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© Aygul Sarvarova / Shutterstock.com
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Licht und Liebe sein: Was Pauline in Minden begann, setzt die Wärmestube fort

Die Wärmestube St. Nikolai in Minden ist Hoffnungsort des Erzbistums Paderborn für den Dezember des Heiligen Jahres 2025 – ein Ort, an dem das segensreiche Wirken der Schwestern der Christlichen Liebe und nicht zuletzt ihrer Gründerin Pauline von Mallinckrodt noch spürbar ist.

Wenige Kilometer weiter im Süden hat die Weser an der Porta Westfalica das Weser- und Wiehengebirge durchbrochen. Nun fließt der Strom gemächlicher, denn hier beginnt die Norddeutsche Tiefebene. Minden ist uralte Bistumsstadt, wobei das Bistum faktisch nach der Reformation und rechtlich nach dem Westfälischen Frieden unterging. Noch heute ist Minden mehrheitlich protestantisch, allerdings mit einem katholischen Einschlag. Denn hier in Minden gibt es immer noch eine katholische Domgemeinde.

Hier wurde auch die selige Pauline von Mallinckrodt, Gründerin der Kongregation der Schwestern der Christlichen Liebe, geboren. Im Jahr 1817 am Tage des 3. Juni morgens zur 4. Stunde, wie es der im Erzbistumsarchiv von Paderborn liegende Taufbucheintrag minutiös festhält. Etwas von ihrem Geist ist in Minden bis heute spürbar. Und das hat nichts mit dem Klang der Mallinckrodt-Glocke im Geläut des Doms zu tun. Sondern mit christlicher Nächstenliebe.

Die Archivalie des Monats Dezember 2025: Der Taufbucheintrag der 1817 in Minden geborenen, 1881 in Paderborn verstorbenen und 1985 seliggesprochenen Pauline v. Mallinckrodt

Im Jahr 1817 am Tage des 3. Juni morgens zur 4. Stunde wurde in Minden geboren aus der legitimen Verbindung des Herrn Detmar Christian Carl Mallinckrodt, gebürtig aus Dortmund, [Vize-]Direktor der königliche preußischen Regierung in Minden, und der Maria Anna Bernardina von Hartmann, gebürtig aus Paderborn, Eheleute, die erstgeborene Tochter Maria Bernardina Sophia Paulina Mallinckrodt *), die ich, Ildephons Buse, 1. Pfarrer der Kathedralkirche zu Minden, am 9. desselben Monats zur 4. Stunde nachmittags wegen Schwäche im Haus des Propstes zu St. Martini, Schröder, in dem die Eltern wohnen, feierlich im römisch-katholischen Ritus getauft habe. Sie wurde aus der heiligen Taufe gehoben durch die Großmutter Frau Maria Bernardina von Hartmann, geb. von Peinen, Ehefrau des Hofrats von Hartmann, Paderborn, und benannt nach der abwesenden Mitpatin Frau Sophia Paulina Schaefern, geb. Bielefeld, Ehefrau des Herrn Richters Schaefer in Dortmund.

 

(Übersetzung des Erzbistumsarchiv Paderborn aus dem Lateinischen)

Foto Erzbistumsarchiv Paderborn
Signatur Propsteipfarrei St. Gorgonius und Petrus Ap. Minden, Kirchenbuch Band 3, Taufen 1801–1833, S. 120
Entstehungsdatum 1817, mit Nachträgen, u. a. Seligsprechung 1985
Provenienz Kirchenbücher der Propsteipfarrei St. Gorgonius und Petrus Ap. Minden
Literaturangaben https://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/finde/langDatensatz.php?urlID=536&url_tabelle=tab_person
https://data.matricula-online.eu/de/deutschland/paderborn/DE_EBAP_33506/KB003-02-T/?pg=120

Die Weser ist für die Entwicklung der Stadt Minden von enormer Bedeutung und auch diese Geschichte beginnt am Fluss. Dort, unter der Weserbrücke, haben die Obdachlosen und aus der Gesellschaft Ausgestoßenen ihre Nachtlager aufgeschlagen. Das war schon immer so. Ebenfalls eine Konstante war, dass die hungrigen Obdachlosen nach überstandener Nacht in der Stadt an die Klosterpforten klopften. Wer den Weg dorthin nicht fand, wurde noch in den 1990er-Jahren von Schwester Lioba, einer tatkräftigen Franziskanerin, unten am Fluss aufgeklaubt und in die Stadt mitgenommen.

