Am 25. Mai 1985 empfing Matthias König zusammen mit 23 weiteren Kandidaten im Paderborner Dom die Priesterweihe. Im Interview berichtet er, woran er sich besonders gerne erinnert, ob sein Priester-Leben nach Plan verlaufen ist und was er sich für die Zukunft wünscht.

„Wofür ich Priester geworden bin“

Herr Weihbischof, wie war das vor 40 Jahren bei Ihrer Priesterweihe?
Ich erinnere mich an den Moment des Einzugs in den Dom. Mit dem damaligen Erzbischof Degenhardt sind wir 24 Kandidaten aus dem Westchor nach vorne gegangen. Interessanterweise und unerklärlicherweise ist das der intensivste Moment bei der Weihefeier für mich gewesen.
Wie haben Sie sich zum Zeitpunkt Ihrer Weihe Ihr weiteres Leben und Wirken als Priester vorgestellt?
Nach der Weihe stand ich am Tor des Leokonvikts und wartete auf einen Mitbruder, der mich mit dem Auto mitnehmen wollte. Da habe ich mir tatsächlich diese Fragen gestellt: Was wartet jetzt auf dich? Welche Erfahrungen wirst du machen? Wie wird man dich als jungen Priester aufnehmen? Ich wusste da schon meinen ersten Einsatzort, Neheim im Sauerland. Aber dann habe ich gedacht: Du bist bis hierher geführt worden, du wirst auch weiter geführt werden. Und so war es auch.

Priesterweihe am 25. Mai 1985

Was ist ganz anders gekommen, als Sie es erwartet haben?
Weil ich vom Bischofsamt eine so hohe Meinung hatte, habe ich nie den Gedanken oder die Bestrebung gehabt, Weihbischof zu werden. Als ich damals aber bei Erzbischof Becker saß und er mir genau das eröffnete, hat mich das emotional völlig erschlagen. Vorher habe ich tatsächlich nichts gewusst oder geahnt. Das war einer der schrecklichsten Momente meines Lebens. Schwierig war, dass ich keine schlagenden Argumente gefunden habe, das Amt abzulehnen.
Was hat Ihnen geholfen, das Bischofsamt anzunehmen?
Geholfen hat mir, dass ich den Weg zur Bischofsweihe gemeinsam mit dem ebenfalls ernannten Weihbischof Manfred Grothe gehen konnte. Geholfen hat mir das Gebet und vor allem, dass viele Menschen für mich gebetet haben, das hat spürbar getragen. Geholfen haben die Exerzitien, die wir zwei Kandidaten in der Woche vor der Weihe in der Benediktinerabtei Gerleve im Münsterland machen durften. Danach waren wir bereit…

Wären Sie lieber Pastor geblieben?
Auch als Weihbischof darf ich viele Dinge tun, die dem verwandt sind, was ich als Pastor tun durfte. Ich hatte gestern ein Traugespräch, habe heute ein Taufgespräch. Bei Firmungen kann ich den Menschen begegnen. Das ist das, wofür ich Priester geworden bin und weswegen ich immer noch sehr gerne meinen Dienst tue.
Die Primiz in St. Bonifatius, Dortmund-Schüren

Welche Erlebnisse gab es in 40 Jahren Priester-Sein, die Sie nie vergessen werden?
Zu erleben, wie die Kinder und Jugendlichen, die ich getauft oder gefirmt habe, heute als Erwachsene zu mir kommen, weil sie heiraten oder ihre Kinder taufen lassen möchten. Das erinnere ich sehr positiv. Aber es gab auch Erlebnisse wie dieses: Als ich das erste Mal zu einem plötzlichen Sterbefall herausgerufen wurde, mitten in der Nacht. Noch schlaftrunken in diese Situation zu kommen: Ein gutbürgerliches Haus, hell erleuchtet. Die Ehefrau steht vor dem Bett, in dem ihr toter Mann liegt. Der war erst 50. Das hat mich sehr berührt.
Was können Sie als Priester Menschen in solchen krisenhaften Situationen oder bei Glaubenszweifeln sagen?
Das Wichtigste ist, zuzuhören. Das Leben der Menschen ist so vielfältig, wie kann ich mir da anmaßen, jemandem, der verheiratet ist, Kinder hat, der alt ist, krank ist, der kurz vor dem Tode steht, mit irgendwelchen guten Ratschlägen zu kommen? Da ist Zuhören, Hinhören wichtig. Dass sich Menschen mal aussprechen können. In manchen Situationen kann ich – aber auch nur ganz vorsichtig – Erfahrungen mit eigenen Zweifeln oder Krisen weitergeben. Wobei immer klar sein muss, dass das nicht 1:1 übertragbar ist. Es hilft auch, mit Menschen zu beten. Das geschieht dann oft am Krankenbett oder im Hospiz. Da merke ich: Ich mache das hier nicht allein, Christus wirkt hier mit mir. Und das tut er wirklich sehr verlässlich.

