logocontainer-upper
Erzbistum Paderborn
logocontainer-lower

Reliquie des seligen Niels Stensen: Erinnerung und Verpflichtung

Kirchenhistoriker und Theologe Privatdozent Dr. Frank Sobiech über den seligen Niels Stensen

Für das Erzbistum Paderborn war es ein besonders wertvolles Geschenk, als im Oktober 2019 eine Reliquie des seligen Niels Stensen an Weihbischof Hubert Berenbrinker für den Paderborner Dom übergeben wurde. Niels Stensen war von 1680 bis 1683 Weihbischof in Paderborn, er wurde 1988 durch Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Privatdozent Dr. Frank Sobiech stellt in einem Gespräch den Seligen vor. Der Theologe und Historiker Dr. Frank Sobiech lehrt an der Theologischen Fakultät Paderborn am Lehrstuhl für Kirchengeschichte und Patrologie.
Am Christkönig-Sonntag, 22. November 2020, wird im Kapitelsamt um 10 Uhr eine Reliquie des seligen Niels Stensen in eine eigens gefertigte Schauvitrine eingefügt und dann dauerhaft in der Vitus-Kapelle des Paderborner Domes den Gläubigen zur Verehrung zugänglich sein. Der Gottesdienst mit Weihbischof Hubert Berenbrinker wird auch via Live-Stream im Internet übertragen und kann so mitgefeiert werden.

Dr. Sobiech, wenn Sie die Person Niels Stensen in wenigen Sätzen beschreiben müssten: Wer war dieser Mensch?

Dr. Frank Sobiech

Stensen war ein bedeutender Anatom, Begründer der Geologie, Konvertit, Priester und Bischof. Das, was an diesem Menschen so faszinierend ist, ist die große Spannweite seines Wirkens, gleichermaßen bedeutend für Naturwissenschaft und Kirche. Stensen war weder ein Besitzstandswahrer noch ein Nachlassverwalter des Glaubens, sondern ein moderner hl. Nikolaus von Myra, der übrigens auch sein Namenspatron war.

Was waren die markantesten Punkte in seiner Biografie?

Dr. Frank Sobiech

Seine Entdeckung als Student 1662/63 in Leiden, dass das menschliche Herz ein Muskel ist, seine innere Konversion am Abend des Allerseelentages 1667 in Florenz, seine Begründung der Geologie als Wissenschaft in Florenz 1669, und ganz sicherseine Priesterweihe 1675 in Florenz und seine Bischofsweihe 1677 in Rom.

Man muss sich die Spannweite seines Wirkens einmal gedanklich anhand eines Beispiels vor Augen halten: So ist beispielsweise der Ort Marienloh nordöstlich von Paderborn mit Stensen dadurch verbunden, dass er, der europaweit bekannte Anatom, später als Begründer der wissenschaftlichen Geologie gerühmt, hier am 1. August 1680 den ersten Kirchbau, eine Loretokapelle, weihte. Das ist der Grund, warum nach ihm das „Niels-Stensen-Haus“ neben der jetzigen Kirche benannt wurde.

Stensen konnte sich mit dem auf seine Adelsprivilegien pochenden deutschen Diözesanklerus nie recht anfreunden. Seine Amtsführung als Weihbischof wurde vom Domkapitel in Münster hintertrieben. Nicht zufällig erschien die von Stensen verfasste Handreichung für die Pfarrer 1684 und 1685 in Florenz, wo sie auch in italienischer Übersetzung den Diözesanklerus der Toskana formen half. Am 1. September 1683 verließ Stensen Münster aus Protest gegen die dortige simonistische Bischofswahl: Geld und für die eigenen Ideen in Anspruch genommener Heiliger Geist gingen hier eine unheilvolle Verbindung ein. Die erfolgte Wahl des Maximilian Heinrich von Bayern wurde aufgrund Stensens Berichterstattung von Rom auch nie anerkannt.

Stensen blieb auch nach seiner Priesterweihe innerlich Naturwissenschaftler; so begann er circa 1684 in Hamburg privat mit anatomischen Aufzeichnungen zu Nerven und philosophischen Fragen.

Niels Stensen studierte zunächst Medizin und Anatomie. Weihbischof Berenbrinker kennzeichnete ihn als einen „leidenschaftlichen Forscher“. An welchen Beispielen wird für Sie dieser Entdecker-Drang deutlich?

