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Erzbistum Paderborn
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© Moritz Kröner / Erzbistum Paderborn

„Gott hat uns alle gleich gemacht“

Die Schüler des Gymnasiums St. Xaver in Bad Driburg haben eine Mahnwache zum Thema Menschenrechte abgehalten.

Saray sitzt auf einem Stuhl in der abgedunkelten Aula des Gymnasiums St. Xaver in Bad Driburg. In der Hand hat sie eine Gitarre. Um sie herum flackern Kerzen. Sie beginnt auf spanisch zu singen – der Muttersprache ihrer Eltern. Die deutsche Übersetzung wird neben der Bühne auf eine Leinwand projiziert: „Ich träumte, betete, weinte, suchte nach einer Zukunft, für ein Leben mit Klarheit. Mehr wollte ich nicht. Also vertraute ich meinem Gott und er gab mir Hilfe, diesen Ort, der zum Scheitern verurteilt ist, zu verlassen.“

„Ihre Geschichte“

Das Lied heißt „Ihre Geschichte“. Saray hat es selbst geschrieben. „Ihre Geschichte“, das ist die Geschichte ihrer Mutter, die in Peru geboren wurde und nach Europa kam. Die 18-Jährige selbst ist in Spanien, dem Heimatland ihres Vaters, geboren. Es ist ihr Beitrag zur Mahnwache der Schule zum Thema Menschenrechte. „Meine Mutter musste viel gegen Rassismus ankämpfen. Sie konnte die Sprache nicht und hat eine etwas dunklere Hautfarbe. Es war schwer für sie“, sagt Saray.

Die Stille brechen

Die Mahnwache findet zum zweiten Mal statt. Anlass für die erste im vergangenen Jahr war der Krieg in Gaza. „Ich hatte das Gefühl, dass es den Schülern unter den Nägeln brannte. Es hat in der Schülerschaft gebrodelt, aber es hat nie jemand angesprochen. Die Frage war: ‚Was kann man tun, wenn man nicht weiß, wie man das alles ausdrücken und in Worte fassen kann?‘“, sagt Christoph Paetzold. Er ist Lehrer am Gymnasium St. Xaver und hat die Mahnwache ins Leben gerufen. Stand im letzten Jahr das Thema Krieg und Frieden im Fokus, geht es in diesem Jahr um Menschenrechte, Asyl und Migration. Das von Paetzold erdachte Konzept beruht darauf, dass Schülerinnen und Schüler Teile aus bekannten Reden und Texten sowie Musikbeiträge vortragen. In diesem Jahr haben sich die Jugendlichen unter anderem von dem Autor Erich Kästner, der Frauen- und Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai und dem Bürgerrechtler Martin Luther King inspirieren lassen. Weiterhin wurde ein Auszug aus einem Hörspiel über die Kinderoper Brundibár in Theresienstadt vorgetragen.

Die Zeichen der Zeit

Die Mahnwache ist zweimal – in einer öffentlichen Abendveranstaltung sowie vormittags für die Schülerschaft – aufgeführt worden. Dass sie parallel zur Aktion „WIR SAGEN ZUSAMMEN: HALT!“ des Erzbistums stattgefunden hat, sei Zufall. „Wir versuchen immer in der Fastenzeit ein Thema aus unserem Schulkodex stark zu machen. In diesem Jahr ist es Vielfalt. Die Themen, Vielfalt Demokratiebildung und der Umgang mit Rechtspopulismus, ziehen sich wie ein Strang durch das Schuljahr. Es sind, glaube ich, die Zeichen der Zeit. Natürlich machen wir dann bei so einer Aktion sofort mit“, sagt der Lehrer.

Um der Menschenwürde Willen

Getragen wird die Mahnwache in der Schülerschaft von der Schülervertretung und der Projektgruppe Humanitäre Schule. „Man hat bei der Bundestagswahl gesehen, dass extreme Parteien immer mehr Zuspruch bekommen. Ich finde es ist wichtig, mit mehreren Menschen zusammen ein Zeichen zu setzen und auch andere zu animieren, für die Demokratie einzustehen und die Gemeinschaft, in der wir auf der Welt leben, zu stärken“, sagt Lena. Sie ist Teil der Gruppe der Humanitären Schule. Gemeinsam mit Vincent, der Schülersprecher ist, moderiert sie die Mahnwache. „Bei der Juniorwahl haben wir gesehen, dass auch an unserer christlichen Schule die extremen Parteien an Zuspruch gewonnen haben. Das ist besorgniserregend. Deswegen ist es notwendig, zum Ausdruck zu bringen, was die Menschenrechte, die für alle Menschen auf der Welt gelten sollen, sind und wie wichtig sie sind“, fügt er hinzu.

