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Unser Glaube
04. September 2022

„Ein Vorbild im Glauben und Vertrauen auf Gott“

Friedensstifterin, Mutter der Armen und Zuflucht der Bedrängten: Am 4. September gedenken wir der Heiligen Ida von Herzfeld, der ersten Heiligen Westfalens

Wenn Ulrich Liehr an die Heiligsprechung von Ida von Herzfeld denkt, vergleicht er das mit jener von Johannes Paul II. Als abertausende Menschen im April 2005 zum Petersplatz strömten, um für den verstorbenen Papst zu beten, forderten sie eine schnelle Heiligsprechung: „Santo subito“, riefen sie immer und immer wieder lauthals – Sofort Heilig. „So ähnlich stelle ich mir das auch bei der Heiligen Ida vor“, sagt Liehr, Pfarrer der Pfarrei Jesus Christus Lippetal. „Das Volk hat gesagt: Diese Frau ist uns heilig, deshalb wurde sie von den Menschen direkt nach ihrem Tod bereits als Heilige verehrt.“ Sie vergaßen eben nicht, dass Ida von Herzfeld sich zu Lebzeiten sehr für die einfachen Menschen eingesetzt hatte.

Genau das war eher ungewöhnlich: Denn Ida stammte aus herrschaftlichem Haus, eine Adlige und Höhergestellte, und ist mit Karl dem Großen verwandt gewesen. „Sie gehörte eigentlich nicht zum Volk“, sagt Liehr. Doch Ida sonderte sich nicht von den Menschen ab oder versuchte sie mit dem Schwert niederzuhalten: „Sie hat die Menschen aufgebaut, ihnen Essen gegeben und war für ihre Anliegen da.“

Ida von Herzfeld

Die erste Heilige Westfalens, Friedensstifterin zwischen verfeindeten Völkern, Mutter der Armen und Zuflucht für Bedrängte. Aber vor allem auch eines: eine starke Frau.

Und das bereits im neunten Jahrhundert.

Der Traum von einer Kirche aus Stein

Dieser Wandel von der Adligen hin zur Frau des Volkes hatte mit dem Mann in ihrem Leben zu tun, erzählt Pfarrer Jochen Kosmann von der Pfarrei St. Ida Herzfeld und Lippborg. Denn Ida traf eines Tages den kranken Herzog Egbert, einen Vertrauten Karls, und pflegte diesen in ihrem Haus gesund – beide lernten sich kennen und heirateten schließlich. Als sie gemeinsam entlang der Lippe nach Osten zogen, hatte Ida in einer Nacht aber einen Traum mit der Botschaft: An dieser Stelle sollst du eine Kirche bauen.

Das tat sie: 786 durchquerte sie die Lippe und baute im heutigen Herzfeld eine Kirche – die erste Steinkirche weit und breit, wie Pfarrer Jochen Kosmann weiß. „Bei den meisten Heiligen gibt es im Laufe der Geschichte oft viel Legendarisches und weniger Fakten“, erklärt er. Anders bei Ida: „Das Besondere ist, dass wir aus ihrem Leben sehr viel Fixes sicher wissen. Die Heirat mit Egbert, die Erbauung der Kirche – sehr viel können wir bei ihr nachvollziehen.“ So auch den Tod von Egbert im Jahr 811, der an der Seite von Idas Kirche bestattet wurde. „Über das Grab ließ Ida einen Portikus, eine Art Seitenkapelle, bauen und zog dort ein. Das ist der Punkt, an dem sie dem adeligen Leben entsagte und wie eine Ordensschwester über dem Grab ihres Mannes lebte“, beschreibt Pfarrer Kosmann.

In der Wallfahrtbasilika und rund um Herzfeld sind zahlreiche Abbildungen der heiligen Ida zu finden:

Der Sarg als Zeichen des Lebens

Bemerkenswert: Ida habe sich schon kurz nach dem Tod ihres Mannes ihren Sarg bauen lassen. „Bei Ida ist der Sarg aber nicht ein Zeichen des Todes, sondern des Lebens“, sagt Pfarrer Kosmann. Denn zweimal täglich füllte sie ihn mit Nahrung und Kleidung für die Armen. Eine Mutter Theresa des neunten Jahrhunderts sozusagen. „Sie war nicht abgehoben, sondern hat die ihr als Adelige gegebene Macht genutzt, um für ihre Mitmenschen zu leben. Sie war für Andere da – das ist etwas, wovon wir Christen uns auch heute viel abschauen können“, beschreibt Ulrich Liehr.

Am 4. September 825 starb Ida von Herzfeld und wurde zunächst an der Seite ihres Mannes bestattet. Bereits unmittelbar nach ihrem Tod seien die Menschen zu ihrem Grab gewallfahrtet und hätten sie als Heilige verehrt, sagt Jochen Kosmann. Santo subito. Die Heiligsprechung durch den Bischof von Münster erfolgte am 26. November 980. Die Reliquien der Heiligen Ida wurden erhoben und in die Kirche getragen. „Das ist das Zeichen dafür, dass man sie von da an in der Kirche als Heilige verehrte“, beschreibt Kosmann. Noch immer pilgern Menschen zur Wallfahrtsbasilika St. Ida in Herzfeld, wo ihre Gebeine aufbewahrt werden.