Dr. Frank Sobiech

Stensen gelang bereits als 22-jähriger Student im Frühjahr 1660 in Amsterdam seine erste Entdeckung, der Ausführungsgang der Ohrspeicheldrüse. Obwohl ihm ein Universitätslehrstuhl in seiner Heimatstadt Kopenhagen versagt blieb ‒ zum Glück, muss man heute sagen, denn dann hätte sein Lebensweg wohl einen anderen Verlauf genommen ‒, blieb er der Wissenschaft treu, hielt 1665 einen wegweisenden Vortrag über die Gehirnforschung in Paris und begründete 1669 als am Hof der Medici in Florenz angestellter Wissenschaftler sogar eine neue Wissenschaft, die Geologie. Mit beidem beschäftigte sich im Mai 2019 eine international besetzte Tagung an der Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz (PUSC) in Rom.

Stensen blieb auch nach seiner Priesterweihe innerlich Naturwissenschaftler; so begann er circa 1684 in Hamburg, als die Querelen der dortigen katholischen Gemeinde ihm stark zusetzten, privat mit anatomischen Aufzeichnungen zu Nerven und philosophischen Fragen. Er setzte als Bischof auch ganz unkonventionell hin und wieder anatomische Herzsektionen zu pastoralen Zwecken ein. Stensen führte zwar beispielsweise in der Geologie nach eigenen Worten eine „Neuheit“ (novitas) ein, näherhin die Evolution der Erdformationen mit kirchlichem Imprimatur, war als Katholik aber nicht heterodox. Die Bedeutung Stensens für die Erforschung der menschlichen Geschlechtlichkeit und das moderne Verständnis von Sexualität ist bisher viel zu wenig im Bewusstsein. So hatte schon Karl Kardinal Lehmann auf der Herbstvollversammlung 1991 der Deutschen Bischofskonferenz auf Stensens diesbezügliche Bedeutung hingewiesen.

1667 konvertierte Stensen zur katholischen Kirche. Was hat ihn dazu veranlasst?

Dr. Frank Sobiech

In besonderer Weise war es das Erlebnis der Fronleichnamsprozession in Livorno am 24. Juni 1666, was Stensen einen ersten, wenn auch sehr starken Impuls zur Konversion gab. Nach dem konfessionell einheitlichen Dänemark hatte ihm aber bereits die Zerrissenheit der christlichen Konfessionen in den Niederlanden zu denken gegeben.

In Florenz verkehrte Stensen im gesellschaftlichen Zirkel des Luccheser Botschafters Arnolfini und dessen Ehefrau Lavinia (1631-1710). Nach einem einschneidenden Gespräch mit dieser studierte er in der noch heute bestehenden Biblioteca Laurenziana unter anderem die Bibel in ihren Originalsprachen. Nichts konnte ihn aber dazu bewegen, bei seinen Einkäufen bei Schwester Maria Flavia Del Nero in der Apotheke des Florentiner Annalenaklosters das Ave Maria mit der um ihn gleichermaßen besorgten Schwester weiter zu beten als „die Frucht deines Leibes“. Beobachtung und Analyse mündeten schließlich in seine Konversion, bei der aber ausschlaggebend die Gnade war, die die „Fesseln“ bei ihm gelöst habe, wie Stensen später selbst mit dem Psalmisten bekannte (Ps 116,16f.).

Die ihn laut eigenem Bekenntnis durch „Geburt und Vaterland“ seit Kindheit an den lutherischen Glauben bindenden Bande waren zu fest für allein menschliches Bemühen. Eine am 2. November 1666 in Gedanken falsch genommene Florentiner Straße, ein Ruf aus dem Fenster durch Frau Arnolfini, der Stensen in seine Gedanken fuhr, löste bei ihm auf dem Weg zum Jesuitenkolleg San Giovannino, dem heutigen staatlichen humanistischen Gymnasium Galileo, einen Prozess aus, so dass er am Ende des Wartens im dortigen Sprechzimmer dem mit Büchern für die Diskussion zurückkehrenden Pater Emilio Savignani SJ (1605-1678) bekannte, dass keine weiteren Argumente mehr nötig seien, um ihm die Wahrheit, die ihm bereits klar enthüllt worden sei, zu beweisen. Stensens Konversion weist hier eine Ähnlichkeit mit derjenigen von André Frossard (1915-1995) auf, der sich 1935 als Atheist in der Kapelle der Schwestern von der Sühnenden Anbetung in der Rue d’Ulm in Paris von einem Augenblick zum anderen zum katholischen Glauben bekehrte. Bei Stensen geschah Ähnliches, wenn auch mit längerem Vorlauf; er bekannte selbst im Mai 1680 in Hannover während eines Religionsgesprächs, dass er sich am Rande des Atheismus befunden hatte. Die lange Nichtpraktizierung der ererbten Religion und die tiefe Verunsicherung durch die erlebte Religionsvielfalt ließen in ihm anschließend eine Art von philosophischem, von den konfessionellen Banden gelockertem Glauben an einen Weltbaumeister entstehen.

