Gelassenheit ist eine Kraft, die trägt, aber sie bedeutet keinen Stillstand. „Ja, davon bin ich überzeugt“, sagt Monsignore Ullrich Auffenberg. Zulassen, loslassen, überlassen – das sind für ihn große Themen in jedem Menschenleben und für ihn wollen sie immer wieder geübt und erarbeitet werden.
Loslassen bedeutet zum Beispiel: „Lass es! Lass… dich nicht ärgern, lass… dein Smartphone schweigen, …deine Hände leer.“ Wenn das geschafft ist oder eher sogar gleichzeitig, geht es nach Ullrich Auffenberg ans Zulassen. „Lass… dir deine Ruhe, …dein Alter funkeln, … dich vom Dank berühren.“ Und dann schließlich kann ein Überlassen erfolgen: „Lass …deine Seele staunen, …dir Zeit für inneren Frieden, … dich von Unendlichkeit ergreifen.“ Inspiriert hat den Autor der griechische Philosoph Demokrit, den er zitiert: „Man muss – sich lassen – die Welt lassen – sich Gott lassen.“
Gelassenheit: Sehnsucht, zum inneren Gleichgewicht zu gelangen
Gelassener zu werden, erfordert Mut. Sich von eigenen Belastungen und nicht selten auch Minderwertigkeitsgefühlen zu lösen, ist harte Arbeit. „Aber sie ermöglicht, wieder mutig in die Welt zu gehen“, betont der ehemalige Leiter der Bildungsstätten Hardehausen und St. Bonifatius Elkeringhausen. Er hat ein Buch mit 36 Thesen für mehr Gelassenheit geschrieben. „Ich bin seit fünf Jahren im Ruhestand und habe festgestellt: Ganz ohne kreative Arbeit auch im Ruhestand geht es nicht. Mich treibt etwas an und das gehört zu mir. Gleichzeitig war mir mit 76 Jahren wichtig, stärker in eine meditative Lebenshaltung zu finden.“
Das Buch vereint Gebete, Reflexionen und Beispiele aus Religion, Literatur und Philosophie. Immer wieder verweist Auffenberg auf den römischen Philosophen Seneca, dessen Zitate er als Ausgangspunkte für eigene Gedanken nutzt. Auch Alltagsgeschichten und Begegnungen mit „Menschen von nebenan“ prägen das Werk. Kapitelüberschriften wie „Lass es genug sein!“ oder „Leb‘ in Beziehungen!“ zeigen die Richtung. „Insbesondere wollte ich Geschichten erzählen, die ich selbst erlebt oder erzählt bekommen habe“, sagt der Autor.
Ullrich Auffenberg ist überzeugt: „Es gibt eine Resilienz durch Spiritualität. Ich stelle mich in den Raum einer großen Macht und kann mich nur noch lassen.“ Als Beispiel nennt er die Passagiere, die am 11. September 2001 entschieden, dass das Flugzeug nicht das Kapitol erreicht und mutwillig einschritten – einige, nachdem sie zuvor das Vater Unser gebetet hatten.
Der erfahrene Theologe lädt Menschen – übrigens auch immer wieder sich selbst – ein, über eigene Handlungsspielräume nachzudenken und sich bewusst zu machen, dass wir immer selbst entscheiden, ob wir jammern oder klagen, uns ärgern oder einfach weitermachen wollen. Auch er selbst hat immer wieder im Leben gemerkt, dass es gar nicht so einfach ist, zu lassen.