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„Hörst Du mich?“ findet überkonfessionell Gehör

Ambulante ökumenische Hospizhilfe Siegen e.V. ein Beispiel für gelebte Ökumene.

Themenspecial „Einheit“: Ambulante ökumenische Hospizhilfe Siegen e.V. ein Beispiel für gelebte Ökumene

Im evangelisch geprägten Siegerland wird seit Jahren eine gute Ökumene gelebt. Die ökumenische Autobahnkirche an der A45 ist dafür auch ein signifikantes Beispiel. In vielen Bereichen gibt es gute Zusammenarbeiten. Die Ambulante ökumenische Hospizhilfe Siegen e.V. ist eins von vielen erfolgreichen Beispielen aus der südlichsten Region des Erzbistums Paderborn, das gelebte Ökumene verdeutlicht und die Stärken aufzeigt.

Projekt richtet sich an Kinder und Jugendliche lebensbedrohlich erkrankter Eltern

„Hörst du mich?“ – das ist das jüngste Projekt einer sehr erfolgreichen Kooperation zwischen dem Caritasverband Siegen-Wittgenstein und der Ambulanten ökumenischen Hospizhilfe Siegen e.V. „‘Hörst du mich?‘ richtet sich an Kinder und Jugendliche lebensbedrohlich erkrankter Eltern im Kreis Siegen-Wittgenstein und bietet Informationen, Beratung und Begleitung für Kinder, Jugendliche, Eltern, Angehörige und Multiplikatoren an“, stellt Projektleiterin Katharina Jung (Caritas) die Ziele vor.

2017 wurde das bemerkenswerte Projekt ins Leben gerufen. „Ein Jahr zuvor haben wir gemerkt, dass Familien mit Kindern Hilfe benötigen, wenn ein Elternteil schwer erkrankt. Wir brauchten ein Angebot, und konnten auf Katharina Jung zurückgreifen, die uns der Himmel im richtigen Moment geschickt hatte. Sie hat ein Konzept erstellt, was großartig angekommen ist“, erinnert sich Iris Dittmann, Leiterin der beratenden Dienste im Caritasverband Siegen-Wittgenstein. Heute profitieren neun Familien mit insgesamt 15 Kindern von dieser Idee, die komplett auf Spenden basiert.

Katharina Jung brennt für dieses Projekt

Katharina Jung brennt für dieses Projekt. Während ihres Studiums zur Sozialpädagogin und Sozialarbeiterin an der Uni Siegen hatte sie 2012 ein Praktikum beim ambulanten Hospizdienst gemacht. Hospiz sei für sie das Thema gewesen, da sie immer wieder in ihrer Arbeit damit konfrontiert werde: „Über Kinder krebskranker Eltern wollte ich meine Abschlussarbeit schreiben, habe aber erst nach längerer Überzeugungsarbeit eine Dozentin gefunden, die von diesem Vorhaben auch begeistert war“, ist das Projekt für Katharina Jung zur Herzensangelegenheit geworden: „Wenn ein Elternteil schwer krank wird, werden die Sorgen und Ängste der Kinder oft nicht gesehen“, macht Jung auf ein großes Problem aufmerksam: „Wenn Kinder krank werden, können sich die Eltern stark machen. Umgekehrt geht das nicht.“

200.000 Kinder betroffen

Sie bemängelt fehlende Versorgungsstrukturen in Deutschland und manche Grauzone bei der Zuständigkeit. Zahlen aus der Statistik untermauern die Sorgen: 200.000 Kinder sind in Deutschland betroffen, von denen ein Elternteil an Krebs erkrankt ist. 400.000 Kinder sind es sogar, die ohne Vater oder Mutter auskommen müssen, weil einer von beiden plötzlich verstorben ist oder Suizid begangen hat.

“Problematik muss der Gesellschaft präsent gemacht werden”

„Wir müssen ein offenes Ohr für die Fragen und Problem der Familien und besonders der Kinder haben“, fordert Katharina Jung, die aus ihrer Erfahrung weiß, dass Kinder oft nicht über Sorgen sprechen wollen: „Sie trauen sich nicht ihren Eltern etwas zu sagen, weil sie Angst haben, Mama oder Papa weiter zu belasten, obwohl sie schon krank sind.“ Dabei hätten die Familien neben der gesundheitlichen hochgradigen Not auch noch finanzielle Probleme, so dass sie oft an der Armutsgrenze  ständen. Jung sieht da noch Mängel in der Gesetzgebung und hofft, dass dieses Thema noch mehr in der Gesellschaft präsent und öffentlich wird.

In den letzten vier Jahren ist es „Hörst du mich?“ gelungen, ein großes Netzwerk aufzubauen. Zudem konnten Caritasverband Siegen-Wittgenstein und Ambulante ökumenische Hospizhilfe Siegen e.V. 18 ehrenamtliche Begleiterinnen und Begleiter ausbilden, von denen einige vorher schon in der Hospizarbeit verankert waren und somit einen guten Zugang haben. „Wir müssen aber auch Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern das nötige Rüstzeug mit an die Hand geben“, ist Katharina Jung voller Tatendrang. „Das Projekt hat auch einen präventiven Ansatz. Wenn die Familien keine Hilfe bekommen, manifestieren sich psychische Erkrankungen. Das muss vermieden werden.“

Auf Spenden angewiesen

In der Arbeit ist „Hörst du mich?“ auf Spenden angewiesen und setzt auf das Ehrenamt. Zum Start gab es gute Unterstützung von „Aktion Mensch“ (Förderorganisation in Deutschland für soziale Förderprojekte für Menschen mit und ohne Behinderung) und in den Stadtgrenzen unterstützt auch die Stadt Siegen.

