Ihren echten Namen verrät Elisabeth nicht. Aus Selbstschutz und auch, weil Anonymität in der Telefonseelsorge die wichtigste Vertrauensbasis ist: „Wüssten die Menschen in meinem Umfeld, dass ich ehrenamtlich in der Telefonseelsorge tätig bin, würden sie vielleicht in einer Notlage nicht mehr anrufen. Sie könnten mich dran haben, die Nachbarin, die Kollegin, die Bekannte vom Sport.“ Auch wird Elisabeth niemandem verraten, mit wem sie worüber telefoniert. Die leiseste Andeutung wäre ein Verrat.
Stattdessen ein paar Zahlen: Die Telefonseelsorge im Gebiet des Erzbistums Paderborn verteilt sich auf die sechs Standorte Bielefeld, Dortmund, Hagen, Hamm, Siegen und Paderborn und wird allein von den Kirchen getragen. Je Standort laufen pro Jahr über 13.000 Anfragen auf, also Anrufe, Mails oder Chatnachrichten. Und: An jedem Standort sind idealerweise zwischen 80 und 90 Ehrenamtliche im Einsatz, um eine Erreichbarkeit an 24 Stunden pro Tag und sieben Tagen in der Woche zu gewährleisten. Besprochen wird jedes Lebensthema. Schulangst und Liebeskummer, Streitigkeiten in der Familie und Partnerschaft, Partnerschaftsgewalt, Kindesmisshandlung, Sucht, Einsamkeit, Geldsorgen, Krankheit, Trauer, Tod. Es melden sich Opfer und Täter, Angehörige und Freunde.
„Jedes Mal, wenn das Telefon klingelt oder ich eine Mail öffne, weiß ich nicht, was auf mich zukommt“, sagt Elisabeth. „Nur dass ein Mensch in Not ist.“ Zwei bis drei Prozent der Anrufe haben einen suizidalen Hintergrund. Bei Mails und Chatnachrichten ist der Anteil noch höher. Im Jahr wenden sich weit über 1.000 Menschen im Erzbistum Paderborn mit Suizidgedanken an die Telefonseelsorge. Heruntergerechnet auf einen einzigen Tag also drei bis vier. Zahlen sind normalerweise kalt. Diese Zahlen nicht.