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© Erzbistumsarchiv Paderborn
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Wie der Jostberg den Bielefeldern ihr katholisches Zentrum bewahrte

Bielefeld ist im Heiligen Jahr „Hoffnungsort“ des Monats Oktober im Erzbistum. Das CityKloster organisiert auch hier hauptverantwortlich mit und knüpft an die Klostertradition der Franziskaner von St. Jodokus an. Indes war der Start der Ordensleute im Jahr 1502 ziemlich unwirtlich.

Die Menschen in der Stadt stehen im Fokus im Pilger-Monat Oktober in Bielefeld. Das dortige CityKloster als Einrichtung der Citypastoral bildet das katholische Zentrum der Stadt. Die Ursprünge entstanden indes auf dem Jostberg. Vor mehr als 500 Jahren verband sich Bielefeld mit dem Orden der Franziskaner. Gelebter Glaube und Hoffnung zogen ein, auch durch die Persönlichkeiten der Ordensbrüder, die so nah am Menschen wirkten und wirken wollten. Allerdings war ihr erster Schaffensort dafür alles andere als geeignet.

Eine Urkunde mit Siegel von Papst Alexander VI.

Exakt auf den 25. September 1501 datiert ist die Urkunde, die als Depositum der St.-Jodokus-Gemeinde Bielfeld im Erzbistumsarchiv liegt. Das Dokument stammt von Papst Alexander VI. höchstpersönlich, der dem Paderborner Thesaurar (kirchlicher Verwalter) und dem Bielefelder Dechant erlaubt, dass sich Franziskaner auf dem Jostberg bei Bielefeld niederlassen dürfen. Brisant: Es wohnten schon einige Franziskaner auf der Erhebung – sie mussten weichen. Und: Als beliebter Wallfahrtsort war die Kapelle dem Heiligen Jodokus geweiht.

Immer wieder aber kam indes der Wunsch nach einem Kloster seitens kirchlicher, adliger wie bürgerlicher Verantwortlicher der damaligen Zeit auf auf. In einer ersten Übereinkunft zwischen Kirche, Fürsten und dem damals eine wichtige Rolle spielenden Kaufmann Wessel Schlage war schon Ende des 15. Jahrhunderts bestimmt worden, dass der Franziskaner Diethard Duve geschickt wurde, um sich des Bestehenden wie des künftigen Klostergeländes anzunehmen. Die ersten Franziskaner wohnten in einem kleinen Haus und sie mussten zustimmen, jederzeit versetzt zu werden, wenn „ihre Lebensweise von der Regel des Hl. Franziskus abweichen“ sollte.

Der geliebte Sohn (…) wünscht, Irdisches in Himmlisches und Vergängliches in Ewiges in glücklichem Handel zu verwandeln.

Papst Alexander VI. zum Wunsch des Herzogs von Jülich und Berg nach einem Franziskaner-Kloster auf dem Jostberg

Fürsten aus dem Rheinland verwalteten Stadt und Berg

Genau dies, die Versetzung, allerdings aus anderen Gründen, geschah nur drei bis vier Jahre später, im Jahr 1501/02. Den Ort als künftige Klosterstätte von Franziskanern hatte sich ein Rheinländer, Wilhelm Herzog von Jülich und Berg, beim aktuellen Papst gewünscht. Seine Familie regierte Bielefeld, weil der letzte Graf von Ravensberg keine Nachkommen hatte. Papst Alexander VI. schreibt in seiner Verfügung, dass der „geliebte Sohn (…) mit dem Eifer de Frömmigkeit entflammt ist, die sich im Orden der minderen Brüder, von der Observanz genannt, zeigt, und wünscht, Irdisches in Himmlisches und Vergängliches in Ewiges in glücklichem Handel zu verwandeln.“ Er täte dies, „zur Verkündigung des Glaubens und Verbesserung des Gottesdienstes auf dem Berg“. Auch in den folgenden Jahren blieb die Regierung in fremden Händen. Ab 1511 regierten die Herzöge von Kleve die Stadt und vieles deutet darauf hin, dass diese besondere Regierungssituation das Überleben des katholischen Franziskaner-Klosters über die Reformation hinweg sicherte.

Jedoch zurück zum Berg: Unwirtlich blieb er, der Jostberg. Und dies obwohl das Kloster im Jahr 1502 schon bewusst in eine Senke unterhalb des Gipfels zwischen dem Jostberg und dem gegenüberliegenden Blömkeberg gebaut wurde. Angedacht, aber wahrscheinlich nicht gänzlich umgesetzt, waren neben der Kirche auch Speisesaal, Schlafsaal, Gärten, Werkstätten und alles, was sich für ein gutes Klosterleben gehörte.

