Eine Million Kirchebuchseiten im Netz – und das kostenlos
Doch die meisten Menschen, die sich ans Erzbistumsarchiv wenden, sind nicht in erster Linie an Kirchengeschichte und Heimatkunde interessiert. „Die größte Gruppe unserer ‚Kundschaft‘ sind Ahnenforscherinnen und -forscher“, erklärt Michael Streit. „In Preußen hat man erst zum 1. Oktober 1874 Standesämter eingeführt. Wenn man in der Zeit davor seinen Stammbaum erforschen will, ist man auf Kirchenbücher angewiesen. Und die findet man bei uns.“ Die Notwendigkeit, vor Ort im Erzbistumsarchiv in die Kirchenbücher zu blicken, ist inzwischen übrigens hinfällig: Die Kirchenbücher werden digitalisiert, so dass Online-Recherche möglich ist. „Über eine Million Seiten aus den Kirchenbüchern stehen inzwischen im Netz zur Verfügung – und zwar kostenlos“, stellt Streit fest. „Gerade in Corona-Zeiten war und ist das eine große Erleichterung.“
Auch Pfarrarchive sind wichtige Lernorte
Das Erzbistumsarchiv im Generalvikariat ist übrigens nicht das einzige Archiv im Erzbistum Paderborn. Auch die Pfarreien vor Ort haben eigene Archive. „Wie gut diese gepflegt und in Stand gehalten werden, ist sehr unterschiedlich und hängt davon ab, ob es Personen mit Interesse an Archiv-Arbeit gibt“, sagt Streit. „Wir haben in den vergangenen Jahren alle Pfarrarchive besucht und, wenn notwendig, Hilfe angeboten. Wir arbeiten dabei auch mit Drittfirmen zusammen, damit Pfarreien ihre Archive sichern, ordnen und erschließen können.“
Michael Streit ist überzeugt davon, dass auch in den Pfarrarchiven viele noch unentdeckte Schätze schlummern. „Diese Archive sind auch wichtig, um nachzuvollziehen, wie Kirche sich entwickelt und verändert“, meint er. Viele Vereine, die sich Ende des 19. Jahrhunderts gründeten, gebe es zum Beispiel heute nicht mehr. Auch könne es sein, dass es manche Gruppierungen, die heute existierten, in 30 oder 40 Jahren auch nicht mehr gebe. „Da ist es für spätere Generationen doch wichtig, dass man diese Veränderung dokumentiert. Das gleiche gilt für Brauchtum und Volksfrömmigkeit. Auch da brechen sehr viele Formen weg oder sind schon weggebrochen. Ein Archiv bietet die Möglichkeit, dass dieses Brauchtum trotzdem nicht verloren geht – und dass es mit Leben gefüllt wird.“