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Erzbistum Paderborn
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Gruppenfoto Vitusfest in Corvey© Foto: Sabine Robrecht / Kirchengemeinde Corvey

Vitusfest in Corvey: Aufruf zur Menschlichkeit

Abt Dr. Cosmas Hoffmann hält Festpredigt bei Feierlichkeiten am 15. Juni in der Welterbestätte an der Weser.

Auch wenn das Festhochamt wegen zu großer Regenwahrscheinlichkeit in die Kirche verlegt wurde und ein Schauer auch der Prozession zum Dreizehnlindenkreuz den Garaus machte, haben die Vitus-Feierlichkeiten in Corvey nichts von ihrer Leuchtkraft als impulsgebendes gemeinschaftliches Glaubenszeugnis eingebüßt. Etwa 400 Menschen versammelten sich zu Ehren des jugendlichen Märtyrers und Schutzpatrons des Corveyer Landes im Weltkulturerbe am Weserbogen.

Fahnenabordnungen von Schützen und Pfadfindern, Sängerinnen und Sänger des Kirchenchores Lüchtringen, 25 Ministrantinnen und Ministranten, Lektorinnen, das Pastoralteam um Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek, der evangelische Pfarrer Tim Wendorff als Vertreter der Ökumene und in ihrer Mitte der Ehrengast und Festprediger des Tages, Abt Dr. Cosmas Hoffmann OSB von der Benediktinerabtei Königsmünster in Meschede: Im Chorraum der ehemaligen Abteikirche war der Kreis derer versammelt, die den liturgischen Feierlichkeiten mit ihrer Mitwirkung eine beeindruckende Ausstrahlung  verliehen.

Fest erinnert an das geistliche Herz Corveys

Abt Cosmas richtete gleich zur Eröffnung den Blick auf die prachtvolle Kulisse. Dieser großartige Gottesdienstraum trage in der Dramaturgie seiner barocken Ausgestaltung dazu bei, dass die Liturgie als heiliges Geschehen erfahrbar werde. Der Vitus-Gedenktag, der Jahr für Jahr so viele Menschen in der ehemaligen Benediktinerabtei zusammenführt, erinnere nicht nur an das große Glaubenszeugnis eines jugendlichen Märtyrers der frühen Kirche, sondern auch an das geistliche Herz Corveys.

Dieses begann zu schlagen, als Benediktinermönche aus dem westfränkischen Corbie 822 an der Weser ihr monastisches Leben begründeten. Und als ihr junges Kloster nur wenige Jahre später, 836, mit der Übertragung der Reliquien des heiligen Vitus einen immensen Aufschwung als Verehrungs- und Pilgerort erfuhr.

Der Gründer ihres Ordens, Benedikt von Nursia, versteht ein Kloster vor allem „als eine Lebensschule, in der man die Gebote lernt, die zum Leben führen, und sich übt in der Nachfolge des einzig wahren Lehrers Jesus Christus“, erläuterte Abt Cosmas in seiner Festpredigt. „Vor diesem Hintergrund wurde auch Corvey zu Kloster und Schule für Menschen in Westfalen, genau wie es unsere Gemeinschaft gut 1100 Jahre später wurde.“

Freundschaftliche Verbundenheit

Dieser Kommunität im Sauerland trat 1950 ein gebürtiger Höxteraner bei: Bruder Adelhard Gerke (1930-2017). Er blieb der ehemaligen Benediktinerabtei in seiner Heimat stets verbunden, forschte zum Westwerk, publizierte seine aufschlussreichen Erkenntnisse und führte Generationen von Novizen von der Ruhr an die Weser. Die Kirchengemeinde St. Stephanus und Vitus erinnert mit einer Gedenkstele auf dem Friedhof neben der Abteikirche an den Ordensmann, der sich um Corvey verdient gemacht hat und dem es jetzt eine Freude wäre, zu erleben, dass die Verbundenheit zwischen Königsmünster und der ehemaligen Reichsabtei fortbesteht.

Zum Vitusfest hatte sie 2016 bereits Ausdruck gefunden. Alt-Abt Stephan Schröer aus der Benediktinerabtei oberhalb Meschedes war seinerzeit Festprediger. Neun Jahre später nun geriet der Besuch des amtierenden Leiters des Klosters, Abt Cosmas Hoffmann, erneut zur Reminiszenz an 1000 Jahre benediktinischen Lebens in Corvey sowie zur Festigung der Freundschaft.

