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© Hans Blossey / luftbild-blossey.de
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Stellungnahme zur Untersuchung „Kirchliche Täternetzwerke ritueller Gewalt“

Stellungnahme des Erzbistums Paderborn zur Veröffentlichung der Untersuchung der Bistümer Münster, Essen und des Erzbistums Köln zu angeblichen kirchlichen Täternetzwerken ritueller Gewalt

In der heute veröffentlichten Untersuchung im Auftrag der Bistümer Münster, Essen und des Erzbistums Köln zu angeblichen Täternetzwerken ritueller Gewalt wird unter anderem ein verstorbener ehemaliger Erzbischof des Erzbistums Paderborn genannt. Die Untersuchung durch die Kanzlei Feigen · Graf (Köln) erbrachte keine belastbaren Hinweise hinsichtlich der Vorwürfe ritueller Gewalt und der beschriebenen organisierten Täternetzwerke. Im Erzbistum Paderborn sind in den vergangenen Jahren Meldungen im unteren einstelligen Bereich zu ritueller sexualisierter Gewalt eingegangen. Sie beziehen sich mit Ausnahme des heute veröffentlichten Vorwurfs weder auf in der Untersuchung genannte Personen noch auf mutmaßliche Täternetzwerke.

Aus diesem Grund war das Erzbistum an der Beauftragung und Durchführung der nun veröffentlichten Studie nicht beteiligt. Es begrüßt grundsätzlich die Bemühungen der beteiligten Bistümer um Aufklärung und wissenschaftlich fundierte Prüfung solcher schwerwiegenden Vorwürfe.

Prüfung des dem Erzbistum Paderborn bekannten Vorwurfs

Der Fall, auf den im Rahmen der nun veröffentlichten Untersuchung Bezug genommen wird, wurde dem Erzbistum Paderborn im Jahr 2023 über einen Anwalt zur Kenntnis gebracht. Die durch den Rechtsbeistand schriftlich eingereichten Schilderungen der mutmaßlichen Tathergänge stammten nicht vom möglichen Betroffenen selbst, sondern wurden von einem durch ihn beauftragten Heilpraktiker verfasst. Der Anwalt des möglichen Betroffenen überbrachte dem Erzbistum die Forderung nach einer außergerichtlichen Einigung.

Das Erzbistum ließ die Schilderungen ab Oktober 2023 durch einen externen Gutachter überprüfen, der sie im Rahmen seines Gutachtens als wenig plausibel einstufte. Die ebenfalls externe Begutachtung im Rahmen der heute veröffentlichten Untersuchung der Kanzlei Feigen · Graf zu angeblichen kirchlichen Täternetzwerken ritueller Gewalt konnte ebenfalls keine Evidenz für ein Tatgeschehen feststellen.

Das Erzbistum lehnt außergerichtliche Einigungen im Fall von Missbrauchsvorwürfen grundsätzlich ab, um Transparenz und Gleichbehandlung sicherzustellen. Es wies den möglichen Betroffenen durch dessen Anwalt auf die Möglichkeit des regulären Verfahrens zur Anerkennung des Leids hin. Weder wurde ein solcher Antrag bis heute eingereicht noch wurde ein direkter Kontakt des mutmaßlichen Betroffenen zu den zuständigen Ansprechpersonen des Erzbistums Paderborn aufgenommen.

Im Rahmen der Aufarbeitung innerhalb der Strukturen des Erzbistums Paderborn wurde der Fall durch Einholung des externen Gutachtens von der Interventionsstelle des Erzbistums geprüft. Er wurde der Unabhängigen Aufarbeitungskommission vorgestellt, die sich ebenfalls mit dem Fall befassen wird.  Ebenso ist er Teil der beauftragten unabhängigen Aufarbeitungsstudie der Universität Paderborn.

Prüfung eines dem Erzbistum Paderborn zuvor unbekannten Vorwurfs

Im Zuge der heute veröffentlichten Untersuchung ist dem Erzbistum Paderborn vor wenigen Tagen erstmals eine weitere Beschuldigung gegen den früheren Erzbischof Degenhardt bekannt geworden. Diese erscheint dort in einer Reihe weiterer genannter Würdenträger. Nach den Informationen aus der Studie wurde der zugrunde liegende Fall bereits begutachtet und von den beauftragten Experten als nicht plausibel eingestuft; es ergaben sich keine belastbaren Hinweise auf ein tatsächliches Tatgeschehen.

Da das Erzbistum Paderborn nicht in die Beauftragung der Untersuchung eingebunden war, erhält es erst jetzt Zugang zu den konkreten Beschuldigungen. Diese neuen Vorwürfe werden intern dokumentiert und im Rahmen der eigenen Aufarbeitungsstrukturen einer sorgfältigen Prüfung unterzogen, sobald dem Erzbistum alle relevanten Informationen vorliegen.

