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Erzbistum Paderborn
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© Birgit Engel / Erzbistum Paderborn

„Christi Himmelfahrt passt für uns in die Zeit …“

„Auf eine Kaffeelänge mit …“ Wolfgang Keseberg über die Schiffsprozession auf dem Biggesee

Innerhalb unserer Reihe „Auf eine Kaffeelänge mit …“ treffen wir uns regelmäßig mit einer Person aus dem Erzbistum Paderborn, um die Vielfalt der engagierten Menschen abzubilden. Einzige Vorgabe der Zusammenkunft: Das Treffen endet, sobald die Kaffeebecher geleert sind. Diesmal haben wir uns mit Wolfgang Keseberg aus Sondern getroffen. Die Schiffsprozession auf dem Biggesee an Christi Himmelfahrt kennt er seit ihrem Bestehen: Als Kapitän, als Mitorganisator, als Mensch, dem das Leben von Traditionen wichtig ist.

Wolfgang Keseberg hat Fotoalben herausgesucht. Viele Fotoalben. Hunderte von Aufnahmen erzählen eine bewegende Geschichte. Von dem alten Biggetal, das mit dem Bau der Talsperre zwischen Attendorn und Olpe verschwand. Von Trauer um den Verlust der Heimat, von einer seit über 50 Jahren versunkenen Welt.

Mit einer der größten landschaftsprägenden Veränderungen des südlichen Sauerlands im 20. Jahrhundert entstand aber auch eine neue Kulturlandschaft. Und ein neuer Erlebnisraum. Zwei Seiten ein und derselben Medaille.

Wesentliches Geschehen

„Mein Vater hat es nie richtig verwunden. Und er war bei weitem nicht der Einzige. Für uns Kinder war das Fluten eine Sensation“, sagt Wolfgang Keseberg. „Ich gehöre ja fast zu den Letzten, die davon erzählen können.“ Der 71-Jährige war 15 Jahre alt, als am 5. November 1965 die Schotten dicht gemacht wurden und die Wassermassen kamen. Den weitaus größten Teil seines Daseins hat er also am See verbracht und wie viele Nachkommen der einstigen Talbewohner das Leben dort gestaltet. In dem einst neu aufgebauten Dorf Sondern am südlichen Teil des Sees. Keseberg ist Seniorchef der Lux Werft & Schifffahrt GmbH, deren Weiße Flotte auf dem Biggesee fährt, und ebenso Kapitän, wenn inzwischen auch im Ruhestand. „Ich hatte eine Ausbildung zum Gastronomen und zum Koch gemacht. Und dann habe ich auf einem Schützenfest meine Frau kennengelernt. Ihr Vater war Gründer der Werft. Nun ja, den Rest können Sie sich denken.“

Wolfgang Keseberg kennt noch die Prozessionen durch das alte Tal. Als Messdiener war er dabei. Das „irgendwie komische Gefühl“ bei den ersten Schiffsprozessionen, wenn man über die versunkenen Dörfer fuhr, mag er kaum beschreiben. Und er betont die symbolische Dimension, die das wesentliche Geschehen bis heute zum Ausdruck bringt. „Die erste Segensstation auf dem See ist dort, wo die Vorgängerin unserer heutigen Kirche war. Zuletzt stand sie unter Brückenpfeilern, bevor sie 1965 kurz vor dem Einstau abgerissen wurde.“ Er hat noch ein Foto rausgesucht. Es zeigt den Hof der Familie von Erzbischof Caspar Klein, der in einem kleinen Weiler unweit des ehemaligen Gotteshauses aufwuchs und oft und gerne in seine Heimat gekommen sein soll.

 Gute Stimmung, beten und singen

Am Dienstag vor Christi Himmelfahrt treffen sich viele Menschen im Schiffsschuppen der Familie Keseberg. 300 Meter Girlande wollen gebunden werden. Damit wird die Weiße Flotte geschmückt. Ebenso mit Fahnen und frischen Birken. Und es gibt schön dekorierte Altäre. Auf den Schiffen und an den Segensstationen im Dorf, wo der Schlussgottesdienst stattfindet, bevor man zum gemeinsamen Frühstück in die Biggeseehalle einkehrt. Überall sind helfende Hände am Werk. Darüber, dass hier Christi Himmelfahrt noch nach seinem kirchlichen Gehalt wahrgenommen wird, hat Keseberg keine Zweifel.

