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Erzbistum Paderborn
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Flagge der Ukraine beschriftet mit Peace / Frieden© Denis Kuvaev / Shutterstock.com

„Die Ukraine braucht jede Hilfe, die sie kriegen kann!“

Vikar Ihor Tril von der ukrainischen Gemeinde in Paderborn schildert die Lage in seinem Heimatland und spricht über die Hilfen, die das Erzbistum Paderborn leistet

Am Freitag klingelt Ihor Trils Handy. Am anderen Ende eine bekannte Stimme: Oleh Ladnyuk, Salesianerpater aus Dnipro in der Ukraine. Er brauche Hilfe, sagt er. Am besten sofort.

Zum Zeitpunkt des Anrufs ist die Welt schon eine andere. Am frühen Donnerstagmorgen haben russische Soldaten die Grenze zur Ukraine an mehreren Stellen überschritten, Raketen zerstören strategische Ziele an vielen Orten im Land. Eine der Regionen, die als erste von der Invasion betroffen war, ist die Provinz Luhansk im äußersten Osten. Seit 2014 ist sie teilweise in der Hand von pro-russischen Separatisten. Und nun wird sie zum Ziel für Pater Oleh.

Die ukrainische griechisch-katholische Kirche ist die drittgrößte Religionsgemeinschaft des Landes. Hervorgegangen aus der Kirchenunion von Brest 1596 ist sie eine der 23 Teilkirchen der römisch-katholischen Kirche, die dem byzantinischen Ritus folgen, aber die Autorität des Papstes anerkennen. Der Westen des Landes ist historisch bedingt mehrheitlich griechisch-katholisch geprägt, während sich die Gläubigen im orthodox geprägten Osten in einer Diasporasituation befinden.

Pater Oleh fährt ins Kriegsgebiet

In dieser Diaspora wirkt Pater Oleh Ladnyuk SDB. Zusammen mit einer Handvoll Geistlicher kümmert er sich um die Seelsorge in der Provinz Luhansk. Als Salesianer engagiert er sich insbesondere in der Bildungs- und Jugendarbeit. Vikar Tril, der Pater Oleh noch aus Studientagen kennt, hatte ein Projekt für Kinder und Jugendliche aus den Dörfern des Luhansker Umlandes auch schon mit Spenden unterstützt. Am Freitag konnte der Vikar nun unter befreundeten Geistlichen einiges an Spenden aufbringen. Kaum war das Geld in die Ukraine überwiesen, da tankte Pater Oleh seinen Wagen voll und fuhr von Dnipro nach Luhansk. 300 Kilometer in die Richtung, aus der die russischen Raketen kamen.

Sein Ziel waren die Dörfer, die er durch seine Jugendarbeit kannte. Die Familien hätten sich dazu entschieden, dass wenigstens ihre Kinder vor den heranrückenden Truppen gerettet werden sollten, erfuhr Vikar Tril. Die Verzweiflung, die sie zu diesem Schritt motivierte, ist schwer vorzustellen. Pater Oleh nahm so viele mit, wie in sein Auto passten und fuhr so schnell es ging wieder nach Westen. Am Sonntag rief er wieder in Deutschland an. Die Kinder seien mittlerweile in Lwiw (Lemberg) in einer Einrichtung der Salesianer untergebracht, sagte er. Sie würden ihn fragen, wann sie wieder in ihre Dörfer zurückkönnten. „Ich weiß nicht, was ich ihnen antworten soll“, habe Pater Oleh ihm gesagt. Ihre Heimatdörfer waren zu diesem Zeitpunkt schon zerstört.

Mit dem Geld von Vikar Tril hat Pater Oleh auch Lebensmittel eingekauft. Ein weiteres Handyfoto zeigt die offene Tür eines Autos. Bis zur Decke ist es vollgestopft mit Tüten und Kartons. Es seien ja noch immer viele Menschen in den Kriegsgebieten. Vor allem ältere, die ihre Dörfer nicht verlassen möchten oder können. Kaum ist er von seiner ersten Fahrt ins Kriegsgebiet wieder in Dnipro, fährt Pater Oleh also schon wieder in den Osten.

