Im Erzbistum Paderborn sind die Kirchengemeinden zur Wahrnehmung überörtlicher Aufgaben zu fünf Gemeindeverbänden zusammengeschlossen. In den grundlegenden Angelegenheiten des jeweiligen Gemeindeverbands entscheidet die Verbandsvertretung. In dem Gremium engagieren sich Vertreterinnen und Vertreter der Kirchengemeinden, die zum Gemeindeverband gehören. Dazu zählen Laien und Geistliche. Die Verbandsvertretung tagt üblicherweise einmal im Jahr. Aus den Entscheidungen der Verbandsvertretung heraus arbeitet der Verbandsausschuss, in dem ebenfalls weitgehend Ehrenamtliche mitarbeiten.
Es ist das Jahr 1875, die Zeit des Kulturkampfes. Der Konflikt zwischen dem Preußischen Staat und der katholischen Kirche ist längst eskaliert. Die Preußen entziehen der Kirche immer mehr Rechte und Gestaltungsmöglichkeiten, katholische Einrichtungen werden geschlossen, Ordensgemeinschaften aufgehoben. Und dann schreibt der preußische Staat der Kirche auch noch vor, wie sie ihr Vermögen zu verwalten hat: mit einem Gremium aus Mitgliedern der Gemeinde. Damit zwingen die Preußen der katholischen Kirche etwas auf, das sich im Nachhinein zu einem unverhofften Glücksfall entwickeln sollte: den Kirchenvorstand.
Der Kirchenvorstand ist somit ein kirchliches Gremium „Made in Germany“. Oder sogar „Made in Preußen“. Dadurch können Laien in einem Kirchenvorstand die wichtigsten Entscheidungen für die Vermögensverwaltung auf ortskirchlicher Ebene mittreffen. Und die Kirchengemeinde auch rechtlich nach außen vertreten. „Eigentlich“, erklärt Marcus Baumann-Gretza, Justitiar und Leiter des Bereichs Recht im Erzbischöflichen Generalvikariat, „sieht das universale Kirchenrecht eine andere Art der Vermögensverwaltung vor: durch den Pfarrer.“
Soll das Kirchendach neu gedeckt oder das Pfarrheim saniert werden? Soll die Kirchengemeinde eine mögliche Erbschaft annehmen? Und welche Mittel werden für die pastorale Arbeit bereitgestellt? Auch in anderen Regionen der Weltkirche dürfen bei diesen Themen Laien den Pfarrer beraten – durch einen Vermögensrat. „Aber sie dürfen nur mitreden, nicht mitentscheiden“, sagt Baumann-Gretza.