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Erzbistum Paderborn
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v.l.n.r.: Pastor Werner Beule, Schwester Alexandra Völzke und Josef Isekenmeier© Birgit Engel / Erzbistum Paderborn

Das Höhere über uns passt auf uns auf

Im Mai ist Verne gemeinsam mit dem Geistlichen Zentrum Franziskus Salzkotten der Hoffnungsort für Familien. Ein Setting, das nicht besser gewählt sein könnte: Der Mai ist Marienmonat und Verne der älteste lebendige Wallfahrtsort Deutschlands zur Verehrung der Mutter Jesu, der Mutter aller Menschen und „höchsten Zeugin der Hoffnung“, wie Papst Franziskus schrieb.

Eine Familie ist keine homogene Gemeinschaft. In ihr leben Menschen zusammen mit unterschiedlichen Charakteren, Eigenschaften und Interessen. Durch ein wie mit drei kostbaren Perlen besetztes Band sind sie miteinander verbunden: durch die Liebe zueinander, den Glauben aneinander und die Hoffnung füreinander.

Die Realität in den Blick nehmen

Pastor Werner Beule ist Seelsorger im Pastoralverbund Salzkotten. Für den Monat Mai, wenn Verne und das Gesitliche Zentrum Franziskus als „Hoffnungsort für Familien“ besonders im Fokus stehen, haben sein Team und er unter anderem eine Wallfahrt für die Kindertagesstätten geplant. Mit anschließendem Picknick auf der grünen Wiese, mit bunter Fröhlichkeit und Zeit für Begegnung. Familien aus der ganzen Region sind dazu eingeladen – egal ob sie katholisch sind oder nicht, ob sie glauben oder nicht. Wenn aber von Familie die Rede ist, welches Bild hat da die katholische Kirche?

Für Pastor Beule ist klar: „Die Wirklichkeit von Familien heute ist sehr vielfältig und wir als Kirche müssen das als Realität erkennen und in den Blick nehmen.“ Und er fährt fort: „Wir sind nicht nur die Wissenden, die etwas weitergeben. Wir befinden uns vielmehr in einem Lernprozess.“ Dabei denkt Beule an eine Erzählung aus dem Matthäusevangelium, das vom Glauben einer heidnischen Frau erzählt und Jesus als den Lernenden zeigt (Mt 15,21-28). „Biblische Geschichten wie diese scheinen schlicht und einfach. Aber wir können viel daraus lesen. Jesus sieht den Menschen in seiner Lebenswirklichkeit. Und das ist auch unsere Aufgabe in Bezug auf die Lebenswirklichkeit von Familien heute.

Auch die „Heilige Familie“ war nicht perfekt

Früher – so scheint es – war alles ganz einfach: Familie, das heißt Vater, Mutter Kind. Im besten Fall ein heterosexuelles Paar mit mindestens einem Kind. So wie die Heilige Familie, bestehend aus Maria, Josef und Jesus. Die Verehrung der Heiligen Familie wurde von der Kirche besonders ab dem 19. Jahrhundert gefördert. In der Zeit der Industrialisierung und in den damit einhergehenden sozialen Umbrüchen betonte sie den Wert der Familie. Ein Bild, das durchaus verklärt wurde.

Dass die Vater-Mutter-Kind-Familie kein überzeitliches Ideal ist, zeigt die sogenannte Heilige Sippe. Dargestellt in der Kunst des Mittelalters und der Renaissance wird hier die Großfamilie Jesu – teils biblisch belegt, teils legendenhaft – dargestellt. Angefangen bei Anna und Joachim, den Großeltern von Jesus findet sich auf Gemälden und Fresken ein buntes Durcheinander und Miteinander von Menschen. Das passte zur Lebensrealität der Menschen damals: große Familien bedeuteten geteilte Sorge um die Kinder und wirtschaftliche Absicherung. Familie ist also ein wandelbares Konzept, das immer wieder den Bedürfnissen und Vorstellungen der Menschen einer bestimmten Zeit angepasst wurde. Was also ist Familie heute? Und brauchen Familien heute Hoffnung?