Die Ambulante ökumenische Hospizhilfe Siegen e.V. ist aus einer Initiative entstanden, die bereits 1994 zwei evangelische Pfarrer in Siegen ins Leben gerufen haben. Parallel zur Planung eines stationären Hospizes sollte auch eine ambulante Betreuung ermöglicht werden. „Eine kleine Gruppe begann mit der Arbeit und führte erste Ausbildungskurse durch“, blickt Gerrit Ebener-Greis, Vorsitzende der ambulanten ökumenischen Hospizhilfe, zurück. 1998 war die Gruppe nicht nur auf 15 Mitglieder angewachsen, sondern es erfolgte auch der Zusammenschluss: „Evangelische und katholische Frauen und Männer wollten die Aufgabe gemeinsam in die Hand nehmen. Die Arbeit war gut zusammengewachsen und verzahnt.“

Ökumene immer besonders herausgestellt

Mit der Gründung des Vereins wurde 2001 die Ökumene als wichtiges Merkmal hervorgehoben. Auch heute sei es den rund 60 aktiven Mitgliedern wichtig, dass beide Konfessionen zusammen in diesem Projekt arbeiten. „Unter einem ökumenischen Dach haben sich zwei Partner mit dem gleichen Ziel gefunden und entwickeln zusammen noch mehr Power“, bestätigt Iris Dittmann. Um die vielfältigen Aufgaben leisten zu können, liegt die Koordinationsstelle für Ambulante Hospizarbeit beim Caritasverband Siegen-Wittgenstein e.V., während das Ehrenamt aus dem Verein Ambulante ökumenische Hospizhilfe Siegen e.V. besteht.

„Empathie ist das A und O für Menschen, die bei uns mitarbeiten möchten. Kompetenz wird im Ausbildungskurs vermittelt. Außerdem müssen Interessenten Zeit mitbringen und die Bereitschaft, sich auch mit Verlusten auseinandersetzen zu können“, beschreibt Katharina Jung, die zu den Koordinatorinnen gehört, das Profil dieses Ehrenamtes. Oft seien es Menschen, die in den Ruhestand gehen, und nun eine sinnvolle Tätigkeit suchen. „Mittlerweile nehmen sich auch berufstätige Menschen für das Ehrenamt Zeit. Wir arbeiten bei der Suche aber auch mit Young Caritas und der Uni Siegen zusammen.“

100-stündige Ausbildung auf hohem Niveau

Eine 100-stündige Ausbildung bereitet die Interessenten für die ambulante Hospizbegleitung auf ihre Einsätze vor. Einem Einführungswochenende zum Start folgen Fortbildungen einmal wöchentlich. Die eigene Auseinandersetzung mit Verlust und der Umgang damit sowie die Bedeutung der palliativen Medizin sind Schwerpunkte in der Ausbildung. „Die Teilnehmenden hospitieren in unterschiedlichen Einrichtungen, um ein gutes Gefühl für die Arbeit zu bekommen“, erklärt Katharina Jung. Ortstermine bei Bestattern, Anleitung zum Umgang mit Menschen mit Demenz und Kommunikation runden eine abwechslungsreiche Ausbildung ab. „Wir zeigen auch die Grenzen von ehrenamtlichen Helfern auf und machen deutlich, welche Rolle sie als Helfer in den Familien haben.“

Ein Verbandswechsel sei nicht die Aufgabe des Hospizdienstes, aber Gespräche, Spaziergänge, einfach Da-sein, ergänzt Iris Dittmann: „Unsere Helferinnen und Helfer sitzen aber nicht nur am Bett, sondern sie begleiten – dazu können auch mal Konzertbesuche gehören.“ Die betroffenen Familien wenden sich an den ambulanten ökumenischen Hospizdienst, eine Koordinatorin nimmt dann Kontakt auf und schaut sich vor Ort die Situation an. „Dann folgt ein weiterer Besuch, zu dem ein passender Begleiter schon mitkommt, um dann vertrauensvoll seine Dienste angehen zu können“, stellt Dittmann den Ablauf vor. „Wir wollen damit dem Leben mehr Qualität geben“, führt Gerrit Ebener-Greis weiter aus, daher wünsche man sich, so früh wie möglich an Bord zu sein, um eine gute Beziehung aufbauen zu können für den schweren letzten Weg.

Begleiterinnen und Begleiter bestmöglich unterstützen

Eine Hilfe sei von den Angehörigen sehr oft erwünscht. Die Patienten wüssten oft, dass sie die Hilfe bräuchten, aber eigentlich wollten sie es nicht. „Daher sei das Ziel ‚Es passiert nichts, was du nicht willst‘ in der Arbeit wichtig.“ Und natürlich gehe man dort hin, wo die Menschen den Hospizdienst rufen würden, so Gerrit Ebener-Greis.

Aber auch auf die Begleiterinnen und Begleiter achten Hospizhilfe und Caritas. „Sie sollen eine gute Begleitung bekommen. Wir wollen sie bestmöglich bei ihrer Tätigkeit unterstützen“, sagt Katharina Jung. Im vierwöchigen Rhythmus gibt es Gruppentreffen, in denen sich auch Zeit für Fallbesprechungen genommen wird. Jährlich findet eine Fortbildung statt. Auch die Möglichkeiten einer Supervision oder einer Beratung über die Telefonseelsorge werden für die Frauen und Männer der ambulanten ökumenischen Hospizhilfe angeboten.

Zu den weiteren Beiträgen des Themenspecials "Einheit"

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