Frankfurt (KNA) In der Debatte um Gewalt an Schulen in Deutschland hat ein Psychologe davor gewarnt, Zahlen zu dramatisieren. "Schule ist nach wie vor ein sicherer Ort für Kinder", sagte Klaus Seifried, Vorstand der Sektion Schulpsychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psycholo ...
Frankfurt (KNA) In der Debatte um Gewalt an Schulen in Deutschland hat ein Psychologe davor gewarnt, Zahlen zu dramatisieren. "Schule ist nach wie vor ein sicherer Ort für Kinder", sagte Klaus Seifried, Vorstand der Sektion Schulpsychologie im Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen, im Interview der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag).
"Gerade Kinder, die in zerrütteten Familien aufwachsen, Fluchterfahrungen haben oder im Heim leben, können in der Schule einen strukturierten Alltag, wertschätzende Beziehungen, Anerkennung und Lernerfolge finden." Wegreden dürfe man Probleme aber nicht, betonte Seifried: "Jeder einzelne Gewaltvorfall ist einer zu viel."
Schule könne nicht besser sein als die Gesellschaft: "Wir erleben im Moment, dass sich die Gesellschaft sozial spaltet. Sowohl in Arm und Reich als auch in verschiedene politische Richtungen. Aggressionen bauen sich auf durch Enttäuschung, Misserfolg und Frustration", erklärte Seifried.
Erfolg sei das beste Mittel, um Kinder und Jugendliche zu stabilisieren, so der Experte. Schule sei dagegen geprägt durch Versagensängste. "Wir müssen dafür sorgen, dass Kinder in der Schule Erfolgserlebnisse haben."
Im Vorgehen gegen Gewalt müssten Schulen dafür sorgen, "dass das soziale Miteinander in der Klasse gut läuft, dass die Jugendlichen einander wertschätzen, dass über ihre Probleme gesprochen wird". Wenn das der Fall sei, existiere deutlich weniger Gewalt, so Seifried. "Ist das Klima allerdings von Anonymität und Leistungsdruck bestimmt, entstehen mehr Konflikte und Aggressionen. Wichtig ist auch die Beziehung zu den Lehrerinnen und Lehrern."
Wenn es zu Gewalt in der Schule komme, müsse der Schutz des Opfers an erster Stelle stehen, betonte der Psychologe. "Häufig wird aber zuerst mit den Tätern gesprochen: 'Warum hast du das gemacht?'" Grundsätzlich seien Wiedergutmachungen und ein Täter-Opfer-Ausgleich pädagogisch wertvoller als Sanktionen. In schweren Fällen von Gewalt dagegen blieben nur ein Schulverweis, eine polizeiliche Anzeige und strafrechtliche Verfolgung.
Kindern und Jugendlichen, die bei einem Vorfall drumherum gestanden hätten, müsse man deutlich machen, dass es unterlassene Hilfeleistung sei, wenn sie zuschauten, wie jemand geärgert, vorgeführt und gemobbt werde, erklärte Seifried.