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Erzbistum Paderborn
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Maria und Elisabet Halt und Heimat

Vor 100 Tagen wurde das Geistliche Zentrum Kohlhagen im südlichen Sauerland eingeweiht

An den Tag, an dem er das erste Mal auf den Kohlhagen kam, kann sich Siegfried Modenbach noch gut erinnern. „Es war ein herrliches Sommerwetter. Die schmucke Kirche und die Atmosphäre hatten es mir sofort angetan. Es war Liebe auf den ersten Blick“, lächelt der Pallottinerpater. Das ist nun schon einige Jahre her. Heute ist Siegfried Modenbach SAC – neben seinem Mitbruder Jürgen Heite SAC – Leiter des neuen Geistlichen Zentrums, das Anfang Juli von Erzbischof Hans-Josef Becker eingeweiht wurde – vor genau 100 Tagen.

 

Ein hohes weißes Bücherregal, voll mit Titeln, die von Gott, Glaube und Seelsorge handeln, steht hinter dem Schreibtisch im Büro von Pater Modenbach. Das einzige Foto im Raum zeigt Papst Franziskus. Der Blick aus dem großen bodentiefen Fenster reicht über den frisch gesäten Rasen in die weiten Wälder des Sauerlandes. Es riecht nach Farbe, nach Leim und nach Putz.

 

So wie überall in dem modernen, lichtdurchfluteten Neubau aus Stahl, Holz und Glas. Sein Eingang liegt unmittelbar gegenüber der Wallfahrtskirche, die den Namen Mariä Heimsuchung trägt. Das zentrale Ereignis ihres Patroziniums ist die Begegnung zwischen Maria und ihrer Kusine Elisabet. Beide Frauen sind schwanger. Maria mit Jesus, Elisabet mit Johannes dem Täufer. „Wir wollten eine direkte Verbindung und eine Sichtachse“, erklärt Modenbach. „So, wie diese beiden Frauen sich gegenseitig ermutigt, gestärkt und Halt und Heimat gegeben haben, möchten auch wir hier oben stärken, ermutigen und in Gemeinschaft beten.“

Viel Ruhe, aber auch viel Leben

Bei aller Stille und Ruhe, die man auf dem Kohlhagen findet, kommen hier täglich viele Menschen vorbei. Wanderer, Spaziergänger, Fahrradfahrer, Touristen, Einheimische. Manche kommen auch mit dem Auto. Für eine kurze Viertelstunde, für eine kleine Auszeit. Wenn er sich samstags oder sonntags vor die Kirche stellen würde, so Modenbach, dann hätte er viel Unterhaltung. „Manchmal brennen schon mittags 70 Kerzenlichter in der Kirche. Das muss man sich mal vorstellen.“ In der Maiandacht, die er in diesem Jahr erstmals gehalten habe, sei er mehr als erstaunt gewesen. „Ich kenne Andachten, da stehen kaum 15 Leutchen vor einem. Hier waren es viel mehr. Das Interesse war riesig.“ Besonders bewegend sei es gewesen, als sich die Menschen ihren Einzelsegen vor dem Gnadenaltar haben geben lassen. „Sie kamen nach vorne und trugen direkt ihr Anliegen vor. Ich legte ihnen meine Hände auf und gab ihnen den Segen. Dabei flossen auch Tränen.“

 

In den letzten Jahren wurden im südlichen Bereich des Erzbistums eine ganze Reihe von Klöstern und Ordensniederlassungen aufgelöst. So verließen die Missionare der Heiligen Familie Lennestadt. Die Pallottiner Olpe. In Ergänzung zu den Pastoralen Räumen soll das Geistliche Zentrum Kohlhagen nun diese Lücke schließen und als Ort des Glaubens und gemeinschaftlichen Lebens evangelisierend, gemeinschaftsbildend und vernetzend wirken.

 

Bevor die Patres Modenbach und Heite die Aufgabe übernahmen, wirkten sie zehn Jahre im Katholischen Forum in Dortmund als sogenannte Cityseelsorger inmitten der säkularisierten Stadt. „Es war für uns an der Zeit, etwas Neues zu machen. Dabei wollten wir aber im Erzbistum bleiben, denn die Zusammenarbeit ist sehr gut“, erklärt Modenbach. Man habe gesponnen, was man sich vorstellen könne. Groß sei dann die Freude gewesen, als das Erzbistum Paderborn den Kohlhagen vorschlug. „Das ist unser Ding. Angebote für Menschen zu schaffen, die mehr suchen.“

Das Konzept mit Leben füllen

In den Wochen nach der offiziellen Einweihung des Geistlichen Zentrums am 4. Juli anlässlich des Patronatsfestes der Wallfahrtskirche hat Modenbach viel Zeit am Schreibtisch verbracht. Es gab und es gibt jede Menge Organisatorisches zu erledigen, um das Konzept mit Leben zu füllen und offene Inhalte zu entwickeln: Gottesdienste und die Begleitung von Wallfahrten und Pilgern sowie die Vernetzung der Wallfahrtsorte und Pilgerwege in der Region, Exerzitien, Einkehrtage, Glaubenskurse und spirituelle Angebote aus dem Erleben von Kunst und Natur. Zielgruppen sind engagierte Menschen, Führungspersönlichkeiten, Arbeitskreise und Gruppen, die neue Impulse suchen oder Leben und Glauben in Erfahrungs- und Deutungsräumen reflektieren möchten.

