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Erzbistum Paderborn
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© Besim Mazhiqi

Ein Abt und zwölf Mönche gründen ein Bistum

Aus der Kirche der Benediktinerabtei Corvey wird Ende des 18. Jahrhunderts plötzlich ein Dom. Wie es dazu kommt? Davon weiß eine alte Urkunde zu berichten...

Der aus über zwei Millionen Backsteinen bestehende Ziegeldom St. Clara in Dortmund-Hörde, der Padberger Dom St. Maria Magdalena, der Kiliansdom in Iserlohn-Letmathe, der Keppeler Dom St. Augustinus in Hilchenbach-Dahlbruch oder der Patrokli-Dom in Soest: Etliche imposante Kirchen im Erzbistum Paderborn tragen im Volksmund den Ehrentitel „Dom“. Im eigentlichen Sinn jedoch, von Bischofssitz und Kathedralkirche, gibt es im Erzbistum Paderborn lediglich drei Domkirchen – und selbst bei gnädiger Zählweise sind es nur dreieinhalb. Der bereits erwähnte Patrokli-Dom in Soest war immerhin Zweitsitz der Kölner Erzbischöfe in ihrer Eigenschaft als Herzöge von Westfalen.

Drei wahrhaftige Domkirchen

Die wichtigste und bekannteste unter den drei echten Domkirchen im Erzbistum ist natürlich der Hohe Dom St. Maria, St. Liborius, St. Kilian in Paderborn. Der zweite Dom steht in Minden. Von der Gründung des Bistums Minden im Jahr 800 bis zu seiner De-facto-Auflösung nach dem Dreißigjährigen Krieg war St. Gorgonius und St. Petrus Apostel zu Minden Bischofssitz. Und die dritte Domkirche? Sie ist ebenfalls weithin bekannt, aber eben nicht als Kathedrale, sondern als Klosterkirche der Abtei Corvey, deren karolingisches Westwerk 2014 von der Unesco in den Katalog der Weltkulturerbestätten aufgenommen wurde.

Tatsächlich war die Abtei für eine kurze Zeit ein eigenes Bistum. Davon zeugt die Archivalie des Monats Mai 2024. Es handelt sich um die Anerkennungsurkunde vom 22. November 1793, in welcher Franz II., letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, die Umwandlung des Klosters Corvey in ein Bistum bestätigt und ratifiziert.

Aus der Reichsabtei wird ein Bistum im Miniaturformat

Wie aber kam es zu dieser Bistumsgründung? Schon in karolingischer Gründungszeit war Corvey eines der bedeutendsten und reichsten Klöster auf dem Siedlungsgebiet der Sachsen. Auch in späteren Zeiten blieb Corvey ein geistliches, kulturelles und wirtschaftliches Zentrum. Nach den Zerstörungen im Dreißigjährigen Krieg wurde die weitläufige Klosteranlage im barocken Zeitstil des späten 17. Jahrhunderts wiederaufgebaut. Noch einmal ein Jahrhundert später aber war von der alten Herrlichkeit nicht mehr viel übrig. Weil das Kloster Corvey ausschließlich adelige Kandidaten in den Konvent aufnahm, bestand dieser im Jahr 1786 nur noch aus 13 Mönchen. Das waren eindeutig zu wenige für ein Kloster. Aber, so die damalige Idee: Was für eine Abtei nicht reicht, genügt für ein Bistum allemal!

Unter dem Schutz von Papst und Kaiser

So klein die Schar an Mönchen war, so groß war ihr Einfluss in Kirche und Politik. Den 1788 nach Rom gerichteten Säkularisierungsantrag beschied Papst Pius VI. im Jahr 1792 positiv. Der Fürstabt verwandelte sich daraufhin in einen Fürstbischof, aus dem Prior wurde ein Domdechant und die Mönche durften sich fortan Domherren nennen.

