Dr. Kathrin Krick leitet die Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Caritasverbandes Meschede e.V., an die sich Hilfesuchende immer wenden können. Die Dipl.-Psychologin spricht sich im Interview mit Redakteurin Sonja Funke stark dafür aus, Kinder ihre eigenen kleinen Fehler und auch mal nicht so gute Erfahrungen machen zu lassen, damit sie das Rüstzeug für Größeres im späteren Leben haben. Stichwort: Zutrauen!

Eltern sollten wie ein Fahrlehrer sein

Was bedeutet es, Kindern etwas zuzutrauen?
Es geht darum, ihnen die Eigenverantwortung zu geben, die sie je nach ihrem Alter übernehmen können. Wie viel das ganz genau ist, das kommt total auf das Kind und seine Persönlichkeit, sein Interesse sowie seine Fähigkeiten und Talente an. Eltern können da nicht allein nach dem Alter gehen, sondern danach, wie sie ihr Kind erleben und kennen, vor allem auch in seinem Alltagsverhalten. Und es ist wichtig, mit dem Kind vorab zu üben.
Was heißt das konkret?
Wenn es neue Aufgaben übernimmt, sollten Eltern sich ein bisschen so wie der Fahrlehrer in der Fahrschule verhalten. Dabei sein, mitmachen, aber nur eingreifen, wenn es gefährlich wird. Über Ausprobieren lernt das Kind. Vielleicht bewältigt es die neue Aufgabe ja sogar auf Anhieb, weil es beobachtet hat und pfiffig ist. Oft überraschen Kinder die Eltern, sobald diese ihnen etwas zutrauen und sie machen lassen. Wichtig ist es natürlich, Regeln aufzustellen, etwa, dass beim Kochen die Erwachsenen den Herd anmachen. Und Kinder müssen wissen, was sie tun sollen, wenn etwas schiefgeht, zum Beispiel, sich an die Eltern wenden.
Drei Faktoren sind für das Selbstwertgefühl entscheidend: Das erste ist die Bindung, das heißt, feinfühlige Menschen zu haben, die für einen da sind. Das zweite ist, dass man Erfolge sammelt, gute Rückmeldungen bekommt. Das dritte ist Autonomie, dass man Dinge selbstständig schaffen kann, ohne, dass es einem jemand abnimmt.
Psychologin Dr. Kathrin Krick

Warum ist eigene Erleben und Erfahren so immens wichtig für das Kind?
Drei Faktoren sind für das Selbstwertgefühl entscheidend: Das erste ist die Bindung, das heißt, feinfühlige Menschen zu haben, die für einen da sind. Das zweite ist, dass man Erfolge sammelt, gute Rückmeldungen bekommt. Das dritte ist Autonomie, dass man Dinge selbstständig schaffen kann, ohne, dass es einem jemand abnimmt. Bei vielen Familien, die in unsere Beratung kommen, sind die ersten beiden Faktoren gut erfüllt. Jedoch haben die Kinder häufig wenig Autonomie. Ich denke da an den Begriff „Curling-Eltern“. Der ist gemein, aber auch treffend. Hier schrubben Eltern den Kindern den Weg frei, eben wie beim Curling. Diese Kinder rutschen meist glatt durch, machen aber viele eigene, wertvolle Erfahrungen nicht.
Kann der Glaube helfen, dieses Zutrauen zu finden?
Glaube kann ein großer Resilienzfaktor sein – auch für Familien. Sinn darin zu sehen, was wir tun, hilft uns, Belastungen zu bewältigen. Darüber hinaus stellen wir Christen uns Gott ja als Vater vor, der uns gesegnet hat. Er selbst traut jedem Menschen zu, seinen Weg zu gehen und begleitet ihn. Wer glaubt, kann vielleicht eher dieses Zutrauen und Vertrauen finden, die eigenen Kinder immer mehr selbst machen zu lassen. Aber letztlich ist es ja so: Wir haben keine Sicherheiten, dass uns, genauso wie den Kindern, nichts passiert. Daran kann man verzweifeln, wenn man keinen Halt hat. Als gläubiger Mensch finde ich, dass die Osterbotschaft etwas in uns berühren kann. Sie besagt ja: Auch, wenn das Schlimmste passiert, gibt es da noch einen Trost und eine Hoffnung. Etwas nicht zuzutrauen hat viel auch mit Angst zu tun. Diese ist ein sehr nützliches Gefühl, sie kann aber verhindern, dass wir uns entwickeln können.
Auch, wenn das Schlimmste passiert, gibt es da noch einen Trost und eine Hoffnung.
Gibt es auch etwas, was man Kindern nicht zutrauen sollte?
Da denke ich an die digitale Welt. Was nützt es, wenn das Kind mit dem GPS-Tracker im Wald, aber ohne Begleitung der Eltern im Internet unterwegs ist? Vieles, was online passiert, können wir den Kindern nicht allein zutrauen, weil wir gar nicht so weit denken können, was dort möglich ist. Hier sind zumindest bei jüngeren Kindern Regeln, eine Zeitbegrenzung und aktives Dabeisein nötig!
Vielen Dank für das Gespräch.

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