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Radpilger Stefan Fecke fährt über eine Straße, in der Ferne sieht man die Alpen.© privat

Auf Opas Spuren: Stefan Fecke pilgert mit dem Rad nach Rom

Vor 100 Jahren fuhr der Großvater von Stefan Fecke mit dem Fahrrad im Heiligen Jahr nach Rom. Heute folgt ihm sein Enkel – mit dem E-Bike auf der derselben Route

Wenn dieser Text erscheint, hat es Stefan Fecke fast geschafft. Anfang Mai hat er sich zu seiner letzten Etappe aufgemacht. Jetzt wird er die wenigen Kilometer bewältigen, die ihn noch von seinem Ziel trennen: Rom. Wenn Fecke dann die Stadtgrenze überquert und bald darauf über den Petersplatz geht, hat er nicht nur eine Radpilgerfahrt hinter sich. Er ist auch die Strecke, die sein Großvater vor 100 Jahren mit dem Fahrrad fuhr, so genau wie möglich nachgefahren.

Ein Schatz in Sütterlin

„Ich war ein Opakind“, sagt Stefan Fecke und lächelt. Sein Großvater, Schreiner von Beruf, ist für ihn als Kind eine wichtige Bezugsperson. Wenn Opa Geschichten erzählt, ist das für den Enkel das Größte. Von einer Geschichte erfährt Fecke aber erst später. Als seine Familie das Haus der verstorbenen Großeltern ausräumt, fällt dem Enkel ein Heft in die Hände.

„Meine Romreise im Jubiläumsjahr 1925“, steht darauf. Dazu ein Schwarzweißfoto eines jungen Mannes mit seinem Fahrrad: das ist Albert Fecke, Stefan Feckes Großvater, der im Heiligen Jahr 1925 aus dem ostwestfälischen Eissen bei Warburg mit dem Fahrrad in die Ewige Stadt aufbricht. Und seine Erlebnisse aufschreibt. Sein Reisebericht wird für den Enkel zum Schatz – und schließlich zum Pilgerauftrag: „Jahre später habe ich den Text, den Opa in Sütterlin geschrieben hat, abzutippen. Ich habe recherchiert, die Etappen rekonstruiert und beschlossen: Zum nächsten Heiligen Jahr fahre ich nach Rom.“ Das ist 2025.

Eine Pilgerschaft, die die Generationen verbindet

„Aber nicht mit der Eisenbahn wollten wir reisen, sondern mit dem Fahrrad wollten wir fahren“, liest man in Albert Feckes Reisetagebuch. Die Pilgerfahrt des Großvaters im Jahr 1925 war alles andere als eine Urlaubsfahrt. Der 24-jährige Schreinergeselle radelte ohne E-Antrieb und Google Maps. Übernachtete in Herbergen des Kolping-Gesellenvereins, manchmal auf Heuböden oder im Freien. Begegnete Menschen, deren Sprache er nur mithilfe eines Italienisch-Deutschen Wörterbuchs zu verstehen versuchte. Erreichte aber nichtsdestotrotz sein Ziel. In der Ewigen Stadt hatte er das große Glück eine Audienz bei Papst Pius XI. zu erhalten.

An den Bahnhöfen anderer Städte warten Droschken, Omnibus und Auto auf die Reisenden; in Venedig aber lagen vor dem Bahnhof Gondel und Dampfboote die den Fremden an sein Ziel führen sollen. Letzteres benutzte ich. Lautlos, fast feierlich geht die Fahrt durch den Canale Grande und mit angehaltenem Atem betrachtete ich die Herrlichkeiten Venedigs.

Albert Fecke, 1925

Seit 2022 ist Stefan Fecke nun in vier großen Etappen von Borchen nach Rom unterwegs – wie es Familienalltag und Urlaubsplanung im 21. Jahrhundert zulassen, zweimal gemeinsam mit seiner Frau. Die Routenführung orientiert sich an den Stationen des Großvaters: Eissen, Marburg, Frankfurt, Innsbruck, der Brennerpass, Venedig bis nach Rom. Der Weg ist auch heute noch anspruchsvoll – selbst mit E-Bike. Regen, Hitze, lange Etappen fordern den Enkel Stefan Fecke heraus, vor den Apenninnen hat er Respekt. „Ich bin 52, nicht 24 wie mein Opa als er die Reise machte. Aber körperliche Anstrengung gehört zum Pilgern dazu.“

Keine Reise „wie vor 100 Jahren“

Fecke sucht auf seiner Reise nach Orten und Ausblicken, die schon sein Opa gesehen haben könnte. „Es freut mich, wenn ich das Gefühl habe, das ist noch so wie damals.“ Er besucht eine Messe in der Wallfahrtskirche in Füssen, wo auch sein Opa betete. Fährt wie der Opa nicht mit der Gondel, sondern mit dem Wasserbus durch den Canale Grande in Venedig.

