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© Akarawut / Shutterstock.com
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Nicht Wellness, aktive Lebenskunst! Ein Plädoyer für Gelassenheit

"Spiritualität führt nicht zu Rückzug und Selbstbespiegelung, sondern zurück ins Leben", sagt Monsignore Ullrich Auffenberg. Er plädiert gerade in dieser schnelllebigen Welt für mehr Gelassenheit - in Form von Loslassen, Zulassen, Überlassen.

Gelassenheit ist eine Kraft, die trägt, aber sie bedeutet keinen Stillstand. „Ja, davon bin ich überzeugt“, sagt Monsignore Ullrich Auffenberg. Zulassen, loslassen, überlassen – das sind für ihn große Themen in jedem Menschenleben und für ihn wollen sie immer wieder geübt und erarbeitet werden.

Loslassen bedeutet zum Beispiel: „Lass es! Lass… dich nicht ärgern, lass… dein Smartphone schweigen, …deine Hände leer.“ Wenn das geschafft ist oder eher sogar gleichzeitig, geht es nach Ullrich Auffenberg ans Zulassen.  „Lass… dir deine Ruhe, …dein Alter funkeln, … dich vom Dank berühren.“ Und dann schließlich kann ein Überlassen erfolgen: „Lass …deine Seele staunen, …dir Zeit für inneren Frieden, … dich von Unendlichkeit ergreifen.“ Inspiriert hat den Autor der griechische Philosoph Demokrit, den er zitiert: „Man muss – sich lassen – die Welt lassen – sich Gott lassen.“

Gelassenheit: Sehnsucht, zum inneren Gleichgewicht zu gelangen

Gelassener zu werden, erfordert Mut. Sich von eigenen Belastungen und nicht selten auch Minderwertigkeitsgefühlen zu lösen, ist harte Arbeit. „Aber sie ermöglicht, wieder mutig in die Welt zu gehen“, betont der ehemalige Leiter der Bildungsstätten Hardehausen und St. Bonifatius Elkeringhausen. Er hat ein Buch mit 36 Thesen für mehr Gelassenheit geschrieben. „Ich bin seit fünf Jahren im Ruhestand und habe festgestellt: Ganz ohne kreative Arbeit auch im Ruhestand geht es nicht. Mich treibt etwas an und das gehört zu mir. Gleichzeitig war mir mit 76 Jahren wichtig, stärker in eine meditative Lebenshaltung zu finden.“

Das Buch vereint Gebete, Reflexionen und Beispiele aus Religion, Literatur und Philosophie. Immer wieder verweist Auffenberg auf den römischen Philosophen Seneca, dessen Zitate er als Ausgangspunkte für eigene Gedanken nutzt. Auch Alltagsgeschichten und Begegnungen mit „Menschen von nebenan“ prägen das Werk. Kapitelüberschriften wie „Lass es genug sein!“ oder „Leb‘ in Beziehungen!“ zeigen die Richtung. „Insbesondere wollte ich Geschichten erzählen, die ich selbst erlebt oder erzählt bekommen habe“, sagt der Autor.

Ullrich Auffenberg ist überzeugt: „Es gibt eine Resilienz durch Spiritualität. Ich stelle mich in den Raum einer großen Macht und kann mich nur noch lassen.“ Als Beispiel nennt er die Passagiere, die am 11. September 2001 entschieden, dass das Flugzeug nicht das Kapitol erreicht und mutwillig einschritten – einige, nachdem sie zuvor das Vater Unser gebetet hatten.

Der erfahrene Theologe lädt Menschen – übrigens auch immer wieder sich selbst – ein, über eigene Handlungsspielräume nachzudenken und sich bewusst zu machen, dass wir immer selbst entscheiden, ob wir jammern oder klagen, uns ärgern oder einfach weitermachen wollen. Auch er selbst hat immer wieder im Leben gemerkt, dass es gar nicht so einfach ist, zu lassen.