Grundsatz: Transparenz, Aufklärung und Schutz der Persönlichkeitsrechte

Das Erzbistum sieht sich in einem Spannungsverhältnis: Als Grundsatz möchte es Betroffenen und ihren Schilderungen Glauben schenken und Unterstützung anbieten. Zudem besteht ein berechtigtes öffentliches Interesse, wenn Vorwürfe gegen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens erhoben werden. Andererseits sind die Persönlichkeitsrechte der Beschuldigten, auch posthum, zu wahren, insbesondere wenn die erhobenen Vorwürfe nicht ausreichend plausibel dargelegt werden. Bisher hat das Erzbistum deshalb keine aktive externe Veröffentlichung der ihm bekannten Vorwürfe gegen Lorenz Jaeger und Johannes Joachim Degenhardt vorgenommen. Die Unabhängige Aufarbeitungskommission für das Erzbistum Paderborn sowie die Verantwortlichen für die Erstellung der unabhängigen Aufarbeitungsstudie durch die Universität Paderborn wurden über die bekannten Vorwürfe jeweils informiert und in den Aufarbeitungsprozess einbezogen.

Mit der heutigen Veröffentlichung der Untersuchung durch die Kanzlei Feigen · Graf bestehen zugleich öffentliche Bezüge zum Erzbistum Paderborn und damit ein überwiegendes Informationsinteresse. Das Erzbistum informiert daher anlassbezogen und gebündelt über die ihm bisher bekannten Vorwürfe gegen beide ehemaligen Erzbischöfe, ihren Bearbeitungsstand sowie den Stand der unabhängigen Aufarbeitung. Es gilt die Unschuldsvermutung. Durch die weitere wissenschaftliche und unabhängige Aufarbeitung erhofft sich das Erzbistum eine weiter verbesserte und in jeder Hinsicht verantwortungsvolle Fähigkeit, über die Komplexität der Fälle zu sprechen.

Mit der Beauftragung unabhängiger wissenschaftlicher Studien an der Universität Paderborn, dem Einsatz einer Unabhängigen Aufarbeitungskommission, eines Unabhängigen Expertenrats sowie durch die Arbeit eigener Experten in den Bereichen Aufarbeitung, Intervention und Prävention verfolgt das Erzbistum das Ziel, die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs konsequent voranzubringen und die eigenen Verfahren und Strukturen stetig zu überprüfen und zu verbessern.

Hier finden Sie vertiefende Informationen zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Paderborn: https://www.erzbistum-paderborn.de/beratung-hilfe/hilfe-bei-missbrauch/allgemeine-infos-zur-aufarbeitung-im-erzbistum-paderborn/erzbistum/

Hinweise und Unterstützung für Betroffene

Das Erzbistum ist sich bewusst, dass Berichte über komplexe Vorwürfe und Verfahren Menschen mit Erfahrungen sexualisierter Gewalt verunsichern und emotional belasten. Die hier dargestellten Fälle und die zugrunde gelegten Einschätzungen unterscheiden sich jedoch von dem Bild, das sich aus den meisten beim Interventionsteam und den unabhängigen Ansprechpersonen eingegangenen Meldungen ergibt.

Das Erzbistum möchte Betroffene ausdrücklich ermutigen, sich bei den genannten Ansprechpersonen zu melden, um sich mitzuteilen, ihre Rechte als Betroffene geltend zu machen und um die konsequente Aufklärung und Aufarbeitung von Missbrauchsvorwürfen zu ermöglichen. Jeder Vorwurf wird ernst genommen und den Betroffenen stehen sowohl begleitende, beratende, therapeutische, seelsorgliche sowie finanzielle Unterstützungsangebote zur Verfügung.

Hier finden Betroffene Kontaktmöglichkeiten zu den Ansprechpersonen: https://www.erzbistum-paderborn.de/beratung-hilfe/hilfe-bei-missbrauch/hilfen-fuer-betroffene/an-wen-kann-ich-mich-wenden/

Weitere Informationen

Hier finden Sie die ergänzende Stellungnahme des Erzbistums Paderborn zu weiteren Vorwürfen gegen die früheren Erzbischöfe Jaeger und Degenhardt: https://www.erzbistum-paderborn.de/stellungnahme-zu-den-weiteren-bekannten-vorwuerfen

Weitere Informationen sowie eine mit Blick auf die Betroffenen anonymisierte, geschwärzte Fassung des Untersuchungsberichts der Bistümer Münster, Essen und des Erzbistums Köln steht online auf https://www.bistum-muenster.de/sexueller_missbrauch

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