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Erzbistum Paderborn
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Glaube, Kirche und Humor geht das gut?

Lachen befreit – selbst in schwierigen Zeiten. Aber was hat Humor mit Glauben zu tun? Msgr. Dr. Michael Menke-Peitzmeyer, Regens in Paderborn, sprach heute im WDR Radio von der tiefen Kraft des erlösten Lachens, Jesu Augenzwinkern und der überraschenden Verbindung zwischen Osterfreude und Karneval.

Ob Sie es glauben oder nicht – auch in Paderborn wird dieser Tage Karneval gefeiert. Im Herzen Ostwestfalens, fernab der rheinischen Karnevalshochburgen, entfaltet sich ein ungewöhnlich buntes Treiben. Zwar nicht so üppig und ausgelassen wie in Köln oder Düsseldorf, aber auch hier gibt es Prunksitzungen und Festumzüge. Gestern erreichte der Paderborner Straßenkarneval seinen Höhepunkt: die große Parade durch die Innenstadt. Punkt 14.14 Uhr setzte sich der karnevalistische Lindwurm vom Maspernplatz aus in Bewegung. Jahr für Jahr wächst die Zahl der Gruppen und Zuschauer, die sich am Karnevalszug beteiligen. Auch diesmal waren es wieder Tausende. Wer also behauptet, in Paderborn und Umgebung gehe man zum Lachen in den Keller, irrt gewaltig. Auch ein Ostwestfale kann Karneval und feiert es – eben auf seine eigene Weise.

Ich selbst muss zugeben: Ich bin kein großer Karnevalsjeck und habe mich schon das eine oder andere Mal während der närrischen Zeit, wie so viele Westfalen, auf eine Nordseeinsel zurückgezogen.

Allerdings freue ich mich, wenn sich die anderen freuen! Nur fällt es mir schwer, auf Knopfdruck zu lachen – da bleibe ich mir als Westfale aus Anröchte einfach treu. Für mich gilt das ganze Jahr über: Humor ist eine spontane Freude, die sich nicht erzwingen lässt. Aber was bedeutet Humor eigentlich?

Lachen als Widerstand – die befreiende Kraft des Humors

„Humor ist, wenn man trotzdem lacht“ – ein geflügeltes Wort. Für mich ist es voller Lebenserfahrung. Humor: Das ist die Fähigkeit des Menschen, sich nicht bestimmen oder gar verschlingen zu lassen von den Widrigkeiten des Lebens, sondern vielmehr schmunzelnd oder sogar lachend auf Distanz zu ihnen zu gehen und sie so zu relativieren. Humor ist eine starke Gegenkraft zu Schmerz- und Leiderfahrungen aller Art. Ich bewundere Menschen, die eigentlich keinen Grund zum Lachen haben und die sich dennoch ihren Humor bewahrt haben trotz Krankheit und Leiden. Solch ein Humor geht tiefer als das Lachen aus bloßem Spaß an der Freud. Schlichtes Lachen mitten im Alltag tut zwar gut, lenkt ab, erfrischt und kann so die Energiereserven mobilisieren. Aber Humor reicht tiefer! Ich würde sagen: Humor ist erlöstes Lachen. Zumindest für einen Augenblick kann ich das Widrige beiseiteschieben oder gar überwinden: und zwar durch mein Lachen. Und das gilt auch und gerade in Zeiten politischer Unterdrückung. Da erlebt der Humor Hochkonjunktur. Lachen kann da die Angst und den übermäßigen Respekt vor den Mächtigen vertreiben. Ich muss da an einen Witz denken, der zwei Jahre vor dem Mauerfall erzählt wurde:

Erich Honecker liest am Brandenburger Tor, als er von einer Auslandsreise zurückkehrt und Ostberlin menschenleer vorfindet: „Erich, mach das Licht aus, du bist der Letzte!“

Damals hat wohl kaum einer geglaubt, dass es mal zum Mauerfall kommen würde. Aber so ist das mit dem Humor und dem Lachen: Es kann prophetische Züge haben. Und dann kann Lachen befreien. Denn wer über die hohen Herrschaften lacht, entzieht ihnen die Macht, zumindest für eine Weile. Und wirkt für einen Moment subversiv. Wer umgekehrt ausgelacht wird, verliert seine vermeintliche Wichtigkeit. Lachen allen Widrigkeiten zum Trotz ist für mich erlösendes Lachen. Der dänische Philosoph Sören Kierkegaard hat Recht, wenn er in einer Tagebucheintragung notiert: „Humor ist die Freude, die die Welt überwunden hat.“

Das zeigt bereits die mittelalterliche Tradition des Osterlachens, die mancherorts heutzutage wieder aufgegriffen wird. Dann wird nämlich im Ostergottesdienst ein Witz zum Besten gegeben. Und mit dem Lachen soll der Ernst von Jesu Tod überwunden werden. Denn wie der Witz immer eine überraschende Pointe erzählt, indem es anders kommt als man denkt, genauso ist es mit Jesus: Alle denken, er ist tot – und dann die Überraschung: Er lebt.