Gibt es ein Gebet oder geistliches Ritual, das Sie schon lange begleitet?
Die Kirche ist sehr klug gewesen, indem sie uns das Stundengebet gegeben hat, das wie ein Gerüst sein kann. Aber so ein vorgegebenes und ritualisiertes Gebet reicht nicht. Ich beginne jeden Tag mit dem persönlichen Gebet. In dieses stille, persönliche Gebet kommen Menschen hinein, ihre Sorgen und ihre Freuden. Dieses Gebet ist ein sehr bewusster Tagesbeginn.
Der Weihejahrgang 1985

Inspirieren die vielen Menschen, denen Sie begegnen, Sie in Ihrem Glaubensleben?
Bei jeder Firmfeier bin ich berührt von den Ehrenamtlichen, die die jungen Menschen zu diesem Sakrament hinführen. Auch von einigen der jungen Leute, bei denen man merkt, dass die mehr aus ihren Talenten und Begabungen machen wollen. Und erst letzte Woche habe ich mit zwei Jungen gesprochen, die überlegt haben, Priester zu werden. Ob sie es dann wirklich werden, weiß ich nicht. Aber ich habe schon so einige erlebt die es dann doch geworden sind. Bei den Visitationen erlebe ich die Freude der Menschen darüber, dass man als Vertreter der Kirche kommt und sich für ihr Leben und ihren Einsatz interessiert. Da kommt viel Freude und Dankbarkeit zu mir zurück.
Sie feiern am Sonntag Ihr 40-jähriges Weihejubiläum. Was wünschen Sie sich, wenn Sie an Ihr 50. denken? Für sich selbst, für die Kirche von Paderborn?
In den nächsten zehn Jahren werden wir im Erzbistum Paderborn und in der Kirche insgesamt einschneidende Veränderungen erleben. Die möchte ich ein stückweit mitgestalten und mittragen. Zumindest möchte ich den Menschen Mut machen – keine Angst vor Veränderungen zu haben, sondern sie anzugehen. Verglichen mit der Kirche zur Zeit meiner Priesterweihe, wird das eine andere Kirche sein. Sie wird sich in Einheiten von bisher unbekannter Größe organisieren. Da haben wir keine andere Wahl. Aber es ist auch eine Chance, sich zu konzentrieren. Firmungen wird es weiterhin geben. Gemeinschaftliche Feiern aus verschiedenen Anlässen auch. Ich werde weiter den Dienst tun, der mir möglich ist. Ich gehe dann erstmal auf die 70 und dann auch die 75 zu. Und werde wahrnehmen müssen, dass ich die Kräfte, die ich vor 20 Jahren hatte oder heute noch habe, nicht mehr habe. Aber natürlich weiß ich nicht, was die Zukunft bringt.

Vielen Dank für das Gespräch.

Weihbischof Matthias König
Matthias König wurde 1959 in Dortmund geboren. Er machte 1978 sein Abitur und studierte Theologie und Philosophie in Paderborn und Freiburg. Am 25. Mai 1985 empfing er durch Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt das Sakrament der Priesterweihe.
Im Jahr 2004 ernannte Papst Johannes Paul II. Matthias König zum Titularbischof von Elicroca und Weihbischof in Paderborn. Die Bischofsweihe empfing er am 5. Dezember 2004 gemeinsam mit Weihbischof Manfred Grothe durch Erzbischof Hans-Josef Becker.