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© Besim Mazhiqi / Erzbistum Paderborn
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Was ist sinnstiftend?

Caritas-Werkstätten und Café Galli Cantu - Erzbischof Bentz ist beim Amtssitzwechsel dem Gefühl auf der Spur, von Gott gewollt zu sein

Was ist sinnstiftend? Wer Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz am Montagvormittag bei seinem Amtssitzwechsel ins Sauerland begleitet, erhält darauf diese zwei Antworten: Arbeit und Gemeinschaft.

Der Erzbischof lernt die Caritas-Werkstätten in Arnsberg sowie das ehrenamtlich getragene Café „Galli Cantu“ in Hüsten kennen. An diesem Morgen geht es um das Gefühl, gebraucht zu werden. Und darum, einen Ort zu haben, an dem man willkommen ist.

Caritas-Werkstätten Arnsberg

Es ist ein vernieselter Montagmorgen. Die Caritas-Werkstätten liegen im Tal unterhalb des Hügels der Arnsberger Innenstadt. Hier fließt die Ruhr, die Tannen strotzen in sattem Grün und die Laubbäume färben sich gelb.

Draußen ist die Stimmung herbstlich grau. Drinnen bindet eine Beschäftigte einen herbstlichen Kranz aus Heide, Gauteri, Gitterkraut und Geldbaum. Die Gärtnerei ist die erste Abteilung der Werkstätten, die Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz heute besucht.

Er schaut den Beschäftigten nicht nur über die Schulter. Er spricht jede und jeden persönlich an, interessiert sich, hört zu. Was ist hier die Aufgabe? Wie lange dauert so ein Gesteck? Seit wann wachsen die Weihnachtssterne hier schon? Woran erkennt man jetzt schon, ob das ein roter oder weißer Weihnachtsstern ist?

Menschen mit ihren jeweiligen Fähigkeiten annehmen

In den Caritas-Werkstätten in Arnsberg arbeiten 340 Menschen mit Behinderung. Drei Bereiche bekommt der Erzbischof heute Morgen gezeigt. Nach der Gärtnerei erlebt er, wie in der Metallwerkstatt Gewinde gefräst werden. Außerdem begegnet er Menschen mit mehrfachen Behinderungen, die Schrauben und Muttern in Tüten verpacken. Was für Menschen ohne Behinderung schnell zu erledigen wäre, dauert hier seine Zeit. Und das ist in Ordnung, wie Erzbischof Bentz aus eigener Erfahrung weiß.

Sein Bruder ist ebenfalls mehrfach behindert und hat in einer Werkstatt gearbeitet. „Mein Bruder hat sich morgens immer gefreut, zur Arbeit abgeholt zu werden“, sagt der Erzbischof. Diese Freude erlebt er auch in Arnsberg. Wenn die Beschäftigten von ihren Aufgaben erzählen. Wenn ein stummer Beschäftigter mit seiner Nase auf dem Handy tippt und dem Erzbischof schreibt: „Ich bin Lukas“.

Leistung, Geld, Erfolg. Das zählt auf dem ersten Arbeitsmarkt. „Hier gelten andere Maßstäbe“, sagt Erzbischof Bentz. „Die Werkstätten bieten einen geschützten Rahmen, in dem es leichter ist, jeden Menschen mit seinen jeweiligen Fähigkeiten anzunehmen“.

© Besim Mazhiqi / Erzbistum Paderborn

Aber auch hier geht es um das Gefühl, gebraucht zu werden. Für die Beschäftigten ist es wichtig, echte Aufträge aus der Industrie zu erhalten. Etwas zu tun, das gebraucht wird. Erzbischof Bentz sagt: „Hier erlebe ich, dass es sinnstiftend ist, das Gefühl zu haben, dass es gut und sinnvoll ist, was ich mache. Dass ich mich mit meinen Fähigkeiten einbringen kann“.

Diese Fähigkeiten sind sowieso bei jedem Menschen unterschiedlich. „In den Werkstätten spürt man, dass es darauf ankommt, dass jede und jeder in seiner Unterschiedlichkeit Würde hat“, sagt der Erzbischof.