Er entschied sich sogar für ein Leben als Priester und wurde 1677 zum Bischof geweiht und später Vikar für die Missionen in Skandinavien. Worin sehen Sie diese berufliche und persönliche „Wende“ begründet?

Dr. Frank Sobiech

In seinem wachsenden persönlichen Unbehagen mit seiner bisherigen Lebensform, kulminierend im Herbst 1674, wie aus seinem auf der Rückreise aus Kopenhagen nach Florenz verfassten Brief an Giovanni Battista Pacichelli (ca. 1641-1695), der an der Kölner Nuntiatur arbeitete, hervorgeht. Der schon zu seiner Zeit berühmte Jesuitenforscher Athanasius Kircher SJ (1602-1680) in Rom, der übrigens am Paderborner Jesuitenkolleg Novize gewesen war und an der Academia Theodoriana, dem jetzigen Gymnasium Theodorianum, bis 1622 Philosophie studiert hatte, wollte 1675 von Stensen wissen, was sein Beweggrund gewesen sei, Priester zu werden. Stensen nannte ihm die tägliche Feier des Messopfers „für mich und andere“ als „Danksagung für die Wohltaten“ Gottes und „Abbitte für die Sünden“. Stensen war keine Messe zu lang; es gibt hierfür Zeugnisse.

Man hat hier einen Bruch im Leben des Wissenschaftlers Stensen konstatiert: die erste Lebenshälfte hell und heiter, die zweite Lebenshälfte düster-asketisch. Dazu ist zu sagen: Ja, dieser Bruch existiert in der Tat, ausgelöst durch Stensens nochmaliges Erleben der tiefen Zerrissenheit der Christen in den Niederlanden nach seiner Konversion und das dadurch geweckte theologische Interesse, das ihn die lange auf die Naturwissenschaft verwandte Zeit bedauern ließ. Andererseits blieb Stensen, auch wenn er nicht mehr in Anatomie und Geologie publizierte, seinem ganzen Wesen nach Naturwissenschaftler. So nahm er sich, als es ihm selbst in Hamburg seelisch schlecht ging und er sich nach Florenz zurücksehnte, privat wieder naturwissenschaftliche Fragen vor und las sogar Giordano Bruno, wie seine Exzerpte aus dieser Zeit, aufbewahrt in der Florentiner Nationalbibliothek, belegen. Frauen gegenüber war sein Verhalten ungezwungen. Stensen ist einer der durch Quellen bis in sein Privatleben bestbelegten frühmodernen Naturwissenschaftler.

Stensen ist eine innerchristliche Integrationsfigur, aber nicht im Sinne einer Ökumene, die die Unterschiede deshalb für nebensächlich hält, weil sie sie nicht mehr kennen will, sondern im Sinne einer Versachlichung. Stensen erteilte auf seinem Sterbebett auch den anwesenden Lutheranern seinen Segen.

Weihbischof Niels Stensen wirkte in Münster und Paderborn – was hat ihn ins Münsterland und nach Westfalen gebracht?

Dr. Frank Sobiech

Es war der Paderborner und Münsteraner Fürstbischof Ferdinand II. von Fürstenberg (1626-1683), welcher Stensen im März 1680 als Weihbischof für das Bistum Münster von Papst Innozenz XI. erbat und der sich bis zu seinem Tod 1683 auf Stensens Seite stellte. Stensen hatte vorher am Hof in Hannover im Fürstentum Calenberg gewirkt, aber durch den Tod des Herzogs Johann Friedrich (1625-1679), eines Konvertiten, und die Regierungsübernahme durch dessen Bruder Ernst August (1629-1698), einen Lutheraner, war ihm jegliche Pastoral verunmöglicht worden.