Der subtile Humor Jesu

Lachen, weil es anders kommt, als man denkt. Und so ist Gott selbst auch für Überraschungen gut. Der österreichische Jesuit und Publizist Mario von Galli stellte seine erste Predigt 1935 mitten im Dritten Reich unter den Titel: „Gott aber lachte“. Schließlich, so sagte er, habe Jesus nicht eine „Drohbotschaft“ verkündet, sondern „die Frohbotschaft“ schlechthin. Und Gott wolle die Freude des Menschen und nicht die stets bitterernste Miene. Und der bekannte evangelische Theologe Karl Barth aus der Schweiz schreibt noch drei Wochen vor seinem Tod:

Ein Christ treibt dann gute Theologie, wenn er im Grunde immer fröhlicher, ja mit Humor bei seiner Sache ist. Nur keine verdrießlichen Theologen! Nur keine langweiligen Theologen!

K. Barth, Offene Briefe 1945-1968, in: Gesamtausgabe. Band 15 (1984) S. 499f.

Diese mahnenden Worte habe ich mir für meinen Dienst als Theologe und Seelsorger hinter die Ohren geschrieben. Es ist so wichtig, sich nicht von allem Leid und Elend runterziehen zu lassen, sondern darauf zu setzen, dass es gut wird. Ich erinnere mich noch an zwei Fragen eines Predigers während eines Karnevalsgottesdienstes: War Jesus eigentlich ein humorvoller Mensch? Und: Konnte Jesus lachen? Um eine Antwort zu versuchen: Sicherlich, von Jesus ist in der Bibel kein Lachen überliefert. Wer aber Jesu Beispielerzählungen liest und sein Verhalten beobachtet, der entdeckt einen ganz hintergründigen, tiefsinnigen Humor bei ihm. Denn wenn das Komische immer mit Widersprüchlichkeit zu tun hat, dann gibt es genug Beispiele dafür in den Evangelien:

Da ist Zachäus der Steuereintreiber. Er will Jesus sehen. Und weil er zu klein ist, um seine unbändige Neugier zu stillen, klettert er auf einen Baum. Damit glaubt er sich zugleich vor den Leuten verstecken zu können, die ihn für seinen Beruf hassen. Immerhin, er kollaboriert mit den herrschenden Römern, für die er ja die Steuern eintreibt. Aber dumm gelaufen: Jesus ruft ihn vom Baum herunter, deckt damit sein Versteck auf und befreit ihn darin zugleich, wenn er ihm zuruft: „Bei dir will ich einkehren!“ Und damit eröffnet er ihm ein neues Leben jenseits der alten Rollen und Muster. Wahrscheinlich werden Zachäus und Jesus am Ende laut gelacht haben.

Erlösendes Lachen: Jesus ist gewiss kein Volks-Entertainer oder Spaßvogel. Aber sein Verhalten widerspricht der etablierten und verkrusteten Realität und dem damit verbundenen Ernst seiner Umwelt. Und so stellt er immer wieder die geltenden Gesetzmäßigkeiten, herrschenden Selbstverständlichkeiten und scheinbar fest zementierten Ordnungen der Glaubenshüter und Kulturwächter seiner Zeit in Frage, vielleicht mit einem Augenzwinkern.

So, wie bei dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter: Ein Priester und ein Levit gehen an einem Mann vorbei, der Opfer eines Raubüberfalls wurde. Eigentlich würde man erwarten, dass gerade sie dem Mann helfen. Aber nein. Stattdessen hilft einer, dem man es nicht zutraut: Ein geächteter Vertreter eines anderen Volksstammes kommt und rettet ihn, eben der missachtete und unreine Samariter. Ironie des Schicksals!

Allerdings: Dieser subtile Humor Jesu verfehlt seine Wirkung nicht; denn er provoziert auch Widerspruch. Nicht alle wollen sich überraschen lassen und mit Augenzwinkern sehen, dass das Leben auch anders läuft als geplant. Und das kostet Jesus schließlich das Leben. Dann aber auch hier wieder die tragische Komik des Lebens Jesu: Das war keineswegs sein Ende … Am Ende steht das Osterlachen und damit die Freude über die Erlösung: das neue Leben.