Hier gibt es Herzenswärme

Seit 1993 haben die Menschen von der Straße jedoch ein neues Ziel. Es ist die Wärmestube St. Nikolai. Der Name Wärmestube hört sich vielleicht etwas ältlich an. Aber dort gibt es tatsächlich viel Wärme: eine warme Mahlzeit zum symbolischen Preis von einem Euro, eine heiße Dusche, einen Platz an der Heizung und die Möglichkeit, verschmutzte Kleidung waschen zu lassen. „Vor allem gibt es Herzenswärme“, erklärt Susanne Leimbach, Vorständin beim Caritasverband Minden und Geschäftsführerin beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF). Diese Herzenswärme der Einrichtung beginnt schon damit, dass auf eine entwürdigende Bedürfnisprüfung verzichtet wird. „Wer zu uns kommt, ist bedürftig“, stellt Susanne Leimbach klar.

Diese Bedürftigkeit gilt nicht allein für die Obdachlosen unter der Weserbrücke. Auch für die älteren Menschen aus der oberen Altstadt, die einen immer größeren Teil ihrer schmalen Rente für die Miete aufbringen müssen und damit immer weniger zum Leben haben, ist die Wärmestube St. Nikolai eine Anlaufstation und ein Hoffnungsort zugleich. Die Wärmestube ist nicht nur für die Menschen auf der Straße da, sondern auch für die Menschen in kalten und beengten Wohnungen.

Getragen wird die Einrichtung von der Mindener Caritas, aus Spendenmitteln und vor allem von viel ehrenamtlichem Engagement. Und daneben gibt es noch kleinere Einnahmen aus der Essensausgabe. Wer von den Gästen Geld für ein Essen übrig hat, wirft ein paar Münzen zusätzlich in die Spendendose. Wer gar kein Geld hat, muss nicht hungrig gehen. Kostenloses Essen wird aber eher selten ausgegeben. In der Regel findet sich unter den Gästen der Wärmestube St. Nikolai immer jemand, der einen anderen zum Essen einlädt.

Arm – und nicht sozial schwach

„Gerade unter den Armen ist die Solidarität groß“, weiß Susanne Leimbach aus ihrer Erfahrung. Arme sind eben nicht „sozial schwach“, wie es so oft heißt. Armut ist keine Schwäche, Arme sind arm. Armut macht oft schwach. Schwach und einsam. Doch auch im Kampf gegen die Einsamkeit und gegen die damit verbundenen Folgeerkrankungen ist auf die Wärmestube Verlass. Wer unter den Gästen Anschluss sucht, macht schnell neue Bekanntschaft. Vieles entwickelt sich in dieser Gemeinschaft von allein. Kommen neue Gesichter dazu, sorgen die ehrenamtlich Engagierten mit einigem Geschick für eine gute Aufnahme in der Gruppe. Und natürlich haben sie für jedes Anliegen ein offenes Ohr. Das Ergebnis: In der Wärmestube wird viel und herzlich gelacht. Und wo gelacht wird, da ist Hoffnung.

Pauline von Mallinckrodt und die Schwestern der Christlichen Liebe

Am 30. April gedenken Gläubige im Erzbistum Paderborn und die Schwestern der Christlichen Liebe weltweit der seligen Ordensgründerin Pauline von Mallinckrodt (1817–1881). Sie steht in der Reihe der Frauen des 19. Jahrhunderts, die die Not jener Menschen sehen, die von Kapitalismus und Industrialisierung benachteiligt und an den Rand gedrängt werden – und handeln.

Ihr Weg führte als 7-Jährige mit ihrer Familie weg von Minden, erst nach Aachen und dann über Büren nach Paderborn, wo sie ihren Orden gründete. Dort verstarb sie 1881 an einer Lungenentzündung und ist in der Conradus-Kapelle auf dem Schwesternfriedhof beerdigt.

„Lass mich sein wie eine Lampe vor dem Allerheiligsten“: Mehr zum segensreichen Wirken der Ordensgründerin Pauline von Mallinckrodt und ihrer Schwestern der Christlichen Liebe erfahren Sie in diesem Beitrag.