Stensen wurde nun offiziell Weihbischof von Münster, besaß aber Weihevollmachten auch für das Bistum Paderborn, wobei er im Juli 1680 am Paderborner Jesuitenkolleg, der heutigen Theologischen Fakultät Paderborn, an achttägigen Exerzitien zur Vorbereitung auf sein Amt teilnahm. Stensen blieb jedoch als gebürtigem Dänen die ihm auch aus Italien unbekannte, ab 1679 im Reich kennengelernte Institution der Fürstbischöfe, die geistliche und weltliche Macht in einem beinhaltete, suspekt.

Auch über Konfessionsgrenzen hinweg wird Niels Stensen für sein asketisches Leben und sein vorbildliches Wirken als Priester anerkannt. Worin äußerte sich das konkret?

Dr. Frank Sobiech

Zunächst einmal im Verborgenen, nämlich im Memento bei der täglichen Heiligen Messe bezüglich seiner verstorbenen lutherischen Verwandten und Freunde, was Stensen seinem ehemaligen Kopenhagener Lateinlehrer Ole Borch (1626-1690) Ende 1675 offenbarte. Dann in der Klarheit, Kürze und nüchternen Sachlichkeit seiner kontroverstheologischen Schriften, die in den 1670er Jahren in Florenz und Hannover im Druck erschienen. Ferner seine schlichte Lebensführung: Sein Bischofsstab war aus Holz und sein Bischofsring aus Messing.

Pater Johannes Sterck SJ (1630-1692), einer seiner Beichtväter, wies ihn wohl nicht ganz zu Unrecht auf die Gefahr hin, dass ein Ruf zu großer Strenge auch die pastoralen Wirkmöglichkeiten einschränken könne. Stensen war kein Griesgram, er war als Weihbischof auch zu Scherzen aufgelegt. Ganz augenscheinlich zeigte sich die konfessionsübergreifende Wertschätzung darin, dass auf die Nachricht von seiner Todeskrankheit Katholiken wie Lutheraner an sein Schweriner Sterbebett eilten. Als Apostolischer Vikar der Nordischen Missionen, der er seit seiner Bischofsweihe war, sah sich Stensen auch zu den getrennten Christen gesandt.

In Dänemark wurde Stensen seit den 1950er Jahren von Akademikern, Katholiken wie Lutheranern, hochgeschätzt, so auch von dem Atomphysiker Niels Bohr (1885-1962). Stensen ist eine innerchristliche Integrationsfigur, aber nicht im Sinne einer Ökumene, die die Unterschiede deshalb für nebensächlich hält, weil sie sie nicht mehr kennen will, sondern im Sinne einer Versachlichung. Stensen erteilte auf seinem Sterbebett auch den anwesenden Lutheranern seinen Segen.

Was verbindet Niels Stensen mit Italien, konkret mit Florenz, so dass seine Gebeine in der Gruft der Medici in der Kirche San Lorenzo beigesetzt sind?

Dr. Frank Sobiech

Stensen schätzte die Toskana vor allem als seine geistliche Heimat, in der er zum wahren Glauben gefunden hatte. Als ihm in Hamburg in Aussicht gestellt wurde, nach Florenz zurückzukehren, schöpfte er neue Hoffnung, um eine kontroverstheologische Abhandlung vollenden und sich in der Hafenstadt Livorno der Konvertitenseelsorge widmen zu können.

Im Gegensatz zu den von ihm in Hannover Anfang 1679 erlebten „vereisten Seelen“ war es der gelebte Glaube gerade der einfachen Leute, der ihn in Florenz faszinierte. Zur Verwirklichung dieser Reisegedanken, die ihm übrigens im Seligsprechungsprozess von einem Gutachter angekreidet wurden, kam es aber nicht mehr. Da Stensen sich in Hamburg nutzlos vorkam, ging er als einfacher Priester nach Schwerin, um dort eine Gemeinde um sich zu scharen, die bis heute in der Propsteikirche St. Anna fortbesteht.

Zu nennen ist auch die hohe Wertschätzung durch den Florentiner Großherzog Ferdinand II. und seinen Nachfolger ab 1670, Cosimo III., der Stensen als Bischof in Deutschland jahrelang finanzielle Zuwendungen zukommen ließ, damit dieser Ortsarme, Konvertiten und Theologiestudenten unterstützen konnte. 1687 wurde Stensens Leichnam auf Geheiß Cosimos als Bücherkiste getarnt nach Florenz verschifft und in der Grablege der Medici bestattet. 1953 stellte die italienische Regierung für die neueingerichtete Cappella Stenoniana einen spätantiken, aus dem Arno geborgenen Sarkophag bereit, in den Stensen von der Unter- in die Oberkirche umgebettet wurde.

