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Erzbistum Paderborn
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© T.Dallas / Shutterstock.com

Morgenandachten von Weihbischof König

Im Deutschlandfunk betrachtete in dieser Woche Weihbischof Matthias König den Naumburger Altar, der derzeit im Paderborner Diözesanmuseum ausgestellt ist. In den Gemälden des zeitgenössischen Künstlers Michael Triegel findet er viele Impulse, um neu über den christlichen Glauben zu reden.

Meditationen zum Naumburger Altar

In der Woche vom 15. bis 20. Mai (ohne Christi Himmelfahrt am 18. Mai) sprach Weihbischof Matthias König die Morgenandachten im Deutschlandfunk.

In seinen Andachten betrachtet er den Naumburger Altar, der derzeit im Paderborner Diözesanmuseum ausgestellt ist. In den Gemälden des zeitgenössischen Künstlers Michael Triegel findet er viele Impulse, um neu über den christlichen Glauben zu reden.

Lesen Sie die Beiträge hier nach oder hören Sie sie im Archiv des Deutschlandfunks:

Eine Botschaft, die ins Auge springt

Ein lebendiges Bild

Er zieht einen sofort in seinen Bann: Der große Flügelaltar in der Eingangshalle des Paderborner Diözesanmuseums; zu sehen sind zwei schmale Seitentafeln mit Gestalten von Heiligen. Diese Seiten stammen vom bekannten Künstler Lucas Cranach aus dem 16. Jahrhundert. Doch in der Mitte befindet sich nun eine große goldgefasste Mitteltafel, die aus unserer Zeit stammt. Dieses Retabel, wie man es mit einem Fachausdruck nennt, ist für den Westchor des Domes zu Naumburg neugestaltet worden. Man hatte einen zeitgenössischen Künstler beauftragt, eine neue Mitteltafel zu schaffen.

Michael Triegel aus Leipzig hat das meisterhaft gemacht, denn ihm ist etwas gelungen, was man in christlicher Kunst eher selten antrifft. Wer sich die Darstellung ansieht, spürt sofort: die dort abgebildeten Personen treten mit mir, dem Betrachter, in einen Dialog. Die Gesichter schauen den Betrachter an. Es sind Gesichter, die aussehen, als kämen sie aus unserer Zeit, als seien sie Menschen unseres Alltags. Und mittendrin ist die thronende Madonna mit dem Jesusknaben in Gesellschaft mit Heiligen zu sehen. Eigentlich eine ganz klassische Situation auf christlichen Darstellungen, doch auch das Kind hat hier ein „Alltagsgesicht“ und schaut ein wenig „quengelig“ drein – ganz so, als wäre ihm die Umgebung nicht recht. Die Gottesmutter Maria hält es dem Betrachter entgegen, als solle er es jeden Moment übernehmen.

Heilige Konversation

Dem 54jährigen Michael Triegel ist hier etwas ganz Besonderes gelungen. Eine neue Form der „Sacra Conversazione“ der „heiligen Konversation“. So bezeichnet man in der bildenden Kunst traditionellerweise die Darstellung der Muttergottes mit dem Jesusknaben in Gesellschaft mit Heiligen. Aber hier kommunizieren sie eben nicht untereinander sondern mit dem Betrachter. Ich werde mit hineingezogen, als würden die dargestellten Personen mir sagen: Schau her, das hier geht auch dich an. Die christliche Botschaft springt mir geradezu ins Auge. Dieses Kind ist auch für dich auf die Welt gekommen, nimm es auf in dein Leben.

Starke Frauen

Lasse ich mich von den abgebildeten Alltagsmenschen betrachten, so fällt mir auf, dass sich manche durch ihre Attribute als bekannte christliche Heilige identifizieren lassen: Darunter die heilige Agnes und Elisabeth von Thüringen. Es sind alles starke Frauen, die ihr Leben eingesetzt haben, um den Glauben an Gott zu bezeugen, hochzuhalten und weiterzugeben.

Sie stehen in der Gefolgschaft einer anderen starken Frau, von der heute im Gottesdienst des Tages in einem Abschnitt der Apostelgeschichte berichtet wird: Es ist die Purpurhändlerin Lydia aus der kleinen asiatischen Stadt Thyatira. Sie hört der Predigt des Apostel Paulus zu, der ihre Stadt besucht. Von seiner Botschaft lässt sie sich im Herzen berühren und so begeistern, dass sie Paulus und seine Begleiter drängt, bei ihr einzukehren: „Wenn ihr überzeugt seid, dass ich fest an den Herrn glaube, kommt in mein Haus, und bleibt da.“ (Apostelgeschichte 16,15). Das Andenken an sie wird auch deshalb hochgehalten, weil sie eine der ersten war, die auf die Botschaft des Evangeliums der dortigen Gegend so positiv reagiert hat und dafür gesorgt hat, dass der Glaube weitergetragen wird.