Dass dieser Austausch ihm am Herzen liegt, bekräftigte der im August 2023 in sein Amt gewählte Abt. In seiner Predigt stellte er die „Besinnung auf das, was Mensch-sein wirklich ausmacht,“ in den Mittelpunkt und spannte einen Bogen von den großen Philosophieschulen der Antike über Benedikts Grundverständnis eines Klosters als Lebensschule bis hin zum Vermächtnis der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer.

Margot Friedländer: „Seid Menschen!“

Sie hat das, was Denker und Glaubensboten unterschiedlicher Weltanschauungen seit jeher in einen gesellschafts- und religionsphilosophischen Diskurs bringen, in einer tiefen und zugleich lebensnahen Kernbotschaft komprimiert: „Seid Menschen. Das ist es, was ich Euch bitte zu tun: Seid Menschen!“

Dieser Aufruf geht unter die Haut. Zwei Tage vor ihrem Tod, am 7. Mai, war er die Quintessenz ihrer letzten Rede. Angesichts der Gräuel von Naziterror und Shoah habe die Holocaust-Überlebende die Bedeutung von Menschlichkeit hervorgehoben, sagte Abt Cosmas.

Zur Besinnung darauf riefen aber nicht nur die Abgründe des Menschen – Krieg und Terror, die leider weitergingen, – auf, sondern auch „die Früchte und Folgen der menschlichen kreativen Erfindungskraft“. Aktuelles Stichwort: Künstliche Intelligenz. Deren in rasanter Schnelligkeit zunehmenden Möglichkeiten stellen uns vor die Frage: „Was unterscheidet KI und HI (Humane Intelligenz)? Was macht Menschsein aus?“

Bildung von Geist und Herz

Um wahres Mensch-sein, die echte humanitas, zu erreichen, komme es auf die Bildung von Geist und Herz gleichermaßen an. So wie Benedikt es in seiner Ordensregel ausgedrückt habe: „Den inneren Herzensraum weiten, dem anderen Raum geben, gemeinsam Mensch werden“.

Gleich im Anschluss an diese Zitate aus der Benediktsregel ließ Abt Cosmas Margot Friedländers innigen Wunsch noch einmal aufleuchten – als Schlusswort seiner Predigt, das nicht nur den Kirchenraum erfüllte, sondern auch den „inneren Herzensraum“ der Zuhörenden erreichte. „Seid Menschen.“

Gebet und Gesang unterstrichen die friedensstiftende und hoffnungsspendende Kraft dieser Botschaft. Domorganist Dominik Balduin trug an der historischen Andreas-Schneider-Orgel dazu bei. Für die Jüngsten unter den Gästen hatten die Gemeindereferentinnen Marion Dinand und Marie-Luise Bittger im Johanneschor eine Kinderkirche vorbereitet.

Mit dem Auszug der großen Festgemeinde nach dem liturgischen Abschluss mit sakramentalem Segen, besserte sich draußen das Wetter. Für das obligatorische Gruppenfoto mit Mitwirkenden und Festprediger ließ sich sogar die Sonne blicken. Das Pfarrfest auf dem Gelände der Schlossgastronomie wurde ebenfalls nicht von Regen gestört. In dem Fall hätten die Gäste aber schnell in den großen Saal des Gartencafés ausweichen können.

Führungen im Westwerk

Annika Pröbe, Standortleitung für das karolingische Westwerk und die barocke Abteikirche, und Kirchenvorstand Josef Kowalski nahmen zwei Gästegruppen am frühen Nachmittag mit zu einer Führung. Sie stellten die neuen digitalen Angebote der Kirchengemeinde vor und erläuterten auch die Alleinstellungsmerkmale des Westwerks, die Corvey zum Welterbe gemacht haben. Abt Cosmas nahm an der Führung teil und zeigte sich beeindruckt von der Aura des Ortes und der zeitgemäßen, zugleich würdigen didaktischen Vermittlung seines universellen Wertes.

Anleihen aus der Antike

Dazu gehören Architektur und Wandmalerei aus karolingischer Zeit. Diese legen auch Zeugnis ab von der Antikenrezeption der Mönche der Karolingerzeit. Auf diesen Kulturtransfer wies auch Abt Cosmas hin. Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek hatte für die Antikenrezeption sogar ein aktuelles Beispiel: Angelehnt an eine viel zitierte Inschrift am Apollotempel von Delphi, „Erkenne Dich selbst!“, werbe der Pastoralverbund Corvey mit einer Einladung für seine Angebote: „Entdecke Gott und Dich selbst.“

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