Stensen ist der erste moderne Naturwissenschaftler, von dem die Kirche sagt, dass er bereits bei Gott ist, an dem man nachdrücklich sieht, was christliches Leben bedeutet. Stensen ist ein sogenannter Bekenner, ein Confessor, der mit auf außerordentliche Weise geübter Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung, mit Glaube, Hoffnung und Liebe sein christliches Leben lebte.

Worin liegt seine Seligsprechung am 23. Oktober 1988 vor allem begründet?

Dr. Frank Sobiech

Sicherlich in der bereits unmittelbar nach seinem Tod einsetzenden Verehrung unter den Gläubigen in Schwerin, Hannover und Florenz, die sich auch in den damals von kirchlicher Seite eingeholten Berichten von Zeitzeugen widerspiegelt. Dem gut 300 Jahre später folgenden Akt der Seligsprechung von Niels Stensen ging seit den 1950er Jahren ein sogenannter historischer Prozess, eine Causa antiqua voraus, für den laut kanonischem Recht grundsätzlich gefordert ist, dass seit dem Tod des Kandidaten eine mehr oder weniger kontinuierliche Verehrung im gläubigen Volk nachzuweisen ist. Grundlage eines Kanonisationsprozesses ist die „vox populi“. Stensens naturwissenschaftliche Verdienste waren dabei insofern von Bedeutung, als sie eine wichtige Station auf seinem Weg zu einem heiligmäßigen Leben waren, die gerade auch wieder im 20. und jetzt 21. Jahrhundert Menschen anspricht.

Stensen ist, und das ist das Besondere an seinem Fall, der erste moderne Naturwissenschaftler, von dem die Kirche sagt, dass er bereits bei Gott ist, an dem man nachdrücklich sieht, was christliches Leben bedeutet. Stensen ist ein sogenannter Bekenner, ein Confessor, der mit auf außerordentliche Weise geübter Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung, mit Glaube, Hoffnung und Liebe sein christliches Leben lebte.

Der Paderborner Kirchengeschichtsprofessor Klemens Honselmann (1900-1991) war einer der historischen Gutachter, die sich seit 1955 auf diözesaner Ebene ‒ zuständig im diözesanen Informativprozess im Seligsprechungsverfahren für Niels Stensen war das Bistum Osnabrück ‒ um die Sammlung der Quellen kümmerten. In Florenz archivierte man zehntausende von Fürbittzetteln, die seit 1953 von Pilgern auf Stensens Sarkophag in der Basilika San Lorenzo gelegt wurden. Den Weg frei zum eigentlichen Akt der Seligsprechung gab die körperliche Heilung des Florentiner Polizeibeamten Gavino Taddei im Jahre 1961, anerkannt als Wunder durch Papst Johannes Paul II. am 16. März 1987. Der Berliner Priester Prälat Dr. Stanis-Edmund Szydzik, geistlicher Rektor der „Hegge“ von 1961 bis 1970 und seit 1963 Mitglied des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik in Paderborn, hielt mit der von ihm 1978 gegründeten Niels-Stensen-Gemeinschaft die Erinnerung an Stensen aufrecht.

Stensen selbst hatte es übrigens sehr genau mit dem Nachweis von medizinischen Wundern genommen, so als er vom Paderborner Fürstbischof Ferdinand II. von Fürstenberg (1626-1683) im Jahre 1681 damit beauftragt war, die auf der Durchreise des Kapuzinerpaters Marco d’Aviano (1631-1699) geschehenen Spontanheilungen aus seiner Perspektive als Mediziner zu untersuchen.

Jetzt ist mit der Reliquie von Niels Stensen auch ein Stück des Seligen im Erzbistum Paderborn. Was bedeutet das für unsere Erzdiözese und die Gläubigen?

