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Hoffnung? Im Frauenhaus kann sie neu geschöpft werden

Karin Boye Toledo bietet Frauen und Kindern im Frauenhaus Bielefeld Schutz und Raum für neues Selbstbewusstsein – ein Hoffnungsort im Erzbistum Paderborn

Karin Boye Toledo ist Sozialarbeiterin. Als sie ihrer Mutter, ebenfalls Sozialarbeiterin, erzählte, dass sie die Leitung des AWO-Frauenhauses in Bielefeld übernehmen wird, fragte diese sie: Soll ich gratulieren oder mein Beileid aussprechen? Das liegt inzwischen fast 25 Jahre zurück.

Nein, einfach sei die Arbeit im Frauenhaus nicht, sagt Boye Toledo. Schwere Schicksalsschläge, Gewalt und Unterdrückung gehören zum Alltag. Und trotzdem will die Bielefelderin nichts anderes machen. Oder gerade deswegen.

Sie sagt: „Ich ziehe viel Positives aus dieser Arbeit, weil ich sehe, wie es den Frauen und Kindern schon nach kurzer Zeit besser geht. Wir können hier ganz viel bewegen.“ Hoffnung schenken und selbst neue schöpfen. Tag für Tag. Ein Beispiel von vielen für Bielefeld als Hoffnungsort des Erzbistums Paderborn im Oktober des Heiligen Jahres 2025.

Eine Arbeit, die erfüllt

„Frauen waren schon immer mein Thema“, sagt Boye Toledo. Nicht unbedingt schon zu Jugendzeiten, aber in der Zeit darauf, während des Studiums der Sozialen Arbeiten immer mehr: „Frauenrechte haben mich schon immer interessiert, es war mir wichtig, mich dafür einzusetzen. Ich war auch auf einigen Demos, wo es um Frauen-Themen ging.“

Zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn begleitete sie junge Erwachsene, die lange Zeit arbeitslos waren. Dann bewarb sie sich im AWO-Frauenhaus: „Ich habe schnell gemerkt, dass das meins ist, dass mich diese Arbeit erfüllt.“ Häufig sei sie gefragt worden, ob sie nicht doch etwas anderes machen wolle: „Aber nein, will ich nicht. Die Arbeit ist jeden Tag anders, hat sich auch in den vergangenen Jahren viel verändert. Das Frauenhaus ist auch immer ein Spiegelbild der Gesellschaft.“

Das AWO-Frauenhaus in Bielefeld ist mit 23 Frauenplätzen und 16 Kinderplätzen das derzeit größte in Nordrhein-Westfalen. Etwa die Hälfte der Frauen komme aus eigenen Stücken, die andere Hälfte über Dritte. Über Bekannte oder Arbeitskollegen, die merken, dass es der Frau gerade nicht gut geht, dass sie aus ihrem Umfeld heraus muss. Über eine Beratungsstelle oder die Polizei.

Sich eingestehen, dass es nicht besser wird

Jedes Schicksal, jede Geschichte sei unterschiedlich. Das sei das Leben, sagt Boye Toledo, die gebürtig aus Chile stammt: „Manche Frauen schaffen es auch nicht direkt aus ihrem persönlichen Umfeld, haben Angst vor den Konsequenzen, trauen sich die vorher nie dagewesene Selbstständigkeit vielleicht noch nicht zu, gehen wieder zurück.“

Hinzukomme, so Boye Toledo, dass die Gesellschaft auch ein Idealbild einer funktionierenden Familie vorlebe, dem man gerne entsprechen möchte: „Sich einzugestehen, dass das bei einem selbst so gerade nicht ist, ist ein großer Schritt. Viele haben anfangs die Hoffnung, dass es doch noch irgendwie besser wird. Ohne Frauenhaus. Manchmal gelingt es, manchmal aber auch nicht.“

Die Adresse des AWO-Frauenhauses ist anonym. Aus guten Gründen. Mit Frauen, die sich melden, vereinbare man vorher einen Treffpunkt, „dann bringen wir sie zum Frauenhaus“. „Natürlich müssen auch gewisse Voraussetzungen erfüllt werden, es geht auch um finanzielle Absicherung“, erklärt Boye Toledo: „Die meisten Frauen, die zu uns kommen, bringen kein Geld mit, sind häufig auch nicht berufstätig.“

Dann sei es vor allem wichtig, Schutz zu bieten, damit die Frauen mit ihren Kindern zur Ruhe kommen: „Dann sprechen wir mit den Frauen, was sie sich wünschen, wohin der Weg führen soll. Was sind die Probleme, was sind die Sorgen? Wollen die Frauen zurück, sich trennen oder ein ganz neues Leben aufbauen? Und dann schauen wir, wie wir dabei unterstützen können.“

„Sie haben wieder Perspektive“

Wie man am besten helfen kann, gerade zu Beginn? „Vor allem, indem wir zuhören und einfach da sind.“ Und schon nach wenigen Tagen erkenne man positive Entwicklungen, sagt Boye Toledo. Und wenn es nur ein wiedergekehrtes Lächeln oder zurückgewonnenes Selbstbewusstsein sei: „Manchmal sind wir die Stütze für diese kleinen Erfolge, manchmal sind wir aber auch einfach nur der Raum. Und in diesem Raum mit seiner Ruhe gewinnen die Frauen neue Kraft.“

Kraft und Hoffnung. „Wir sind da, aber viele ihrer Aufgaben müssen die Frauen nach wie vor allein bewältigen. Wir helfen beispielsweise bei Formularen für das Amt, dorthin müssen sie aber allein gehen. Und wenn sie das schaffen, gewinnen sie Hoffnung für sich. Hoffnung, dass es geht, dass sie es können. Sie sind danach gewachsen und glücklicher. Wenn Frauen uns verlassen, wissen sie, wie es geht. Sie kennen ihre Rechte, Chancen und Möglichkeiten. Sie haben wieder Perspektive.“

Und daraus schöpft auch Karin Boye Toledo selbst Hoffnung. Sie sagt: „Ja klar, es sind immer wieder schwere Schicksale, mit denen die Frauen zu uns kommen. Aber die Geschichten der Frauen, die es geschafft haben, schenken uns die Hoffnung, dass es wieder gelingt.“ Ob Hoffnung ein Gefühl oder Zustand sei? In jedem Fall ein Antrieb, sagt Boye Toledo.

Und da spiele auch der persönliche Glaube eine große Rolle, den sie schon seit Kindertagen hat, wie Karin Boye Toledo sagt – obwohl sie aus keinem besonders frommen Elternhaus stammt. „Glaube heißt für mich: Ich weiß, dass ich nicht allein bin, dass niemand allein ist. Und wenn ich Frauen sehe, denen es schlecht geht, schenkt mir auch der Glaube Hoffnung, dass es besser wird. Ich habe Vertrauen in die Dinge, dass alles irgendwann gut wird.“

Die Orte der Hoffnung im Erzbistum Paderborn

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Das Heilige Jahr 2025 steht unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“. Auf unserer Themenseite finden Sie Informationen zu Geschichte und Bedeutung des Heiligen Jahres sowie zu Programm und Pilgerangeboten 2025 in Rom und im Erzbistum Paderborn.

Ein Beitrag von:

Alexander Lange

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