Wo zwei Bistümer miteinander verschmelzen

Die Ida-Verehrung ist aber bis heute eher eine lokale, eben vor allem im Erzbistum Paderborn sowie im Bistum Münster. Denn Herzfeld, das zum Bistum Münster gehört, liegt an der Grenze der Bistümer – und ist Teil einer einzigartigen Kooperation: Die Pfarreien von Pfarrer Liehr auf Paderborner und Pfarrer Kosmann auf Münsteraner Seite arbeiten bistumsübergreifend zusammen. Als „Katholisch in Lippetal“ treten sie nach außen wie eine gemeinsame Pfarrei auf. „Alle Alternativen dazu sind keine Alternativen“, sagt Pfarrer Kosmann, auch angesichts der bestehenden räumliche Nähe und Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene der sechs Dörfer, die beiden Pfarreien angehören. Rechtlich bleiben sie zwar zwei Kirchengemeinden, doch das meiste des Kirchenalltags passiert zusammen: Sitzungen des Pfarrgemeinderates, Firmvorbereitung, Erstkommunion sowie die Planung von Gottesdiensten und sogar Dienstplänen: „Es gibt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass Pfarrer Liehr auf Paderborner Seite und ich auf meiner Seite aus der Sakristei komme, aber das ist nicht gesetzt“, sagt Jochen Kosmann. Ohnehin gebe es kein Mitglied im pastoralen Team, das nur auf einer Seite eines der Bistümer arbeite.

„Wir können nicht getrennt voneinander denken, weil alles so zusammengewachsen ist“, erklärt Pfarrer Liehr. Er und Jochen Kosmann kennen sich bereits seit 19 Jahren, als sie sich während ihres Studiums in Wien begegneten und Freunde wurden. Die enge Zusammenarbeit, obwohl sie in unterschiedlichen Bistümern eingesetzt werden, sei daher eine „Win-Win-Situation“.

Eine echte Inspiration für heutige Zeiten

Und obwohl Herzfeld den Mittelpunkt der Ida-Verehrung bildet: Es strahlt in die umliegenden Dörfer aus. Von Paderborner Seite zieht jedes Jahr eine Wallfahrt zur Basilika nach Herzfeld. „Für mich persönlich hat es etwas Beruhigendes“, beschreibt Liehr, „dass ich weiß: Hier ist eine Heilige in unserer Mitte, die auch schon von Anfang an im Erzbistum Paderborn verehrt worden ist. Es ist ein schönes Zeichen: Wir haben da jemanden, der bei Gott für uns besonders da ist.“ Ida, die Mutter der Armen, gilt ebenfalls als Friedensstifterin. Denn anders als Karl der Große, der seine Idee der Mission, aus allen Menschen Christen zu machen, oft auch blutig durchsetzte, setzte sich Ida für einen guten Umgang mit Besiegten und unterlegenen Völkern ein.

Ein bisschen Legende schwingt aber auch bei dieser Heiligen mit, erklärt Kosmann. Als Ida einmal im Wald unterwegs war, soll ein Hirsch bei ihr Schutz vor einer sich nähernden Jagdgruppe gefunden haben. Aus Dankbarkeit half dieser Ida schließlich einer Erzählung nach, Steine für den Kirchenbau auf seinem Rücken durch die Lippe zu tragen. Dies sage zwei Dinge über die Heilige Ida aus, so Pfarrer Kosmann: „Erstens: Ida ist die Zuflucht für Bedrängte. Wer zu ihr kommt, findet Schutz. Zweitens: In der Symbolik des Christentums ist der Hirsch ein Symbol für Christus. Das heißt, sie hat die Kirche mit Christi Hilfe erbaut.“ Der Name Herzfeld leitete sich sogar vom Wort Hirschfeld ab.

Eine starke Frau als Vorbild

Liehr und Kosmann sind sich deshalb einig: „Aus dem Leben der Heiligen Ida kann ich heute noch echte Inspiration für mein Leben als Christ beziehen. Indem ich sehe: Ida vertraut auf Gott. Und im Vertrauen versucht sie, sich einzusetzen für das Gute.“ Ida schafft, was nicht selbstverständlich ist: Auch fast 1200 Jahre nach ihrem Tod ist sie ein anschlussfähiges Vorbild für uns Menschen: „Bei vielen anderen Dingen aus dem neunten Jahrhundert würden wir heute sagen: Was soll das denn?“, beschreibt Kosmann. Nicht so bei Ida. „Ida ist ein Vorbild im Glauben und Vertrauen auf Gott. Das ist bis heute sehr beeindruckend.“

Ida von Herzfeld: die erste Heilige Westfalens, Friedensstifterin zwischen verfeindeten Völkern, Mutter der Armen und Zuflucht für Bedrängte. Aber vor allem auch eines: eine starke Frau. Und das bereits im neunten Jahrhundert.

Ein Beitrag von:
© Besim Mazhiqi / Erzbistum Paderborn
Redakteur

Till Kupitz

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