Es gibt eine Resilienz durch Spiritualität. Ich stelle mich in den Raum einer großen Macht und kann mich nur noch lassen.

Ullrich Auffenberg

„Mein Anliegen ist, dass die Spiritualität die Zukunft ist. Sie verbindet Menschen – unabhängig von Religion oder Konfession. Diesen inneren Kern trägt jeder Mensch in sich. Wer ihn entdeckt oder wiederentdeckt, gewinnt Vertrauen und findet leichter den Weg in Beziehungen: in den Dialog, in die Gemeinschaft und auch ins Engagement.“ Viele Menschen tragen aus ihrer religiösen Prägung heraus ein Stück Spiritualität in sich, so der Monsignore. Immer wieder hat er aber diesen Einwand gehört: „Ich bin ja gar nicht religiös genug, weil ich nicht regelmäßig in die Kirche gehe.“ Stets antwortet er mit einer Gegenfrage: „Aber glauben Sie denn?“ Es geht, so Ullrich Auffenberg, um etwas Tieferes: „Ich nenne es Gottesgen oder Wesenskern. Das zu entdecken, dass es darum geht, ist für viele eine befreiende Erfahrung. Man spürt: Da ist eine Kraftquelle, aus der ich schöpfen kann – egal ob ich sie Heiliger Geist, transzendente Energie oder anders nenne.“

Sein Plädoyer: Vertrauen finden in Gott und die eigene Spiritualität. Dazu gehört auch dies: „Lass Dein Smartphone“. Ein eigenes Kapitel widmet er in seinem Buch dem heutigen übermächtigen Begleiter. Dieses permanente Ablenken, auch das ist eine Entscheidung. Spannend: Er zitiert zu diesem Verhalten in seinem Buch sogar aus einem eigenen Psalm, formuliert von Jugendlichen an den „Gott Smartphone“.

Ullrich Auffenberg betont: „Mir ist wichtig, dass Spiritualität nicht in Rückzug und Selbstbespiegelung, sondern ins Leben führt. In meinen Kursen habe ich Menschen nicht nur fachlich, sondern auch persönlich begleitet. Dabei haben sie erfahren: Auch wenn man nicht jeden Sonntag in die Kirche geht, trägt man diesen inneren Kern in sich.“ Bei Menschen, die in der Seelsorge arbeiten – etwa in Altenheimen oder Hospizen hat er erlebt, wie ihre Spiritualität sie trägt. „Sie schöpfen Kraft aus ihrer Wurzel. Die einen nennen es Reiki, ich nenne es Heiliger Geist. Im Kern sind wir uns oft erstaunlich nahe.“

Eindrücklich schildert er die selbst erlebte Geschichte eines Mädchens, das im Praktikum einen Sarg bunt bemalte. Schließlich wurde darin ihre eigene Mutter beigesetzt, die früh verstarb. Das Bild, das Ullrich Auffenberg während seiner Lesungen in Groß ausgedruckt herumzeigt, sei für die Familie ein bleibender Trost. Und mehr noch: „Die junge Frau war vor Ort bei meiner Lesung und hat ihre Geschichte selbst erzählt. Es war auch für sie wichtig, nicht nur zu berichten, sondern vor allem gehört zu werden.“

Sorgt euch nicht! 36 Anstöße zur Gelassenheit

Ullrich Auffenberg „Sorgt Euch nicht“ – nächste Lesungen:

Dienstag, 04.11., 19.00 Uhr, Kötterhaus, Zum Sennebach 1, 33415 Verl-Kaunitz

Sonntag, 09.11., 18.00 Uhr, Franziskusgemeinde Scharnhorst, Gleiwitzstraße 283,
44328 Dortmund                

Montag, 10.11., 18.00 UhrKapelle Clemens August von Galen Haus, Von-Galenstr. 5, 33129 Delbrück

Samstag, 15.11., 19.00 Uhr, Bildungswerk Die Hegge, Hegge 4, 34439 Willebadessen

Ein Beitrag von:
Redakteurin

Sonja Funke

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