Das neue Mittelteil an Cranachs Flügelaltar zeigt zweierlei: mir persönlich, dass ich meinen christlichen Glauben auch dem Zeugnis starker Frauen zu verdanken habe. Und ganz allgemein, dass es Alltagsmenschen waren, Menschen wie du und ich, die wir heute als Heilige oder große Gestalten der Geschichte in Erinnerung behalten. Sie ermutigen mich, genau wie sie, dieses Jesuskind in mein Leben aufzunehmen und mich von ihm leiten zu lassen.

„Was ihr vom Vater erbittet …“

Kennen Sie auch noch diese Automaten, die mich früher als Kind fasziniert und angezogen haben? Hinter einer Glasscheibe waren runde Kaugummikugeln zu sehen oder kleine Plastikbällchen, die Spielzeuge oder etwas zum Basteln enthielten. Man brauchte nur 10 oder 50 Pfennig, die in einen Schlitz gesteckt wurden, musste an einem Rädchen drehen – und schon fiel das begehrte Teil in einen Ausgabeschacht, wo man es glücklich in Empfang nehmen konnte.

Ein Automatismus?

Ich gebe zu: So ähnlich habe ich mir in jungen Jahren auch die Wirkung bei Gebeten vorgestellt. Man trägt betend ein Anliegen vor Gott, legt vielleicht besondere Dringlichkeit hinein – und schon müsste eigentlich der vorgetragene Wunsch in Erfüllung gehen. Offenbar war ich nicht der Einzige, der solche Vorstellungen hatte. Denn in meinem seelsorglichen Dienst habe ich immer wieder die Klage gehört: „Ich habe doch stets treu gebetet. Ich war immer im Gottesdienst: Warum liege ich jetzt schwer krank im Bett? Warum ist mir dieses Schlimme widerfahren?“

Wenn es nicht hilft …

Jemand hat das Bittgebet einmal „auch das menschlichste aller Gebete“ genannt. Denn es kommt am häufigsten vor. Wenn es nicht in Erfüllung geht, ist das oft der Ernstfall des Glaubens. Menschen wenden sich von Gott ab, weil er sie nicht ge- und er-hört hat. Sie brechen mit ihm, weil er ja doch nicht hilft.

Tatsächlich habe auch ich keine Erklärung, warum das eine Bittgebet – scheinbar sofort oder sehr schnell – sich erfüllt. Und warum andere, vielleicht viel dringendere Bitten, nicht erhört werden. Gott bleibt in seiner Souveränität oft unbegreiflich für uns Menschen: „Warum stirbt die junge Mutter? Warum wird die geliebte Oma todkrank?“

Aber ich selbst lasse trotz solcher Erfahrungen, die auch mir nicht erspart bleiben, nicht locker! Hinter meiner Hartnäckigkeit stehen Versprechungen und Ermutigungen, die Jesus im Evangelium macht. In einem Abschnitt der Bibel, lese ich: „Was ihr vom Vater erbittet, das wird er euch in meinem Namen geben … Bittet und ihr werdet empfangen, damit eure Freude vollkommen wird.“ (Johannes 16,23).

Verbündete in unserem Beten

Glaubende Menschen versuchen immer neu, sich solchen Verheißungen anzuvertrauen. Einfach ist das nicht. Aber es gibt Verbündete in unserem Beten. Das sind z. B. jene, die wir Heilige nennen. Auf dem Mittelteil des Naumburger Altars hat der Künstler Michael Triegel eine ganze Schar von ihnen hinter seiner Darstellung der Gottesmutter Maria mit dem Jesuskind gestellt. Das Besondere: Sie haben Gesichter unserer Zeit, die ihm irgendwo begegnet sind: Ein Obdachloser in Rom – hier mit roter Baseballkappe und Bart, den ein kleiner Schlüssel in der Hand als den heiligen Petrus ausweist. Da ein junger Afrikaner, den er in exotischer Tracht bei einer Prozession in Sizilien gesehen hat. Es könnte den aus Afrika stammenden heiligen Mauritius meinen, ein römischer Soldat, der in der Antike für seinen Glauben sein Leben lassen musste. Daneben eine Frau, die in ihren zur Schale geformten Händen Rosen trägt. Für mich klar: Das ist die heilige Elisabeth von Thüringen.

