Eine Familie ist keine homogene Gemeinschaft. In ihr leben Menschen zusammen mit unterschiedlichen Charakteren, Eigenschaften und Interessen. Durch ein wie mit drei kostbaren Perlen besetztes Band sind sie miteinander verbunden: durch die Liebe zueinander, den Glauben aneinander und die Hoffnung füreinander.
Die Realität in den Blick nehmen
Pastor Werner Beule ist Seelsorger im Pastoralverbund Salzkotten. Für den Monat Mai, wenn Verne und das Gesitliche Zentrum Franziskus als „Hoffnungsort für Familien“ besonders im Fokus stehen, haben sein Team und er unter anderem eine Wallfahrt für die Kindertagesstätten geplant. Mit anschließendem Picknick auf der grünen Wiese, mit bunter Fröhlichkeit und Zeit für Begegnung. Familien aus der ganzen Region sind dazu eingeladen – egal ob sie katholisch sind oder nicht, ob sie glauben oder nicht. Wenn aber von Familie die Rede ist, welches Bild hat da die katholische Kirche?
Für Pastor Beule ist klar: „Die Wirklichkeit von Familien heute ist sehr vielfältig und wir als Kirche müssen das als Realität erkennen und in den Blick nehmen.“ Und er fährt fort: „Wir sind nicht nur die Wissenden, die etwas weitergeben. Wir befinden uns vielmehr in einem Lernprozess.“ Dabei denkt Beule an eine Erzählung aus dem Matthäusevangelium, das vom Glauben einer heidnischen Frau erzählt und Jesus als den Lernenden zeigt (Mt 15,21-28). „Biblische Geschichten wie diese scheinen schlicht und einfach. Aber wir können viel daraus lesen. Jesus sieht den Menschen in seiner Lebenswirklichkeit. Und das ist auch unsere Aufgabe in Bezug auf die Lebenswirklichkeit von Familien heute.“
Auch die „Heilige Familie“ war nicht perfekt
Früher – so scheint es – war alles ganz einfach: Familie, das heißt Vater, Mutter Kind. Im besten Fall ein heterosexuelles Paar mit mindestens einem Kind. So wie die Heilige Familie, bestehend aus Maria, Josef und Jesus. Die Verehrung der Heiligen Familie wurde von der Kirche besonders ab dem 19. Jahrhundert gefördert. In der Zeit der Industrialisierung und in den damit einhergehenden sozialen Umbrüchen betonte sie den Wert der Familie. Ein Bild, das durchaus verklärt wurde.
Dass die Vater-Mutter-Kind-Familie kein überzeitliches Ideal ist, zeigt die sogenannte Heilige Sippe. Dargestellt in der Kunst des Mittelalters und der Renaissance wird hier die Großfamilie Jesu – teils biblisch belegt, teils legendenhaft – dargestellt. Angefangen bei Anna und Joachim, den Großeltern von Jesus findet sich auf Gemälden und Fresken ein buntes Durcheinander und Miteinander von Menschen. Das passte zur Lebensrealität der Menschen damals: große Familien bedeuteten geteilte Sorge um die Kinder und wirtschaftliche Absicherung. Familie ist also ein wandelbares Konzept, das immer wieder den Bedürfnissen und Vorstellungen der Menschen einer bestimmten Zeit angepasst wurde. Was also ist Familie heute? Und brauchen Familien heute Hoffnung?
Im Leben eines Menschen ist die Familie die wichtigste und eine der komplexesten Gemeinschaften. Herkunftsfamilien, Wahlfamilien, Einelternfamilien, Regenbogenfamilien, Patchworkfamilien – wie auch immer eine Familie heute gestaltet ist, die zu bewältigenden Herausforderungen sind groß: Krisen wie Kriege und Klimawandel, gesellschaftliche Erwartungen und Anerkennung oder ganz persönliche Konflikte, Streitigkeiten und Missverständnisse, Überlastung und Erschöpfung, ungelöste Probleme und das Gefühl fehlender Unterstützung oder der Verlust eines geliebten Menschen: Dann ist Hoffnung stark angefragt, dann ist Hoffnung sozusagen notwendig.