Warm strahlt das Licht hinaus in die klare, kalte Winternacht und lässt die Dorfkirche in Adorf, einem Ortsteil der nordhessischen Gemeinde Diemelsee, heimelig wirken. Den Menschen ein Gefühl von Heimat, von Wärme und Geborgenheit zu spenden, das kommt dem ursprünglichen Zweck von St. Marien sehr nahe. Erbaut wurde die Kirche im Jahr 1950, und notwendig geworden war ihr Bau, weil nach dem Zweiten Weltkrieg viele katholische Heimatvertriebene und Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten ins ursprünglich protestantische Waldeckische kamen. Ringsum bauten die Neuankömmlinge in Adorf ihre typischen Siedlungshäuschen und benannten die Straßen nach der alten Heimat: Sudetenstraße, Schlesische Straße, Ostpreußenstraße. Ihre Kirche aber bildete die räumliche und geistliche Mitte der neuen Siedlung.
Ankommen, neue Wurzeln schlagen, eine Existenz aufbauen, das ist auch Walter Wistuba gelungen. Er kam ebenfalls aus Oberschlesien nach Adorf, allerdings zwei Generationen nach den Flüchtlingen und Heimatvertriebenen der direkten Nachkriegszeit. Als 1990 der Eiserne Vorhang fiel, packte er als junger Mann das Nötigste zusammen, verabschiedete sich von seinen Lieben und ging in den Westen. Eine Anstellung fand er in Brilon als Maschinenführer in einem Metallbetrieb, seinem ersten Arbeitgeber hält er seither die Treue. Wurzeln aber schlug er in Adorf – und mit ihm viele weitere Deutschstämmige, die zeitgleich mit ihm aus Polen und vor allem aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland auswanderten.