Im christlichen Glauben gelten sie alle als Fürsprecher. Die Kirche vertraut darauf, dass Gott sie nicht im Tod gelassen hat, dass seine Verbundenheit und Liebe zu den Menschen über den Tod hinaus geht und ewiges Leben schenkt. Das gilt auch und vor allem für die, durch deren irdisches Leben Gott in besonderer Weise durchscheinen konnte. Die Kirche glaubt, dass diese Heiligen auf Jesus schauen und unsere Bitten verstärken und begleiten. In ihrer Gemeinschaft bin ich als Bittsteller vor Gott, als Beter, gut aufgehoben. Wenn ich wieder mal dringende Bitten habe, hilft mir auch der Blick auf diese Altartafel, mich damit nicht alleingelassen zu fühlen.

Treu geblieben

Wer schon einmal vor anderen sprechen musste, kennt diese Situation vielleicht: Man selbst hat sich in ein Thema eingearbeitet, ist Feuer und Flamme und möchte die eigene Begeisterung gerne weitergeben. So tritt man dann vor die Zuhörer und beginnt. Die Worte sprudeln nur so heraus. Doch nach einiger Zeit merkt man verunsichert, dass die eigene Begeisterung nicht überspringt. Die Aufmerksamkeit lässt nach; der erste greift zum Handy, andere haben die Augen zugemacht, tuscheln miteinander oder geben sich Zeichen. Wenn dann noch am Schluss kritische Fragen kommen und die eigenen Erkenntnisse „auseinandergenommen“ werden, bleibt ein ernüchterter Redner zurück. Das kann ganz schön wehtun.

In der Öffentlichkeit von Gott reden …

So mag es dem Apostel Paulus gegangen sein. Ein Missionsreise hatte ihn in das Zentrum von Philosophie und Wissenschaft geführt, ins griechische Athen. Er durchwandert dort die Stadt, staunt über die Akropolis und die anderen repräsentativen Bauten und nutzt die Gelegenheit, auf dem Areopag, dem hervorgehobenen Treffpunkt der Stadt, zu sprechen. Das war damals offenbar ein Ort wie „Speaker´s Corner“ im Londoner Hyde Park. Jeder durfte dort auftreten und sprechen. Paulus war gut vorbereitet. Er hatte beim Gang durch die Stadt viele Tempel und Altäre gesehen, darunter einen Altar mit der Aufschrift: „Einem unbekannten Gott“. Das nimmt er zum brillanten Einstieg seiner Predigt und sagt freimütig: „Was ihr verehrt ohne es zu kennen, das verkündige ich euch“. (Apostelgeschichte 17,23).

Die Apostelgeschichte der Bibel gibt die klug durchdachte Predigt wieder: Paulus spricht über seinen Gott, der nicht in Tempeln wohnt, sondern mit uns Menschen ist. Er verkündet einen Gott, dem die Menschheit wichtig ist und bleibt. Und das beweist dieser in der Sendung seines eigenen Sohnes, der sich durch seine Auferstehung von den Toten als wahrer Gottessohn erweist.

… und Spott ernten

Hatten die Anwesenden bis hierher aufmerksam zugehört, so wendet sich an dieser Stelle das Blatt: Die einen fangen an zu spotten. Andere sind höflicher und sagen: „Darüber wollen wir dich ein anderes Mal hören“. (Apostelgeschichte 17,32). Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, wie Paulus sich gefühlt haben wird. Aber er hat nicht aufgegeben!

Ich denke an Menschen, die ähnliches erlebt haben und trotzdem ihrer Sendung treu geblieben sind. Zum Beispiel an den evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer. In der Zeit des Nationalsozialismus war er ein unerschrockener Verkünder des christlichen Glaubens. Schon als junger Theologe nahm er 1933 öffentlich Stellung gegen die Judenverfolgung der Nazis und ihre verderbliche Ideologie. Er kämpfte gegen die von ihnen geförderten „Deutschen Christen“ und schloss sich der „Bekennenden Kirche“ an. In einem von ihm geleiteten Predigerseminar konnte er diese Haltung an andere junge Theologen und spätere Pfarrer weitergeben. Tatsächlich hatte er auch Kontakt zu Widerstandskämpfern und wurde 1943 verhaftet und eingesperrt. Als einer der letzten Gegner des Nationalsozialismus wurde er am 5. April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg hingerichtet.

Er war ein Verkünder des Evangeliums, der sich von Drohungen und Gefahr für Leib und Leben nicht abschrecken ließ. So wurde er ein Zeuge der Wahrheit, die in Jesus Christus ein menschliches Angesicht bekommen hat. Der Apostel Paulus – scheinbar auf dem Areopag gescheitert – hätte an ihm sofort Gefallen gefunden. Etwas von beider Mut wünsche ich mir auch.