Aber natürlich hat sich in 100 Jahren viel verändert: Dort, wo der Großvater einst über Schotterpisten fuhr, gibt es heute gut ausgebaute Fahrradstraßen. Feckes Ziel ist aber auch kein möglichst genaues Reenactment der Reise seines Opas. Kein Nachspielen, sondern ein Nachempfinden. „Es geht mir darum, auf Opas Spuren zu wandeln – wo die Spuren noch ein wenig vorhanden sind, da ist das ein besonderes Erlebnis.“ Und wenn nicht? Dann steht etwas anderes für Fecke im Vordergrund.

Gegen Abend lasen wir an einem Wegweiser: a Roma 72 chilometri. Mein Freund machte den Vorschlag die Nacht durchzufahren, um im Scheine der aufgehenden Sonne die Kuppel der Peterskirche zu sehen. Der Schlaf und die Ermattung haben aber doch unsere Pläne zunichte gemacht. Denn bei einer kleinen Pause waren wir eingeschlafen. Im Osten zog schon in langen Streifen das Morgenrot herauf als wir unsere Reise fortsetzten. Um drei Uhr nachmittags erreichten wir unser Ziel: Wir sahen Rom.

Albert Fecke, 1925

Auf dem richtigen (Fahrrad-)Weg

„Ich unternehme die Radpilgerreise im Andenken an meinen Opa. Sie ist aber auch eine spirituelle Reise für mich.“ Wie sein Großvater besucht Stefan Fecke Kirchen und Klöstern entlang des Weges. „Weil es für mich eine Pilgertour ist, habe ich immer versucht, spirituelle Orte für eine kurze Atempause zu besuchen.“

Direkt auf seiner ersten Etappe macht er eine besondere Erfahrung. In Marburg, wo die heilige Elisabeth von Thüringen gewirkt hat, nimmt er an einem Pilgergottesdienst in der evangelischen Elisabethkirche teil. Am Ende spendet ihm die Pastorin einen Pilgersegen. „Das war für mich ein wichtiges Zeichen: Ich bin auf dem richtigen Weg. Und bisher ist mir Gottseidank auch nichts passiert, ich hatte noch nicht einmal einen Platten.“

Mitten unter der Kuppel unter einem Baldachin ist die Confessio. In einer Vertiefung oben mit einer Marmorbrüstung ringsum, an welcher zahlreiche Lampen aus vergoldeter Bronze brennen. Hier ist das Grabmal des armen Fischers aus Galiläa, das Grab des ersten Apostelfürsten. Und ich darf wohl sagen, ich habe lange mein Glaubensbekenntnis nicht so andächtig gebetet wie hier.

Albert Fecke, 1925

Warum fährt man im 21. Jahrhundert mit dem Fahrrad nach Rom?

„Für mich ist Glauben aktives Tun“, sagt Fecke. Das mache „den Glauben anders erlebbar“. In seiner Heimatgemeinde in Borchen bei Paderborn engagiert er sich als Lektor und singt im Kirchenchor. Gepilgert war Fecke vorher noch nie. Er stellt aber fest, dass sich auch beim Fahrradpilgern ein ähnliches Gefühl einstellt: „Beim Radfahren sehe ich Dinge, an denen ich sonst vorbeigegangen wäre. Und ich merke, dass der Glaube auch im Sich-Auf-den-Weg-Machen und im Ein-Ziel-Haben auf intensive Art erfahrbar wird.“

An diesem Wochenende wird Stefan Fecke das Ziel dieses Weges erreichen. Im Petersdom möchte er einen der riesigen Pfeiler der Kuppel umschreiten und über die Schwellen der vier Heiligen Pforten gehen – genau wie es sein Opa getan hat. „Wenn eine Tür nur alle 25 Jahre offensteht, hat das etwas von Ewigkeit“, sagt er. Und wer weiß, vielleicht machen sich auch Feckes Kinder oder Enkel eines Tages auf den Weg, mit dem Fahrrad von Eissen zum Heiligen Jahr nach Rom.

Was ist ein Heiliges Jahr?

Ein Heiliges Jahr ist ein besonderes Jahr der Gnade, das die katholische Kirche alle 25 Jahre feiert. Das erste Heilige Jahr rief Papst Bonifatius VIII. im Jahr 1300 aus. Es lädt Christinnen und Christen dazu ein, sich neu auf Gott auszurichten, Umkehr zu leben und Versöhnung zu suchen. Das Jahr 2025 ist ein Heiliges Jahr und steht unter dem Leitwort „Pilger der Hoffnung“.

In Rom werden zu einem Heiligen Jahr die sogenannten Heiligen Pforten geöffnet – in den vier Papstbasiliken: Petersdom, Lateran, Santa Maria Maggiore und Sankt Paul vor den Mauern.

Mehr Informationen zum Heiligen Jahr finden Sie auf unserer Themenseite

Weitere Beiträge zum Heiligen Jahr 2025

Ein Beitrag von:
Redakteur

Cornelius Stiegemann

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