Ordensfrau Modestine Rasolofoarivola hat eine Vision. Sie will mit kleinen Dingen Großes bewirken. Von Schwester Modestine wird in der patriarchalen Ordnung der Kirche erwartet, dass sie sich demütig zeigt, als Frau und als Schwester. Als eine der ganz wenigen weiblichen Führungskräfte kirchlicher Einrichtungen in Madagaskar, leitet sie ein Projekt, auf Kongressen ist sie oft die einzige Frau. Das Projekt heißt Vahatra und liegt in der Trägerschaft der Diözese Tsiroanomandidy. Vahtra bedeutet „Wurzel“ und damit ist der wesentliche Teil des Ansatzes schon benannt: Das Projekt will das schwierige Leben auf dem Land durch Eigeninitiativen der Gemeinschaften verbessern, mit einfachen Mitteln, und dabei vor allem Frauen fördern.
Schon ihre Erscheinung erzählt von ihrem ganz eigenen Weg: Sie trägt den schlichten Habit der Ordensschwestern, dunkelblaues Kleid, hellblaue Bluse, weißer Schleier. Doch kleine Details verraten, dass sie ihre eigene Art hat, Dinge anzugehen und durchzusetzen. Die Flip-Flops zum Beispiel oder der einfache, aber doch sehr eigene Ledergürtel, den sonst niemand trägt. Sie spricht mit ruhiger, voller Stimme und setzt sich niemals lautstark durch. Sondern mit leiser Beharrlichkeit. Sie wirkt alterslos. Erst wenn sie lacht, breiten sich Falten um ihre Augen aus wie Sonnenstrahlen. Wenn sie spricht, spielen ihre Hände mit dem Stift, und wenn sie zuhört, zieht sie ihre Beine auf dem Stuhl hoch wie eine Jugendliche. Dabei ist sie 56 Jahre alt. Einerseits folgt sie ihrem Namen „Modestine“, die „Bescheidene“, mit ihrer unprätentiösen Art, die nicht recht zu ihrer Führungsrolle passen will. Aber wenn es darum geht, ihre Ideen für die Menschen auf dem Land durchzusetzen, dann scheint ihre volle Autorität auf.