Rede nur, schweige nicht!

Sie ruht in sich selbst. Eigentlich erstaunlich, denn das Kind, das sie mit beiden Händen hält, scheint unruhig zu sein. Jedenfalls deutet der feste Griff der Mutter um den Oberkörper des Babys ebenso darauf hin, wie das Gesicht des kleinen Jungen, der so aussieht, als wüsste er noch nicht, ob er lachen oder weinen soll. Fast zärtlich wirkt in diesem Zusammenhang der rechte Zeigefinger der Frau: Er ist liebevoll auf die Wange des Kindes gelegt.

Mutter und Kind sind die zentralen Figuren des neugeschaffenen Mittelteils des Naumburger Altares. Michael Triegel, der Künstler aus Leipzig, hat ihn vor etwa 5 Jahren geschaffen. Die bereits 1541 bei einem reformatorischen Bildersturm zerstörte ursprüngliche Mitteltafel muss eine Szene gezeigt haben, in deren Mittelpunkt die Gottesmutter Maria zu sehen war. Von daher erschließt sich sofort, wer dem Betrachter hier entgegenblickt: Auch diese gelassene junge Mutter mit Kind soll Maria aus Nazareth darstellen – die Mutter Gottes. Darauf weist der blaue Umhang hin, der ihr wie ein Schleier vom Kopf über die Schultern bis zum Boden fällt. Blau ist in der christlichen Kunst die Marienfarbe. Dazu kommt ein rotes Kleid, das königliche Würde symbolisiert und ein weißes Tuch, das sie als etwas Besonderes auszeichnet. Auch das Kind, das dem Betrachter fast entgegengehalten wird, als solle er es jeden Moment übernehmen, ist ein Indiz dafür, dass das Jesus sein soll, der Sohn Gottes, den sie geboren hat.

Sie fordert uns auf

Die Geste ist wie eine Aufforderung gemeint. Maria sagt dem Betrachter: „Nimm meinen Sohn Jesus von mir entgegen! Halte du ihn! Trage ihn in die Welt!“ Es ist eine Aufforderung, der viele Menschen ihr Leben gewidmet haben.

Wie der Apostel Paulus. Er ist einer der großen Verkünder Jesus Christi. Von ihm heißt es in der Lesung, die im täglichen Gottesdienst heute vorgetragen wird, dass er im griechischen Korinth nachts eine Vision hat. Er hört diesen Jesus zu ihm sprechen. Es sind Worte der Ermutigung: „Fürchte dich nicht! Rede nur, schweige nicht! Denn ich bin mit dir, niemand wird dir etwas antun. Viel Volk nämlich gehört mir in dieser Stadt.“ (Apostelgeschichte 18,9 ff).

Das muss für ihn ein starker Anschub gewesen sein, noch rastloser und begeisterter Menschen von diesem Jesus zu erzählen. Der war ihm vor Jahren auf dem Weg nach Damaskus erschienen, wo er als eifriger Pharisäer die Anhänger Jesu aufspüren und verhaften wollte. Die Erscheinung, die er unterwegs hatte, hatte ihn völlig verwandelt. Aus einem hasserfüllten Verfolger wurde er zum großen Verkünder der Menschwerdung des Todes und der Auferstehung Jesus Christi.

Der Apostel Paulus

In der Gestalt eines orthodoxen Juden mit Hut und Bart und einem aufgeschlagenen Buch in Händen, hat der Künstler Michael Triegel diesen Paulus am Rand seiner Altartafel platziert. Er schaut mit Staunen auf Mutter und Kind als schiene er schon zu ahnen, dass er den Retter sieht. Was in dem aufgeschlagenen Buch verheißen wurde, erfüllt sich in diesem Kind – so die Botschaft dieser Gestalt.

Der Retter, von dem die Schriften des ersten Bundes künden, ist Jesus aus Nazareth. Er hat das Leben der Menschen geteilt – in aller Konsequenz, bis hin zum Tod. Aber er hat den Tod überwunden, ist auferstanden – und macht das Leben weit. Das trägt der völlig verwandelte Verfolger Saulus nun als Apostel Paulus in alle Welt.

Bis heute ist das die entscheidende Botschaft, die Christen in die Welt und zu den Menschen bringen wollen. Den Zuhörern dieser Botschaft und allen Menschen guten Willens gilt darum die Zusage Gottes an Paulus in gleicher Weise: „Fürchte dich nicht! Rede nur, schweige nicht! Denn ich bin mit dir.