Im Leben eines Menschen ist die Familie die wichtigste und eine der komplexesten Gemeinschaften. Herkunftsfamilien, Wahlfamilien, Einelternfamilien, Regenbogenfamilien, Patchworkfamilien – wie auch immer eine Familie heute gestaltet ist, die zu bewältigenden Herausforderungen sind groß: Krisen wie Kriege und Klimawandel, gesellschaftliche Erwartungen und Anerkennung oder ganz persönliche Konflikte, Streitigkeiten und Missverständnisse, Überlastung und Erschöpfung, ungelöste Probleme und das Gefühl fehlender Unterstützung oder der Verlust eines geliebten Menschen: Dann ist Hoffnung stark angefragt, dann ist Hoffnung sozusagen notwendig.

© PeopleImages.com - Yuri A / Shutterstock.com

Unser Leben hat eine Zukunft

Das Gute: Hoffnung kann nie wirklich verloren gehen. Gleichwohl, sie kann sich ganz klein machen, sie kann sich verbergen. Neue Erfahrungen, Begegnungen oder kleine Gesten können sie aber wieder entfachen, gleich einem winzigen Funken, der zu einer neuen hellen Flamme wird. Frage: Wie kann Kirche in Zeiten scheinbarer Hoffnungslosigkeit Hoffnungsspenderin sein? Wie kann Kirche helfen, Hoffnung zu schöpfen und Hoffnung erfahrbar zu machen?

Die Franziskanerinnen von Salzkotten haben in ihrem Klostergebäude einen integrativen Kindergarten aufgenommen und begleiten auch die Kinderwallfahrt mit. Schwester M. Alexandra Völzke sagt: „Wir gehen an der Seite der Familien, sind gemeinsam unterwegs, verbringen Zeit miteinander. Da geht es auch um praktische Dinge, wie beispielsweise das Vorbereiten einer Mahlzeit. Wir merken, dass in den Familien heute oftmals die Zeit für Gemeinschaft stiftende Routinen oder Rituale fehlt. Als Kirche ist es wichtig, eine Willkommenskultur zu pflegen, echtes Interesse zu zeigen und zu fragen: Wie können wir euch stützen? Das Bild der Kinderwallfahrt spricht für sich. Wenn Kirche einlädt und offen ist, wenn Kirche Beziehung und Verbundenheit untereinander stiftet und den Segen gibt und damit ein Gefühl der Geborgenheit, ist das ein Zeichen: Unser Leben hat eine Zukunft. Wir dürfen darin weiterwachsen und reifen und müssen nicht bei unseren Problemen stehenbleiben.“

Josef Isekenmeier vom Kirchenvorstand im Pastoralverbund Salzkotten ist Vater und Großvater. Seine Familie lebt Kirche. Das macht ihn glücklich. „Das ist Hoffnung“, sagt er. Und: „Wir als Kirche müssen raus und davon erzählen.“

In Maria finden sich Familien wieder

Zurück zur „Heiligen Familie“: Denn auch die war ja nicht perfekt. Maria war schwanger, ohne verheiratet zu sein. Josef war nicht der biologische Vater von Jesus, sondern sein Ziehvater. Die Erziehung des jungen Jesus war alles andere als einfach. Der Evangelist Lukas berichtet von einer Begebenheit, als Maria und Josef ihren zwölfjährigen Sohn suchten und ihn erst nach drei Tagen im Tempel wiederfanden (Lukas, 2,41-52). Die „Heilige Familie“ war so gesehen also eine ganz ‚normale‘ Familie.

Marias Popularität war lange Zeit groß, sie spielt eine große Rolle in der Kunst. Wie sehen die Menschen sie heute? Ist sie immer noch Identifikationsfigur, Kraftquelle und Trösterin? Isekenmeier erlebt, dass viele Menschen zum Gnadenbild in Verne kommen, um eine Kerze anzuzünden. „Maria gibt Halt. Sie hat vorgelebt, dass nicht alles eitler Sonnenschein ist, hat auch Auseinandersetzungen mit ihrem Sohn gehabt, aber immer zu ihm gestanden. Sie ist für viele Mütter ein Ideal.“

Auf dem Pilgerweg des Lebens ist Kirche für Familien ein wichtiger Anlaufpunkt, Auffang- und Hoffnungsort.