Aufatmen: Papst Julius II. erlaubt den Umzug in die Stadt

Schon 1505/06 war es allerdings mit dem Klosterleben auf dem Berg vorbei. Und das, obwohl es eine große Anziehungskraft auf Bürger wie Geistliche aus der Umgebung ausübte, was anhand der hohen Spendenbereitschaft interpretiert werden kann. Im Winter unerbittliche Kälte und Wind, im Sommer kaum Wasser und allein im Jahr 1504 starben mindestens zwei der Brüder, wie in Dokumenten belegt ist. Schließlich gestattete Papst Julius II. den Umzug in die Stadt und dass dort aus dem Baumaterial des alten ein neues Kloster gebaut werden solle. Die Kirche blieb, es sollten auch weiter Gottesdienste gefeiert werden. Kaufmann Wessel Schlage hatte sich einmal mehr eingesetzt.

Die Franziskaner indes konnten endlich an einen Ort ziehen, an dem sie auch nah an den Menschen waren und wirken konnten. Von Anfang an hatten sie den Berg wegen der unwirtlichen Bedingungen und der Abgelegenheit abgelehnt. Und dies über Jahre hinweg, bis sie schließlich hatten nachgeben müssen. Grundbesitz in der Stadt hatten sie reichlich von Kaufleuten gespendet bekommen. Für die Übergangszeit zwischen 1506 bis 1511 lebten die Ordensleute sowohl auf dem Berg wie in der Stadt. Im Jahr 1515 war die Klosteranlage schließlich vollständig erbaut und der Bau dem Heiligen Franziskus ebenso wie dem Heiligen Jodokus geweiht. Letzterer als „Heiliger der Pilger“ verlor durch die fehlende Wallfahrtsstätte im Stadtleben aber gänzlich an Bedeutung. Der Name der Gemeinde indes bliebt bis heute.

Die Franziskaner gingen, das katholische Zentrum blieb – bis heute

Im Jahr 1533 zählte der Orden trotz Reformation noch 19 Mitglieder und er blieb bestehen, auch wenn das Gros der Bevölkerung und alle Pfarrkirchen evangelisch wurden. Aus dem gesamten Umland war das Kloster Anlaufstelle für die Katholiken aus der gesamten Region. Erst im Jahr 1829 verließen die Franziskaner die Gebäude, das Ratsgymnasium hatte dort für 40 Jahre seine schulische Heimat und aus der Klosterkirche wurde eine katholische Pfarrkirche.

Auch heute noch ist St. Jodokus das „katholische Zentrum“ in Bielefeld – Kirchengebäude, Kreuzgang und Anbauten aus verschiedenen Epochen sind frisch renoviert. „Neben der eigentlichen Kirche sind der Kreuzgang, die Werktagskapelle, der sogenannte ,Consbruch’sche Anbau‘, und die Versammlungs- und Gruppenräume im ehem. Kloster als eine vorbildliche und gelungen modernisierte kirchliche Präsenz im großstädtischen Umfeld anzusehen. St. Jodokus pflegt ein anspruchsvolles Veranstaltungsprogramm mit kirchenmusikalischen Gottesdiensten und Konzerten“, ist auf der Seite des Netzwerkes Klosterlandschaft nachzulesen. Und: „Die spätgotische Saalkirche ohne Turm gehörte zum 1511 von Jostberg bei Bielefeld in die Innenstadt übergesiedelten Franziskanerkloster.“ Da ist er wieder, der Berg – unwirtlicher Hoffnungsort, von dem alles ausging.

Fotos Erzbistumsarchiv Paderborn
Signatur Depositum Pfarrarchiv Bielefeld, St. Jodokus, Urkunde Nr. 12
Entstehungsdatum 1501 September 25, Rom
Provenienz Pfarrarchiv Bielefeld, St. Jodokus
Literaturangaben St. Jodokus 1511-2011 – Beiträge zur Geschichte des Franziskanerklosters und der Pfarrgemeinde St. Jodokus Bielefeld; Herausgegeben von Johannes Altenberend und Josef Holtkotte; Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2011; darin: Zozmann, Michael: Die Geschichte des Klosters auf dem Jostberg bis zu seiner Verlegung in die Stadt Bielefeld im Jahr 1511; Rüthing, Heinrich: Zur Geschichte des Franziskanerklosters und der Gemeine Sankt Jodokus in Bielefeld
Rath, Jochen, 20. Juli 1511: Kirchweihe von St. Jodokus – Vom Berg in die Stadt, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld, https://historischer-rueckklick-bielefeld.com/2011/07/01/01072011/, Bielefeld 2011
Vollmer, Bernhard: Urkundenbuch der Stadt und des Stiftes Bielefeld; Verlag von Velhagen & Klasing Bielefeld und Leipzig 1937; darin: Nr. 1237 (S. 693-694)
www.klosterlandschaft-owl.de/klosterorte/citykloster-bielefeld

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Ein Beitrag von:
Redakteurin

Sonja Funke

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Aliénor kam mit 15 Jahren aus dem Libanon nach Deutschland, um ihre Leidenschaft, die Musik, zum Beruf zu machen. Im Portrait erzählt sie von ihrem Glaubensweg.
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