Voller Kraft und Leben

Durchtrainiert und wie gestählt

„Oh, der hat aber bestimmt ein Abo im Fitnessstudio!“ Diese Bemerkung habe ich von so manchem Jugendlichen in letzter Zeit gehört, wenn sie die Darstellung des auferstandenen Christus auf dem großen Altar sahen, der zurzeit in unserem Paderborner Diözesanmuseum ausgestellt ist. Manchmal führe ich Gruppen von Schülern oder junger Erwachsener zu dieser Leihgabe aus dem Naumburger Dom. Tatsächlich schaut man an diesem Altar auf einen durchtrainiert erscheinenden Körper, wie gestählt durch regelmäßige Übungen. Erst bei näherem Hinschauen entdeckt der Betrachter die Speerwunde an der Seite und die Wunden von Nägeln an Händen und Füßen. Wer ein wenig von christlicher Kunst weiß, ahnt es sofort: Hier ist Jesus Christus dargestellt, und zwar nach seiner Auferstehung. Er steht hier als fast jugendliche Gestalt mit ruhigem und zur Ruhe führendem Gesichtsausdruck. Er steht hier als Sieger – nicht nur, weil er in der linken Hand eine Siegesfahne hält, sondern auch, weil er Kraft und Leben ausstrahlt. Hier schaut der Betrachter auf jemanden, der ganz offensichtlich über Leiden und Tod triumphiert.

Erinnerung an Leid und Tod

An Leiden und Tod erinnern unter seinen Füßen verschiedene Gegenstände: Ein weißes Tuch liegt quer im Bild, zusammengeknüllt als wäre es einfach weggezogen und ohne große Beachtung dahingelegt worden. Kenner der Leidensgeschichte Jesu wissen sofort: das ist das Grabtuch, in das man den toten Leib Jesu gewickelt hatte, um ihn dann ins Grab zu legen. Unter dem Tuch schauen die dicken Nägel hervor, die man dem Gekreuzigten durch Hände und Füße getrieben hatte, um seine Schmerzen zu erhöhen. An einem dünnen Faden hängt von oben herab ein Dornenkranz – die Spottkrone, mit der die römischen Soldaten den Spottkönig Jesus verhöhnten. Und daneben sind Mohnblüten zu sehen, Blüten der Pflanze zwischen Schlaf und Tod – ein Symbol dafür, dass Gottes Sohn wie ein Mensch gestorben ist und das Schicksal des Grabes mit den Menschen geteilt hat.

Ein Bild, das Hoffnung macht

Vielleicht bekommt die Gestalt des Auferstandenen erst dadurch diese unglaubliche Wirkung. Er strahlt aus, dass all das überwunden ist: Leiden – Tod – Grab. Der durchtrainierte Körper steht für volles Leben, für Kraft und die Überwindung menschlicher Enge, der Grenzen, die um unser Leben gezogen sind. Es ist ein Bild, das die Botschaft der Osterzeit, uns deutlich vor Augen stellt und ins Herz schreibt. Es ist ein Bild, das von der allgegenwärtigen Angst vor dem Tod befreien will und Hoffnung macht.

Christi Himmelfahrt

Christen feiern noch bis Pfingsten das Osterfest. Und darin haben wir am Donnerstag – 40 Tage nach Ostern – das Fest Christi Himmelfahrt gefeiert. Der auferstandene, der siegreiche Christus kehrt heim zu seinem Vater, von dem er ausgegangen ist.

In einem Abschnitt des Johannes Evangeliums der Bibel, in dem dieses Ereignis vorweggenommen wird, sagt Christus: „Jetzt gehe ich zu dem, der mich gesandt hat …“(Johannes 16,5).

Mir gibt das Bild dieses lebendigen Christus auf dem Naumburger Altar die Zuversicht, dass dieser Jesus uns trotzdem nahe ist und bleibt. Denn dadurch, dass er zum Vater heimkehrt, bahnt er den Menschen den Weg dahin. Das gibt mir eine Zuversicht, aus der ich leben kann: Mir steht der Weg offen, der durch den Tod zum Leben führt. Auch ich bin berufen, mit Jesus in das einzugehen, was man so unzureichend den „Himmel“ nennt. Wenn ich diese Erde verlassen muss, gelange ich erst an das eigentliche Ziel meines Lebens.

Das Fest Christi Himmelfahrt will diese Botschaft in die Welt tragen. Darum haben wir es vorgestern gefeiert. Wenn ich den auferstandenen Christus auf dem Naumburger Altar betrachte, dann weichen meine Zweifel und Unsicherheiten. Mit ihm möchte ich leben!

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