"Gott will, dass dein Leben in denen Möglichkeiten gelingt."

„Da ist es unser Part als Kirche, etwas zu dieser Würde beizutragen, indem wir deutlich machen: Gott will dich und Gott will, dass dein Leben in deinen Möglichkeiten gelingt.“

Daher ist es für den Erzbischof eine besondere Aufgabe von Kirche, in solchen Werkstätten für die Beschäftigten da zu sein. Gott ins Spiel zu bringen, zum Beispiel durch die seelsorgliche Begleitung, die Corinna Reiter hier übernimmt.

Doch: Bisher hat sie in den Werkstätten nur eine Projektstelle, da sich die Seelsorglichen Begleiter bisher auf stationäre Einrichtungen der Caritas fokussieren. Wie geht es mit der Stelle weiter? Und wie gelingt es, die Seelsorglichen Begleitungen gut in die künftigen Seelsorgeräume einzubinden? Zwei Fragen, die sich Erzbischof Bentz notiert, bevor es zum nächsten Termin geht.

Café Galli Cantu in Hüsten

Auf dem Kirchplatz in Hüsten fährt der kalte Wind durch die Kleidung. Also rein, aufwärmen, eine Tasse Kaffee trinken: im Café Galli Cantu. Seit fünf Jahren tragen Ehrenamtliche, vor allem aus der Kirchengemeinde, das Café.

Kaffee und Waffeln gibt es hier von Dienstag bis Freitag von 15 bis 18 Uhr. Dazu einen offenen Bücherschrank, eine Spielecke für Kinder, kostenloses WLAN. In den Räumen des katholischen Gemeindezentrums.

Das Café hat viele Gesichter. Über 20 von ihnen sind an diesem Montagvormittag hier, als Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz durch die Tür tritt. Die Ehrenamtlichen schwärmen von süßen und pikanten Waffeln, berichten, dass sie durch den Erlös des Cafés jedes Jahr mehrere Tausend Euro spenden können und erzählen von Begegnungen, die die Besucher des Cafés verändern.

Der Grundgedanke von Galli Cantu ist schnell erklärt: Jeder, der ins Café kommt, soll sich einen Kaffee (für einen Euro) und eine Waffel (mit Eis, Sahne und Kirschen für zwei Euro) leisten können. Und noch viel wichtiger: Jeder, der reinkommt, trinkt seine Tasse Kaffee in Gemeinschaft. Jeder findet jemanden zum Reden. Man setzt sich dazu oder lädt andere Gäste an den eigenen Tisch ein.

Sich gesehen fühlen im Café

„Wichtig ist, dass die Menschen sich hier wahrgenommen und gesehen fühlen“, sagt Birgitta Weber-Bange. Sie ist Teil des Kernteams der Ehrenamtlichen. „Hier ist der Ort, um Kontakte zu knüpfen. Hier ist der Ort, um über das zu reden, was mich bewegt.“

Eine Ehrenamtliche sagt, wie sie neulich neben einer Witwe saß, die von ihrem Trauerprozess erzählt hat. Eine andere Ehrenamtliche erzählt, wie sich im Café Galli Cantu eine Witwe und ein Witwer kennengelernt haben: „Die sind jetzt ein Liebespaar.“

Das Café zeigt: Es ist sinnstiftend, in Gemeinschaft zu sein. Sich willkommen zu fühlen. Erzählen und zuhören zu können. Somit zu erleben, dass jede und jeder von Gott gewollt ist.

Das führt Erzbischof Bentz zu der Frage: „Würden die Leute sagen, dass das Café ein Ort von Kirche ist?“ Die klare Antwort: „Ja.“ Birgitta Weber-Bange sagt: „Das spüren die Menschen an uns. Wenn man die Menschen sieht, die sich hier engagieren, weiß man: Das ist Kirche“.

Ein Beitrag von:
Portraitbild
Redakteur

Tobias Schulte

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