„Frauen mit Behinderung sind verstärkt sexueller Belästigung ausgesetzt, weil die Täter davon ausgehen, dass die Frauen aufgrund ihrer geistigen oder körperlichen Einschränkung weniger wehrhaft sind“, sagt Marie-Luise Schulze-Jansen. Statistiken gehen davon aus, dass jede dritte bis vierte Frau mit Behinderung in ihrer Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erfährt – zwei- bis dreimal häufiger als Frauen ohne Behinderung. Neben direkter Gewalt sind vielfältige Formen von Diskriminierung und struktureller Gewalt an der Tagesordnung. „Als Täter fungieren sowohl Männer mit wie ohne Behinderung“, benennt Marie-Luise Schulze-Jansen die Gruppe der Verursacher.
Neben Gremien- und Öffentlichkeitsarbeit ist Schulze-Jansen für anwaltschaftliche Vertretungen, Fortbildungsangebote, Koordinationsmaßnahmen und unterstützende Tätigkeiten zuständig. Sie ist zudem Ansprechpartnerin für Werkstatträte, Werkstattleitungen, Frauenbeauftragte und Vertrauenspersonen. Allen Instanzen stärkt die Paderbornerin kategorisch den Rücken und ermuntert sie zur Wahrnehmung ihrer Rechte, auch „Empowerment“ genannt, eine tragende Säule im Arbeitsalltag der 54-Jährigen. „Die Selbstermächtigung nimmt einen wichtigen Stellenwert bei den Beschäftigen vor Ort ein“, bemerkt Marie-Luise Schulze-Jansen und nennt als Beispiele „Lohn- und Gehaltsfragen sowie den betrieblichen Urlaub“.
Ermunterung zur Selbstermächtigung
Auch in Sachen Wahlrecht ermuntert Schulze-Jansen die Werkstatträte zum aktiven Widerstand. Zuletzt bei einer Kampagne, die angesichts der Europawahl im Mai 2019 gefahren wurde und ein umfassendes Wahlrecht für Menschen mit Behinderungen forderte. Da rund 80.000 Personen in der Bundesrepublik, darunter Patienten psychiatrischer Kliniken, das Wahlrecht verweigert wird, forderten die Beschäftigten der NRW-Caritas-Werkstätten eine grundlegende Reform des Wahlrechts.
Kaum weniger politisch war die Aktion „Rote Karte für die AfD“ motiviert. Als Ursache fungierte eine Anfrage der „Alternative für Deutschland“ zum Thema „Schwerbehinderte in Deutschland“. Darin verlangte die Partei Auskunft über die Zahl behinderter Menschen und die Gründe ihrer Handicaps. Da die AfD ursächlich Inzucht vermutete, und dies besonders bei Migranten, sahen sich die Caritas-Werkstatträte zum Protest in Form eines Beschwerdebriefs an die Fraktionsspitze genötigt. Rote Karte inklusive.