Hilfe kommt aus Paderborn

Der, dem Ihor Tril das alles erzählt, ist Generalvikar Alfons Hardt. Er hat den ukrainischen Geistlichen eingeladen, damit dieser ihm die Lage im Land schildern kann. Um von Deutschland aus beurteilen zu können, wie man besser helfen kann. Das Erzbistum hat am Montag ein Hilfspaket in Höhe von 410.000 Euro auf den Weg gebracht. So unkompliziert wie möglich soll den Menschen in der Ukraine geholfen werden. „Wir haben direkten Kontakt zu Bischöfen der griechisch-katholischen Kirche vor Ort“, sagt Generalvikar Hardt. Der Diözesan-Caritasverband kooperiere mit seinen Partnern in Polen und der Ukraine. Und auch die ukrainischen Gemeinden im Erzbistum erhalten 50.000 Euro, um direkte Hilfen für Familien in der Ukraine leisten zu können.

In dem Gespräch geht es aber nicht nur um finanzielle Unterstützung. Generalvikar Alfons Hardt nimmt Anteil am Leid der ukrainischen Bevölkerung. Historisch hätten die Menschen dort viel gelitten, nun „versucht Putin die Zeit zurückzudrehen“. Er sichert den Menschen in der Ukraine die Hilfsbereitschaft der Kirche von Paderborn zu. Die wichtigste Frage gilt aber der Familie seines Gesprächspartners. „Telefonieren geht noch“, sagt der.

Ein Foto von der Nichte im Bunker

Vikar Ihor Tril stammt aus Lwiw in der Westukraine. Seine Eltern seien aus der Stadt in ein Dorf geflüchtet. Ihr Haus dort hätte keine Heizung, aber „die kriegen das schon irgendwie hin“. Seine jüngere Schwester sei mit ihrer Familie in Lwiw geblieben. Kaum eine Nacht könnten sie durchschlafen, habe sie ihm am Telefon gesagt. So oft heulten die Sirenen. Vikar Tril zeigt ein Handyfoto. Es zeigt seine Nichte, die auf einer dünnen Isomatte am Boden eines Bunkers sitzt. Der Blick unter der schwarzen Mütze geht ins Leere. „Dass die Kinder so etwas erleben müssen, das schmerzt mich sehr“, sagt Tril.

Seine Familie wolle im Land bleiben. Viele andere wollen das nicht. Medienberichten zufolge ist derzeit eine halbe Million Ukrainer auf der Flucht. Vikar Tril erwartet eine große Zahl an Geflüchteten, vor allem Frauen und Kinder. „Hast du gesehen, wie viele da an der Grenze stehen?“, habe ihn seine Mutter gefragt.

Darauf bereitet man sich auch in Paderborn vor. Vikar Tril, der der ukrainischen Gemeinde in Paderborn vorsteht, ist Teil des Pastoralteams des Pastoralverbundes Paderborn Nord-Ost-West, der jetzt ein Spendenkonto einrichten will. Seine Gemeinde habe jemanden gefunden, der die Hilfe koordiniere und auch die Unterbringung für Geflüchtete organisiere. Man wolle zur polnischen Grenze fahren und Menschen, die dort ausharren, abholen. Dafür suche er gerade ein Fahrzeug, sagt Tril. Einen Transporter habe das Erzbistum nicht zur Verfügung, sagt Generalvikar Hardt. „Aber wir übernehmen die Fahrtkosten.“ Auch das ist Teil des Hilfspakets.

„Das ist unser Land“

„Die Ukraine braucht jede Hilfe, die sie bekommen kann“, sagt Ihor Tril. Materiell in Form von Geld und später vermutlich auch Sachspenden, wenn die geflüchteten Menschen hier ankommen. Aber auch indem für den Frieden gebetet werde. Der Krieg habe gerade erst begonnen, niemand könne sagen, was noch auf die Ukraine zukommen wird. „Durch die Desinformation der russischen Medien wurden Unwahrheit und Hass verbreitet. Die Wahrheit ist aber: Das ist unser Land. Die Ukrainerinnen und Ukrainer haben ein Recht darauf, dort zu leben. Und das in Frieden zu tun.“

Ein Beitrag von:
Redakteur

Cornelius Stiegemann

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