Freigeist im Rollstuhl

In der Anfangszeit der Wärmestube war es die Franziskanerin Schwester Lioba, die in Minden den Ruf eines Engels der Obdachlosen und Vereinsamten erwarb. Später übernahm diese Rolle Schwester Annette Stuff von den Schwestern der Christlichen Liebe – also dem Orden, den Pauline von Mallinckrodt im 19. Jahrhundert gegründet hatte. Die Ordensgemeinschaft ging seinerzeit aus der privaten Blindenanstalt der Ordensgründerin hervor. Das Sozial-Caritative stand demnach bereits an der Wiege der Schwestern der Christlichen Liebe. Oder, weniger hölzern ausgedrückt: Die Liebe zählt nicht, nur die Liebe zählt. Die Mindener Niederlassung der Schwestern der Christlichen Liebe bestand von 1943 bis 2020. Über den Wegzug ihrer Mitschwestern hinaus verblieb Schwester Annette als letzte Ordensschwester bis September 2024 in Minden und leitete dort die Wärmestube, trotz ihrer Schwerbehinderung. Sr. Annette trug gern zu Nikolaus Geschichten vor und auch mal etwas aus der Lebensgeschichte von Pauline von Mallinckrodt. „Pauline – die ist ja wie eine von uns“ oder „Das ist unsere Pauline!“ kam es von den Besuchern zurück. Nicht zuletzt erinnert in direkter Nachbarschaft zur Wärmestube ein Bild im Kirchenfenster der St.-Mauritius-Kirche sowie ein eigens nach ihr benannter Platz an die Selige, die in Minden geboren wurde.

Schwester Annette brachte – wie Pauline – viel Licht zu den Menschen: Für Caritas-Vorständin Susanne Leimbach war und ist sie ein Aushängeschild ihrer Ordensgemeinschaft: „In der ganzen Stadt war sie bekannt. Mit ihrem Elektrorollstuhl kam sie überall hin. Sie war ein Freigeist im Rollstuhl.“ Als vor einigen Jahren der geparkte Rollstuhl entwendetet und danach beschädigt aufgefunden wurde, ließ sich die Stadtgesellschaft jedenfalls nicht lumpen. Das Spendengeld für die Reparatur war schnell aufgetrieben.

Von Minden zu Schwester Annette nach Paderborn: Das wird ein Hallo geben!

Leider musste Schwester Annette die Leitung des Hoffnungsortes 2024 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben und lebt nun in einem vom Verbund katholischer Altenhilfe (VKA) getragenen Altenheim in Paderborn. „Ihr Bewegungsdrang ist ungebrochen, doch die Möglichkeiten, diesen in ihrer neuen Umgebung auszuleben, sind bedauerlicherweise begrenzt“, sagt Susanne Leimbach. „Hier in Minden ist sie unvergessen. Deshalb machen wir uns in diesem Jahr noch vor Weihnachten als 15-köpfige Gruppe von Minden auf nach Paderborn und besuchen Schwester Annette. Auf eines kann sich das Altenpflegeheim gefasst machen: Wenn wir aus Minden kommen, wird es ein Hallo geben!“ Und übrigens sind sie dann auch auf den Spuren der seligen Pauline unterwegs: Sie setzte einst ihr Wirken in Paderborn fort, wo bis heute das Haus Maria Immaculata in ihrem Sinne wirkt und vor allem auch Exerzitien anbietet.


Spendenkonto der Wärmestube:

Caritasverband Minden e.V.
IBAN: DE59 3706 0193 1050 6660 06
Stichwort „Wärmestube“

Die Archivalie des Monats

Das Erzbistumsarchiv ist das Gedächtnis unserer Erzdiözese. Es sichert und erschließt die schriftliche Überlieferung und macht Geschichte allgemein zugänglich. Und das sogar kostenlos. Selbst die wertvollsten Archivstücke können Sie sich werktäglich zu den Öffnungszeiten des Erzbistumsarchivs ansehen. Darunter sind selbstverständlich auch die Stücke, die wir Ihnen in unserer Reihe „Die Archivalie des Monats“ vorstellen.

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Geöffnet Montag-Donnerstag, 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr

Ein Hinweis für alle genealogisch Interessierten: Die digitalisierten Kirchenbücher des Erzbistums Paderborn finden Sie auf

Matricula

Ein Beitrag von:
© Jürgen Hinterleithner
freier Autor

Hans Pöllmann

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