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Gott eine revolutionäre Idee

Themenspecial Innehalten: Ort der interreligiösen Begegnung in Hamm

Themenspecial Innehalten: Ort der interreligiösen Begegnung in Hamm

Wenn Sie das Christentum in einem Satz beschreiben müssten, welcher wäre das? Eine Frage, die durchaus (über)fordert. Doch der Blick auf das Wesentliche des Christentums – und was es von anderen Religionen unterscheidet – könnte sich gerade in der Adventszeit lohnen. An Weihnachten feiern wir schließlich, dass Gott Mensch geworden ist. Ein Alleinstellungsmerkmal, eine revolutionäre, göttliche Idee?

Wer sich in der Advents- und Weihnachtszeit bewusst mit solchen Fragen auseinandersetzen möchte, für den könnte der Ort des interreligiösen Dialogs in Hamm an der Straße Schacht Franz zu einem Ort des Innehaltens werden. Den Ort bilden fünf Pulte und Tore, die die fünf Weltreligionen Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus symbolisieren. Auf jedem Pult wird die jeweilige Religion in einem Satz repräsentiert. Für das Christentum: „Die Gnade Jesus Christi, des Herrn, die Liebe Gottes, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.“ (2. Korinther 13,13)

Der Ort der interreligiösen Begegnung in Hamm. Foto: Schulte

"Sich einzulassen auf die revolutionäre Botschaft von Nächstenliebe und Frieden"

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Für den Soester Künstler Michael Düchting ist es der Ort der interreligiösen Begegnugn in Hamm ein Ort des Innehaltens. Dort hinterfragt er seinen eigenen Glauben lernt die Blickwinkel der anderen Religionen kennen.

Nebeneienander und gleichwertig

Der Ort der interreligiösen Begegnung ist eingebettet in den Lippepark. Dieser entstand von 2009 bis 2012 auf einem ehemaligen Zechengelände, das lange Zeit nicht betreten werden durfte. Unweit des Orts der interreligiösen Begegnung ist noch der Schacht Franz zu sehen, der mittlerweile verfüllt wurde. Der gesamte Park wurde durch einen Bürgerbeirat geplant. Die Idee für den Ort der interreligiösen Begegnung hatte der christlich-muslimische Arbeitskreis der Hammer Stadtbezirke Herringen und Pelkum.

Der Soester Künstler Michael Düchting hat im Entstehungsprozess die Ideen der Akteure aus Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus zusammenfließen lassen. Im Dialog habe er erfahren, wie jeder Aspekt der fünf Religionen seine Wertigkeit habe, die man anfangs vielleicht nicht direkt gesehen habe. Deswegen inspiriert ihn persönlich auch die Botschaft, die von den fünf Toren ausgeht: „Dass die Religionen nebeneinander, gleichwertig, gleichbedeutend nebeneinander stehen.“

Gleichzeitig rufen die Tore dazu auf, durch sie den Ort des interreligiösen Dialogs zu betreten. Wahrzunehmen, dass sich der Ort von den Grasflächen, die im Sommer zum Verweilen einladen, von den Spielgeräten und Schaukeln unterscheidet. Katja Meusel, die als Projektleiterin den Aufbau des Lippeparks in der Hand hatte, sagt: „In dem ganzen Trubel ist es ein Rückzugsort, an dem ich Luft holen und zu mir kommen kann.“

Wo Christen, Muslime und Juden sich aufeinanderverlassen mussten

Für Meusel ist der Ort außerdem besonders, weil er ein Stück Bergbaugeschichte erzählt. Um in der Zeche zu arbeiten, sind Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen und Religionen nach Hamm gekommen. Noch heute wohnen sie in den Siedlungen, die eigens für sie rund um den Schacht gebaut wurden. „Untertage haben Christen, Juden und Muslime zusammengearbeitet und mussten sich unter den schwierigen Bedingungen aufeinander verlassen“, sagt Meusel.

Die markanten Tore des Orts der interreligiösen Begegnung sind über drei Meter hoch, dazu 30 Millimeter dick. In den Cortenstahl, der oberflächlich schnell eine Rostschicht bildet, unter der der Stahl ansonsten unberührt bleibt, wurden die Motive der fünf Religionen durch Laserstrahlen ausgeschnitten. Für Düchting ein eher ungewöhnliches Werk – der Soester arbeitet sonst viel mit grünem Sandstein. Daraus hämmert und meißelt er Kerzenständer, Stelen, Gedenksteine und vieles mehr. „Das ist für mich der schönste Beruf auf der Welt“, sagt der 61-Jährige. „Ich kann mir etwas ausdenken, bin im Dialog mit Menschen und erschaffe etwas, das Menschen berührt.“

Judentum:
„Du sollst Deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (3. Buch Mose, 19,18)

Christentum:
„Die Gnade Jesus Christi, des Herrn, die Liebe Gottes, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.“ (2. Korinther 13,13)

Islam:
„Siehe, Allah gebietet, Gerechtigkeit zu üben, Gutes zu tun und den Nahestehenden zu helfen. Und er verbietet das Schändliche und Unrechte und Gewalttätige.
Er ermahnt euch, dies zu Herzen zu nehmen.“
(Koran, Sure 16 an-Nahl)

Hinduismus:
„Wen nicht berührt die Außenwelt,
wer klug sich hält von ihr zurück,
wer in das Brahma sich versenkt,
der findet in sich selbst das Glück.“
(Bhagavadgita 5.21)

Buddhismus:
„Wie eine Mutter ihren eigenen Sohn, ihr einzig Kind mit ihrem Leben schützt,
So möge man zu allen Lebewesen entfalten ohne Schranken seinen Geist!
Voll Güte zu der ganzen Welt entfalte ohne Schranken man den Geist:
Nach oben hin, nach unten, quer inmitten,
von Herzens-Enge, Hass und Feindschaft frei!“
(Metta-Sutta)

Nächstenliebe und Suche nach Frieden weiertragen

Düchting hat seit Mitte der 1990er Jahre etwa 25 Kirchen im Erzbistum Paderborn mitgestaltet. Dazu kommen Kunstwerke, zum Beispiel ein Denkmal für die Toten der Weltkriege in Geseke, ein Friedensdenkmal in Sundern-Altenhellefeld oder Stelen im Bibelgarten in Welver. Trotzdem hat er das Werk im Hammer Lippepark als persönlichen Ort des Innehaltens vorgeschlagen. Als wir ihn vor Ort treffen, kommt er ins Philosophieren über die fünf Sätze, in denen die Religionen beschrieben werden.

Am Pult des Hinduismus sagt er: „Wenn es hier darum geht, in sich selbst das Glück zu finden, korrespondiert das mit der Nächstenliebe. Wenn ich mich selbst annehme, in mir selbst das Glück finde, dann kann ich auch auf andere zugehen und sie so lieben, wie ich mich selbst liebe.“ Er finde es „irre“, wie sie sich die verschiedenen Aussagen berührten.

Deswegen fordert der Ort des interreligiösen Dialogs auch dazu auf, sich selbst mit Fragen auseinanderzusetzen, wie: Wer ist Gott für mich? Wie glaube ich an Gott? Künstler Düchting, der in seiner Soester Heimatgemeinde selbst aktiv ist, gerät bei den Fragen kurz ins Stocken. Dann sagt er, dass er sich Gott nicht figürlich vorstelle. Vielmehr als Idee, die unglaublich tragend, faszinierend, revolutionär sei: „Ich finde die Ideen der Nächstenliebe und die Suche nach Frieden so toll, so göttlich inspiriert, dass man das ins eigene Leben bringen und weitertragen muss.“

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