© Moritz Kröner / Erzbistum Paderborn
Lena und Vincent haben die Mahnwache gemeinsam moderiert. Saray hat im Chor gesungen und ihr eigenes Lied vorgetragen. Sie ist Vincents Vorgängerin als Schülersprecher. Christoph Paetzold unterrichtet Kunst, Deutsch sowie Katholische Religionslehre und hat die Mahnwache organisiert.

Jeder hat eine Stimme

„Ich ging in ein Land, das keine Probleme hat. Wie naiv ich doch war. Du schaust mich mit Bosheit und ohne Respekt an.“ So heißt es in der nächsten Strophe von Sarays Lied. „Natürlich habe ich auch gelitten. Mein Bruder und ich konnten auch nicht so gut Deutsch. Zu Hause sprechen wir Spanisch. Wir hatten keine schöne Grundschulzeit und uns wurden oft Sprüche an den Kopf geworfen“, sagt sie. Davon möchte sie erzählen: „Wir führen hier ein privilegiertes Leben und haben eine Stimme. Diese Stimme sollten wir nutzen für Menschen, die Rassismus erleben und sich nicht trauen, etwas zu sagen.“ „Es geht jeden etwas an. Auch wenn man selbst keine Migrationsgeschichte hat, kann man sich für seine Mitschülerinnen und Mitschüler einsetzen und ihre Rechte einfordern“, ergänzt Vincent, der selbst auch im Leo-Club und der Jungen Union aktiv ist.

Keine Helden

Vincent verbindet mit dem Einsatz für Demokratie und Menschenrechte die Hoffnung, dass sich etwas verändert. „Wenn die Jugend interessierter ist und zusammen mit der ganzen Gesellschaft unsere Demokratie lebt und verteidigt, hoffe ich, dass die Probleme gelöst werden und die Unzufriedenheit und die Stimmen für die extremeren Parteien bei uns sinken.“ Lena ist sich sicher, dass Aktionen wie die Mahnwache ihren Beitrag zu einer sensiblen Jugend leisten können: „Man verbringt nun mal einen großen Teil seiner Jugend in der Schule. Das ist eine gute Möglichkeit, um den Jugendlichen auch für die Zukunft etwas mit auf den Weg zu geben.“ Alle drei glauben, dass die Jugend sich aktuell in hohem Maße für die Veränderungen und Nöte in der Welt interessiert und solche Aktionen einem Wandel entgegenwirken können. „Aber wir sind keine Helden, die Wunder vollbringen“, schiebt Vincent ein. Daher gibt es auch, wie Vincent und Lena es in ihrer Moderation ankündigen, nach den einzelnen Beiträgen, ob Musik oder Text, keinen Applaus. Denn nicht die Vortragenden sollen bei der Veranstaltung im Fokus stehen, sondern die jeweiligen Geschichten und Erlebnisse. Es gehe nicht um Entertainment, sondern um Erinnerung, Mahnung und eine Anregung zum Nachdenken.

Schule, eine kleine Welt

„Wir sind an einem Zeitpunkt angelangt, an dem wir anfangen müssen, die Dinge nicht mehr laufen zu lassen, sondern deutlich Stellung zu beziehen“, sagt Paetzold. Die Mahnwache habe als Lesung eine einfache Form und biete leichten Zugang. Sich mit den Texten auseinandersetzen und diese vortragen, könne jeder Schüler. Daher bedarf es auch keinen intensiven Proben im Vorfeld. Ziel der Veranstaltung sei es aber nicht, Personen zu maßregeln. „Es geht nicht darum zu sagen: ‚Das ist falsch.‘ Wir möchten uns auf Augenhöhe miteinander auseinandersetzen, den anderen verstehen und eine offene Diskussionskultur schaffen.“ Denn diesen offenen Austausch gebe es trotz den Ergebnissen der vergangenen Juniorwahlen bisher nicht. „Schule ist eine Gesellschaft im Kleinen. Wir haben hier alles. Es ist hier nicht anders, als wenn man in Paderborn über die Straße läuft. Man kann hier viel bewirken in dieser kleinen Welt und das ist das Großartige an Schule.“, fasst es Paetzold zusammen.

Jeder ist gleich

„Ich bestehe aus Fleisch und Blut. Ich werde nicht zurückkehren. Gott hat uns alle gleich gemacht. Und ich weiß, ich habe das Recht, hier glücklich zu leben“, singt Saray in der letzten Strophe ihres Liedes. Das ist die Botschaft, die sie mit der Geschichte ihrer Mutter vermitteln möchte, sagt sie: „Ich bin nicht anders. Ich bin auch aus Fleisch und Blut. Wir sind alle gleich und die Würde des Menschen ist unantastbar.“

© Moritz Kröner / Erzbistum Paderborn
Ein Beitrag von:
© Besim Mazhiqi
Redaktionsvolontär

Moritz Kröner

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