Seinen neuen Status sicherte sich das Fürstbistum auch bei der weltlichen Macht ab. Davon zeugt die prächtige, in roten Samt gebundene Pergamenturkunde mit eigenhändiger Unterschrift des Kaisers Franz II. (HRR) aus dem Jahr 1793. Haarklein zählt der Text sämtliche Orte des gerade einmal zehn Pfarreien umfassenden Fürstbistums Corvey auf, die damit unter dem kaiserlichen Schutzmantel lagen und sich allen Begehrlichkeiten (etwa aus Paderborn) entzogen.

Das neue Fürstbistum war nicht nur klein, sondern auch kurzlebig. 1803 setzte der Reichsdeputationshauptschluss der Eigenstaatlichkeit des geistlichen Fürstentums ein Ende. Die Klosteranlage mit Ausnahme der Stiftskirche ging mit der Säkularisierung in den Privatbesitz der Herzöge von Ratibor und Fürsten von Corvey über. Das geistliche Bistum Corvey wurde 1825 aufgelöst, seine zehn Gemeinden kamen in den Verantwortungsbereich des Bistums Paderborn.

Derzeit in Corvey, bald wieder im Erzbistumsarchiv

Wie alle anderen Archivalien ist die kaiserliche Bestätigungsurkunde des Bistums Corvey aus dem Jahr 1793 im Erzbistumsarchiv Paderborn prinzipiell frei und unentgeltlich zugänglich. Anlässlich der Eröffnung der neuen Dauerausstellung ist die Urkunde aber derzeit nach Corvey ausgeliehen. Doch schon Ende Juni 2024 kehrt das Schaustück in die geschützten Magazinräume des Erzbistumsarchivs Paderborn zurück, wo die Urkunde nur auf Verlangen ans Tageslicht hervorgeholt wird.

Foto Erzbistumsarchiv Paderborn: Ansgar Hoffmann, 2017
Signatur Corvey, Urkunden, Nr. 51
Entstehungsdatum 22. November 1793
Provenienz Erzbischöfliches Generalvikariat; Kloster/Bistum Corvey
Kulturhistorische Bedeutung Der erwählte römische Kaiser Franz II. bestätigt und ratifiziert die Umwandlung des Klosters Corvey in ein Bistum. Originalpergamenturkunde in Buchform mit eigenhändiger Unterschrift des Kaisers, gegengezeichnet vom Fürsten Colloredo-Mannsfeld.

Das Stück ist in rotem Samt gebunden, mit schwarzgelben Seidenbändern verschlossen und trägt an Goldkordeln das große kaiserliche Siegel in vergoldeter Messingkapsel, die außen den Doppeladler mit der Initiale F II. zeigt.

Literaturangaben Kurte, Andreas: Die Äbte, Fürstäbte und Fürstbischöfe von Covey; Paderborn, Bonifatius, 2017; v. a. S. 250

Die Archivalie des Monats

Das Erzbistumsarchiv ist das Gedächtnis unserer Erzdiözese. Es sichert und erschließt die schriftliche Überlieferung und macht Geschichte allgemein zugänglich. Und das sogar kostenlos. Selbst die wertvollsten Archivstücke können Sie sich werktäglich zu den Öffnungszeiten des Erzbistumsarchivs ansehen. Darunter sind selbstverständlich auch die Stücke, die wir Ihnen in unserer Reihe „Die Archivalie des Monats“ vorstellen.

 

Besuchendenadresse:

Erzbistumsarchiv Paderborn
Domplatz 15 (Konrad-Martin-Haus)
33098 Paderborn
Tel.: (0 52 51) 1 25-12 52
E-Mail: archiv@erzbistum-paderborn.de
Geöffnet Montag-Donnerstag, 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr

 

Ein Hinweis für alle genealogisch Interessierten: Die digitalisierten Kirchenbücher des Erzbistums Paderborn finden Sie auf

Matricula

Ein Beitrag von:
© Besim Mazhiqi / Erzbistum Paderborn
Archivar

Michael Streit

© Jürgen Hinterleithner
freier Autor

Hans Pöllmann

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