„Die Vorbereitungen und der Feiertag selbst sind für uns etwas ganz Besonderes. Sonst kämen nicht mehrere hundert Menschen zusammen. Es ist sehr gesellig, alle sind gut gestimmt, es wird gebetet und gesungen, der Glaube, die religiöse Gesinnung sind spürbar und sichtbar. Ja, dieser Tag passt für uns in die Zeit“, erzählt er, dass man unter den Organisatoren kürzlich genau das zum Thema gehabt habe. „Natürlich merken wir, dass die Bindung insbesondere der jüngeren Menschen verloren geht. Aber wir haben beschlossen, die Tradition der Prozession hochzuhalten.“

Ihren Ursprung hat die Schiffsprozession in einer jahrhundertealten großen Flurprozession, die durch alle Orte des weitverzweigten Kirchspiels Rhode führte und einen ganzen Tag dauerte. Wann genau sie entstand, ist nicht bekannt. Erste Überlieferungen stammen aus dem 18. Jahrhundert. Später soll ein Pfarrer Sievering (1899-1926) vier Prozessionswege eingerichtet haben, so dass nur alle vier Jahre derselbe Weg gegangen wurde. „Die Ordnung besteht bis heute, auch wenn die Prozessionen einen anderen Verlauf nehmen und in den Jahren, in denen wir dran sind, auf dem See stattfinden“, erzählt Keseberg.

In Gottes Namen

2015 fand die bisher letzte Schiffsprozession statt. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Talsperre hatte man den Seeweg ausgeweitet: Erstmals führte er auch über das alte Listernohl am nördlichen Ende der Talsperre – wie Sondern ein Dorf, das neu aufgebaut wurde. Auch hier ist die Segensstation auf dem See an dem Ort, wo einst die Dorfkirche stand. In diesem Jahr werden die Neu-Listernohler Bürger wieder dabei sein. Der ganze See wird zu einem identitätsstiftenden kulturellen Ort in der Balance zwischen Gott und Mensch, Vergangenheit und Zukunft.

Wenn Wolfgang Keseberg am frühen Morgen von Christi Himmelfahrt an Bord geht, wird er die Schiffsglocke läuten. So wie er es immer tut, sobald er eines seiner Schiffe betritt. Das, so sagt Keseberg, sei ihm sehr wichtig: „Ding, ding, ding …“ Der alte Schiffergruß aus Zeiten, in denen nur die Sterne und Gottvertrauen dem Seemann den Weg wiesen. Drei Mal drei Schläge, was bedeutet „In Gottes Namen“. Um Gott anzurufen und die Reise im Himmel anzumelden …

Der Biggesee ist die größte Talsperre Westfalens und fünftgrößte Deutschlands. Damit sie gebaut werden konnte, mussten fast 2.800 Menschen ihre Häuser, Höfe, Betriebe und damit ihre Heimat verlassen. Es war damals eine der größten Baustellen Europas. Insgesamt wurden 5,5 Millionen Kubikmeter Bodenmasse bewegt. Für den Straßen- und den Eisenbahnverkehr war die Anlage von insgesamt 34 Brücken notwendig, von denen zwei als architektonisch bemerkenswerte Doppelstockbrücken gebaut wurden. Entscheidend für den Bau der Biggetalsperre war die hohe Wasserentnahme aus der Ruhr für Trink- und Brauchwasser. Durch die Ballung von Bergbau, Industrie und Kraftwerken im Industriezeitalter verzeichnete das Ruhrgebiet einen hohen Brauchwasserbedarf (Quelle: Landschaftsverband Westfalen-Lippe).

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Ein Beitrag von:
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Birgit Engel

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