Glaube mit Augenzwinkern – warum Religion und Humor zusammengehören

Christentum und Humor sind eng miteinander verwoben. Das belegen zahlreiche Witze nicht nur im Ostergottesdienst durch die Prediger, sondern auch der Umgang der Geistlichkeit mit sich selbst. Denn Witze spiegeln die Erkenntnis wider: Manchmal lässt sich selbst die eigene Religion nur mit Humor ertragen. Auf den ersten Blick mag dies im Widerspruch stehen zur Ernsthaftigkeit und Erhabenheit des frommen Tuns in Gottesdienst, Gebet und Lehre. Doch gerade da, wo es hohe Ideale gibt, wird die Fallhöhe zur Wirklichkeit schnell sehr groß. Und da hilft die humorvolle Sicht auf religiöse Belange, die Fallhöhe auszuhalten. Humor bewahrt nämlich auch vor Dogmatismus und Fanatismus und hilft schließlich, sogar die Spannung zwischen Zeitlichem und Ewigem besser zu ertragen. Wie den Unterschied zwischen Himmlischem und Irdischem also aushalten – gerade wenn es um das kirchliche Bodenpersonal geht? Wie wäre es einmal mit einem kurzen Witz:

Unser Pfarrer ist wie der liebe Gott“, bemerkt ein treuer Kirchenbesucher; „am Sonntag ist er unbegreiflich, unter der Woche ist er unsichtbar.“

Kirchenwitze machen die Kirche nicht lächerlich, sondern nehmen sie aufs Korn – und damit nehmen sie sie auf ihre Weise auch ernst. Und ich sage sehr bewusst: Ich habe die Kirche und meinen Glauben trotz aller Fehler, Schwächen und Grenzen noch nicht aufgegeben – und damit auch mich selbst nicht. Und wer nicht mehr über sich selbst lachen kann, der ist arm dran. Er gehört dann wohl auch zu den humorlosen Figuren, die sich nicht vorstellen können, dass im Himmel nicht nur das Halleluja von Händel, sondern auch das befreite Lachen der Kinder Gottes erklingt. Warum sollten wir uns hier auf der Erde nicht schon jetzt darauf vorbereiten und einstimmen, mit Augenzwinkern und humorvollem Lachen?

Lachen als Lebenskunst – Heilsam für Körper, Seele und Glauben

Meine Lebenserfahrung: Nimm im Leben nicht alles todernst! Gott hat uns Menschen doch das Lachen geschenkt, und deshalb sollten wir jeden Tag aufs Neue herzhaft lachen. Das Gegenteil von „lachen“ ist übrigens „sorgen“. Und so sagt ein alter schottischer Sinnspruch:

Von allen Sorgen, die ich mir machte, sind die allermeisten nicht eingetroffen. Aber jedes Lachen, das meine Freunde mir brachten, hat mein Leben eine Woche jünger und gesünder gemacht.

aus Schottland

Ja, Lachen ist gesund! Mediziner erklären, dass beim Lachen mindestens 45 Muskeln aktiviert werden. Lachen ist also eine Art Intensiv-Gymnastik und soll sich auch positiv auf unsere Gesundheit auswirken, weil es eine ganze Reihe biochemischer Prozesse auslöst und die Abwehrkräfte stärkt. Lachen ist daher die natürlichste Art der Prävention – ganz ohne Risiken und Nebenwirkungen. Ganz zu schweigen davon, dass Lachen auch für die Seele gut ist: Es entspannt. Stress, Angst und Aggressionen – all die Negativprodukte des Alltags – werden durch ein herzhaftes und befreiendes Lachen abgebaut. Und wer lacht, tut im Übrigen etwas für gesunde zwischenmenschliche Beziehungen. Wie viel Sympathie geht von einem lachenden und fröhlichen Mensch aus! Und wie sehr überträgt sich doch ein Lachen auf andere! „Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“ Und wer die Probleme des Alltags mit Humor nimmt, begegnet ihnen gelassener und empfindet sie weniger bedrohlich – ohne sie zu leugnen oder zu bagatellisieren. Einfach ist das sicherlich nicht, aber ich kann es einüben – auch indem ich meine Einstellung zu den unvermeidlichen Schwierigkeiten des Lebens ändere. Dabei hilft mir mein Glaube daran, dass Gott mir – trotz alledem – seine Aufmerksamkeit und sein Wohlwollen schenkt. Gott lasse mich nicht den Humor verlieren. Und so bitte ich ihn: „Herr, befreie mich von allzu großer Sorge, und erfülle mich mit deinem Geist der Freude. Und hilf mir auch, mich selber nicht so wichtig zu nehmen, damit ich auch über mich selbst lachen kann.“

Einen fröhlichen Sonntag und hoffentlich etwas zu lachen wünscht Ihnen aus Paderborn

Michael Menke-Peitzmeyer

Ein Beitrag von:
© Besim Mazhiqi / Erzbistum Paderborn
Regens

Msgr. Dr. Michael Menke-Peitzmeyer

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