 

Pastorale Teams, Pfarrgemeinderäte, Katholische Frauengemeinschaften, Caritaskonferenzen, Seniorengemeinschaften, Katecheten, Messdiener, Firmlinge und Kommunionkinder: Die Liste der geplanten Veranstaltungen für Gremien, Verbände, Gemeinschaften und Interessensrunden ist lang. „Jetzt geht es rund. Die Anfrage an unser Haus ist groß. Wir sind mit der Resonanz sehr zufrieden“, so der Pater, der unter den vielen Beispielen zwei rauspickt.

 

So fand Ende September ein Besinnungswochenende unter dem Thema „Konsequent glauben“ für Lesende des Bistumsmagazins „Der Dom“ statt. Im Mittelpunkt stand der „tote Punkt“ der Kirche, den Kardinal Marx in seinem Rücktrittsangebot anführte und der auf den Jesuiten Alfred Delp (1907-1945) zurückgeht. „Wir haben nach Parallelen zur Kirche heute geschaut. Und danach, was man tun kann.“ Ein Angebot, das für den November geplant ist und sich an Einheimische richtet, lautet „Exerzitien im Alltag“. Mit Zeit für Gott, Zeit zum Innehalten und Durchatmen. Modenbach: „Täglich gibt es einen Impuls auf dem Kohlhagen. Mitten in den Alltag der Menschen hinein, denn sie bleiben abseits von dem Impuls dort, wo sie leben, also in ihrem Beruf, ihrer Familie, ihrem sozialen Gefüge.“

 

Zeit für persönliche Lebens- und Glaubensfragen

„Mitten in den Alltag der Menschen hinein“ ist ein gutes Stichwort, wenn es um die Gesprächs- und Beichtseelsorge geht: „Weil das Leben, der Glaube und geistliches Wachstum Begleitung benötigen, möchten wir Zeiten und Gespräche für persönliche Lebens- und Glaubensfragen anbieten“, so Modenbach. „Menschen kommen auf uns zu mit dem, was sie beschäftigt.“ Gut kann er sich noch an den ersten Sonntag erinnern, den er auf dem Kohlhagen verbrachte. Ein älterer Herr kam auf ihn zu. Er hatte seit 40 Jahren nicht mehr gebeichtet und wollte eine Lebensbeichte ablegen. „Das ist sehr viel Vertrauen, das sich da zeigt.“

 

Mehr als vier Millionen Euro hat Paderborn auf dem Kohlhagen investiert. Das neue Gebäude, das sich mit seinem begrünten Flachdach unauffällig in die Landschaft schmiegt, misst rund 500 Quadratmeter. Hier befinden sich neben Büros eine Küche, Seminar- und Gesprächsräume sowie ein Zimmer für Meditation und Gebet. Ausgestattet mit Altar und Ambo aus feinstem Holz, schlicht, stumpf verleimt und glatt gehobelt. „Darauf bin ich besonders stolz“, sagt Modenbach und lässt seine Hände langsam über die gradlinige Oberfläche gleiten.

Vorstellungen der Patres flossen in Konzept mit ein

Ihre Vorstellungen haben die Patres nicht nur konzeptionell, sondern auch architektonisch einfließen lassen. Da der Neubau an das Küsterhaus anschließt, wurde im Eingangsbereich das alte Gemäuer sichtbar gemacht. Und in der Überdachung der großen Terrasse befindet sich eine kreisrunde Öffnung. Sie erinnert an das Oculus im Pantheon in Rom. „Daran haben wir nicht gedacht, der Grund war schlicht das Licht“, so Modenbach und verweist auf eine weitere Besonderheit, die sich dadurch zufällig ergeben hat: Schaut man durch das „Auge“, sieht man die Turmspitze von Mariä Heimsuchung. Eine weitere Sichtachse!

 

Rund um das Gotteshaus, das nicht nur Wallfahrtskirche, sondern auch Pfarrkirche für die kleinen Ortschaften Wirme und Brachthausen ist, befindet sich ein Friedhof mit Totenkapelle. Ein unter Denkmalschutz stehender Kreuzweg umringt das Gelände. Ein einzelnes Wohnhaus gibt es auch noch, dort wohnt eine junge Familie mit vier Kindern. „Hier oben sind wir also zu acht. Und es ist ein tolles Miteinander“, erzählt Modenbach. Ein paar hundert Meter entfernt liegt in ebenfalls idyllischer Einzellage der Landgasthof Ahe mit Pensionsbetrieb. In ihrem Konzept haben die Patres das wohl bedacht, wegen Übernachtungsmöglichkeiten für Gäste im Geistlichen Zentrum.

 

Kohlhagen gehört zur Gemeinde Kirchhundem im Kreis Olpe im südlichen Sauerland. Mitten im Rothaargebirge und abseits großer Straßen liegt der Ort an landschaftlich exponierter Stelle auf 500 Metern Höhe. Seine Geschichte beginnt mit einer kleinen Bergkapelle irgendwann im späten Mittelalter. Die Ersterwähnung stammt von 1490 in der Stiftungsurkunde einer Vikarie. 1703 folgte der Bau der heutigen Wallfahrtskirche mit ihrer barocken Innenausstattung. 1866 kam das Küsterhaus dazu, in dem bis 2018 rund 20 Jahre lang die Dernbacher Schwestern lebten, die den Wallfahrtsort betreuten und den Küsterdienst übernahmen. „Der Kohlhagen hat eine ganz besondere Anziehungskraft. Das merkt und das spürt man mit allen Sinnen“, sagt Modenbach, dankbar dafür, an diesem Ort der Begegnung, der Gastfreundschaft und des Dialogs, „an dem Menschen mit ihren Fragen und ihrem Suchen auf ihrem spirituellen Weg begleitet werden“, wirken zu dürfen.

 

Text und Fotos: Birgit Engel

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