Josef Isekenmeier

Beule sagt: „Maria ist für die Menschen ein Punkt der Hoffnung. Ich staune, wie persönlich die Anliegen derer sind, die zu uns kommen. Mit ihren Sorgen, aber auch mit ihren Freuden um all das, was das Leben in der ganzen Fülle ausmacht.“

Schwester M. Alexandra trägt Maria im Namen. Wie all ihre Mitschwestern auch. „Das spricht für unsere innere Haltung. Unter Marias Schutzmantel sind alle willkommen und das tragen wir mit.“ Was sie feststellt: „Für viele Menschen ist der liebe Gott weit weg. Maria ist so menschlich, Teil einer Familie, sie hatte Schwierigkeiten mit dem so anderen Sohn. Schön finde ich die Verbindung mit dem Wonnemonat Mai. Die Schöpfung bricht auf. Und die Menschen finden Hoffnung bei Maria. Das Leben geht weiter.“ Fürsorge für andere zu tragen, das sei eine Berufung. Im zwischenmenschlichen Miteinander und ebenso in der Familie. „Maria und Josef sind Vorbild für Eltern, aber auch Prototypen für Achtsamkeit in der Gesellschaft.“

Kirche ist für Familien konkreter Auffangort und Hoffnungsort

In der katholischen Kirche spricht man auch von „Hauskirche“, von der Familie als einem Ort, wo Glaube gelebt und geteilt wird. Kirche braucht Familie, aber braucht Familie heute auch die Kirche?

Beule: „Glaube ist für viele Menschen kein Thema mehr. Das erleben wir natürlich auch. Wir können aber Angebote setzen, damit Familien positive Erfahrungen machen und sich Gott annähern.“ Ein Beispiel: Gelegentlich habe Beule in Gottesdiensten angeboten, dass die Eltern die Kinder segnen und auch die Kinder die Eltern. „Das sind schöne, dichte Momente, wo etwas stattfinden kann und spürbar wird.“

Isekenmeier schreibt zunächst dem Raum Kirche hohe Bedeutung zu: „Kirche ist ein Rückzugsort. Um bei Stress, der nicht ausbleibt, wo Menschen zusammen sind, zur Besinnung zu kommen und sich dann gestärkt dem Alltag zu stellen.“ Was er aus eigener Erfahrung außerdem sagen kann: „Auf dem Pilgerweg des Lebens ist Kirche für Familien ein wichtiger Anlaufpunkt, Auffang- und Hoffnungsort.“

Schwester M. Alexandra ist überzeugt: „Unser Glaube hat therapeutische Kraft. In ‚unserer‘ Kita erleben wir Kinder und Familien, die so viel im Kopf haben, hier aber zur Ruhe kommen. Die Zeit miteinander stärkt für Herausforderungen und macht bewusst: Niemand ist allein unterwegs. Jeder ist geliebt und angenommen und muss dafür noch nicht einmal etwas leisten. Trotz aller Schwierigkeiten, die man als Familie hat, gibt es etwas, das positiv konnotiert ist, etwas Höheres über uns Menschen hinaus, das auf uns aufpasst.“

Salzkotten und Verne: Ort der Hoffnung im Monat Mai

Das Heilige Jahr 2025 steht unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“. Und so vielfältig die Menschen sind, so vielfältig sind ihre Hoffnungen. Deshalb gibt es in diesem Jahr zwölf „Orte der Hoffnung“ im Erzbistum Paderborn. Jeder dieser Orte ist einem spezifischen Thema und einer Zielgruppe gewidmet, um die verschiedenen Facetten der Hoffnung unter den Menschen und im christlichen Glauben erlebbar zu machen. Im Monat Mai sind es die Orte Salzkotten und Verne mit dem Thema „Hoffnung für Familien“.

Erfahren Sie auf unserer Themenseite mehr über die Orte sowie die Themen und Zielgruppen, die ihnen zugeordnet sind.

© Thoom / Shutterstock.com
© Thoom / Shutterstock.com
Ein Beitrag von:
Freie Journalistin

Birgit Engel

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