mitfühlen“ mit den Erfahrungen und Schicksalen der jüdischen Familien möglich war. Das Erschrecken über die Ausgrenzung und Behandlung von Menschen jüdischen Glaubens während der Zeit des Nationalsozialismus sei groß, sagt Janis Klimmek.

Das Actionbound-Projekt habe ihn sehr angesprochen und fasziniert, erklärt Yabil Aslan. Das Schreiben von fiktiven Texten habe es erfordert, sich tief in andere Personen hineinzuversetzen. Für Ninos Saliba Gökce war es eine „tolle Erfahrung“, mit Tablets und Handys zu arbeiten, um einen Actionbound zu erstellen. Er betont das Zutrauen und Vertrauen von Lehrerin Katharina Frewer und Katrin Sauerwald, die das eigenständige und eigenverantwortliche Arbeiten der Schüler zugelassen und unterstützt haben.

Hintergrund zum Actionbound „Jüdische Spuren in Paderborn“

„Das Projekt ‚Actionbound: Jüdische Spuren in Paderborn‘ ist ein Beitrag zu einer lebendigen Erinnerungskultur und Antisemitismus-Prävention“, erklärt Schulrätin Kathrin Sauerwald vom Bereich Schule und Hochschule im Erzbischöflichen Generalvikariat. Dabei beschäftigen sich Lernende ab Klasse 9 im Sinne des biografischen Lernens vertieft mit dem Schicksal von Jüdinnen und Juden in Paderborn rund um die Zeit des Nationalsozialismus. „Als Lehrerinnen und Lehrer schaffen wir die Voraussetzungen für das Lernen der Schülerinnen und Schüler, indem wir insgesamt sieben umfangreiche ‚Lerntheken‘ zur Verfügung stellen“, führt die Referentin für Religionsunterricht an Haupt- / Real- / Sekundar- / Gesamtschulen (SEK I) aus. Der Actionbound mit eigenen Schwerpunktsetzungen der Schüler sei das bleibende Ergebnis des Unterrichts.

Actionbound zum Mitgehen und Nachahmen

Kathrin Sauerwald lädt als Vertreterin des Bereichs Schule und Hochschule im Erzbischöflichen Generalvikariat kirchliche und staatliche weiterführende Schulen aller Schulformen zum Mitmachen beim „Jüdische-Spuren-Projekt“ und zur Nutzung der Unterrichtsmaterialien aus den Lerntheken ein. „Die Möglichkeiten sind vielfältig“, unterstreicht die Pädagogin. Schulklassen können im Religions-, Geschichts- oder Politikunterricht den vorhandenen Actionbound „Jüdische Spuren in Paderborn“ bei einer Exkursion nutzen, selbst die Orte ergehen und die Informationen vor Ort auf sich wirken lassen. „Das ist natürlich auch Einzelpersonen möglich, kann von außerschulischen Jugendgruppen umgesetzt werden, kann aber auch im Rahmen von Bildungsveranstaltungen von Erwachsenen gemacht werden.“ Zudem seien pädagogische Zusatzangebote wie weitere Stadtführungen oder Gesprächsrunden umsetzbar.

Die Projekt-Verantwortliche Kathrin Sauerwald sieht noch zusätzliche Aktionsmöglichkeiten: Im schulischen Unterricht oder in einer Projektarbeit könne ausgehend von den digitalen Unterrichtmaterialien auch ein eigener Actionbound zu den „Jüdischen Spuren in Paderborn“ entwickelt werden, der dann alternativ oder erweiternd zum bereits vorhandenen Bound der Schüler der St. Michael Realschule genutzt werden kann. „Wir stellen die umfangreichen digitalen Lerntheken gerne allen interessierten Schulen zur Verfügung. Es kann damit gearbeitet werden, die Schülerinnen und Schüler können kreativ damit umgehen“, erklärt Kathrin Sauerwald. „Es ist sogar möglich, dass an anderen Orten, beispielsweise am Standort der eigenen Schule in XY, auf diesen Ort hin ein eigener Actionbound entsteht. Der Bereich Schule und Hochschule unterstützt und begleitet hier gerne.“ Ein schulinternes Lehrerfortbildungsangebot, über das Lehrkräfte Zugang zu sämtlichen Materialien bekommen, kann über die Abteilung Religionspädagogik des Erzbistums Paderborn von interessierten Schulen gebucht werden.

Kathrin Sauerwald hat im Hinblick auf das „Actionbound-Projekt“ des Bereichs Schule und Hochschule im Erzbischöflichen Generalvikariat eine Vision für die Zukunft: „Aus verschiedenen Schülerinnen- und Schüler-Perspektiven werden ‚Geschichten jüdischen Lebens in Paderborn‘ – orientiert an den Leitfragen ‚Was möchtest du von diesem Ort erzählen, dass es nicht in Vergessenheit gerät?‘ und ‚Wem möchtest du noch einmal eine Stimme geben?‘ – zeitlos fortgeschrieben: Von unterschiedlichen Jugendlichen, Schulen, aus unterschiedlichen Perspektiven, mit unterschiedlichen Schwerpunkten, zu verschiedenen Zeiten, von verschiedenen Orten. So bleibt Erinnerung lebendig.“

Der Actionbound kann heruntergeladen oder gegangen werden mit dem Smartphone mittels der kostenlosen darauf installierten App „Actionbound“: https://actionbound.com/bound/juedsche-spuren-in-paderborn

Ein Beitrag von:
Team Presse

Thomas Throenle

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