Dr. Frank Sobiech

Dieses von Erzbischof Giuseppe Kardinal Betori der Erzdiözese Paderborn mit Urkunde vom 5. Oktober 2019 übergebene Geschenk ist für Paderborn Erinnerung und Verpflichtung zugleich: Erinnerung an die durch die Seligsprechung von Niels Stensen geknüpften Bande zwischen den beiden Erzdiözesen Florenz und Paderborn und zugleich die Verpflichtung zur weiteren Bekanntmachung des Seligen. Es bietet sich an, die Vitus-Kapelle des Paderborner Hohen Doms mit dem am 1. November 1988 gesegneten Gemälde von Niels Stensen, das der Elsener Künstler Richard Sehrbrock (1929-2002) geschaffen hat, zu öffnen. So wird den Pilgern und Besuchern des Paderborner Domes ein Zugang zu diesem bedeutenden Seligen des Erzbistums ermöglicht. Sicherlich ist es auch sinnvoll, Informationen zu Stensens Leben und Andachtszettel bereitzulegen. Für alle Gläubigen der Erzdiözese Paderborn sollte das Florentiner Geschenk Ansporn sein, einmal diesen bedeutenden Anatomen, Geologen und Bischof als Seligen und Fürsprecher bei Gott kennen- und schätzenzulernen.

Seliger Niels Stensen

Niels Stensen wurde am 11. Januar 1638 in Kopenhagen in Dänemark geboren, er verstarb am 5. Dezember 1686 in Schwerin. Nach seinem Studium der Medizin und Anatomie arbeitete er als Arzt und Forscher. Er wurde bekannt als Entdecker und bedeutender Wissenschaftler in den Fachgebieten Anatomie, Geologie, Paläontologie und Mineralogie. 1666 ging er nach Florenz, dort konvertierte er 1667 zur katholischen Kirche. 1675 empfing er die Priesterweihe und wirkte dann als Seelsorger. 1677 wurde er durch Papst Innozenz XI. zum apostolischen Vikar für die Missionen in Skandinavien ernannt, noch im selben Jahr wurde er in Rom zum Bischof geweiht.

Stensen war ab 1680 als Weihbischof für Münster und Paderborn tätig. Ab 1683 wirkte er in Hamburg. Kurz vor seinem Tod ging er nach Schwerin, gründete dort eine katholische Gemeinde und war als einfacher Seelsorger tätig. Niels Stensen starb verarmt in Schwerin. Seine Lauterkeit, sein asketisches Leben und sein vorbildliches Wirken als Priester fanden hohe Anerkennung, auch über Konfessionsgrenzen hinweg. Niels Stensens Gebeine wurden 1687 in die Gruft der Medici in der Kirche San Lorenzo nach Florenz überführt, dort 1953 in eine Seitenkapelle umgebettet.

Am 23. Oktober 1988 wurde Niels Stensen durch Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Sein kirchlicher Gedenktag ist der 25. November.

Der selige Niels Stensen war nicht nur Priester und Bischof, sondern auch ein bedeutender Wissenschaftler, der unter anderem im Bereich der Geologie verschiedene Entdeckungen machte. In einem Gespräch stellt Dr. rer. nat. Gerhard Müller seine besondere Beziehung zu Niels Stensen vor und bringt den Seligen als Naturwissenschaftler, insbesondere als Geologen näher. Der 81-jährige ehemalige Akademische Oberrat hat rund 32 Jahre an der Universität Paderborn Physische Geographie und Geologie gelehrt.

Weitere Einträge

© Maria Aßhauer / Erzbistum Paderborn
Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz freute sich über den Besuch von sieben Kindern aus der Paderborner Kita St. Liborius und von weiteren Gästen (v.r.n.l.): Kita-Leitung Claudia Bremshey, Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz, Thorsten Hermann, Sebastian Schrage, Andreas Altemeier, Michael Stratmann, Detlef Müller und Gemeindereferentin Christina Fromme.

Pressemeldung Leben in Fülle ins Bild gebracht

Kinder der Paderborner Kita St. Liborius überreichen Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz Willkommens-Collage der sieben Kita gem. GmbHs
© Thomas Throenle / Erzbistum Paderborn
Der Kirchensteuerrat des Erzbistums Paderborn traf sich im Wallfahrtszentrum Werl und informierte sich über die vielfältigen Möglichkeiten für die Wallfahrerinnen und Wallfahrer, die durch Kirchensteuermittel finanziert werden.

Pressemeldung Wallfahrt in Werl erleben

Kirchensteuerrat des Erzbistums Paderborn besucht Wallfahrtszentrum in Werl / Doppelte Premiere für Paderborner Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz in Werl
© Anna-Sophie Meyer / Erzbistum Paderborn
In Salzkotten angekommen, griff Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz kurzerhand selbst zu Handschuhen und Pflasterhammer und half mit beim Steineverlegen.

Pressemeldung Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz packt mit an

72-Stunden-Aktion des BDKJ legt Grundstein für bessere Welt
Kontakt
| |
generalvikariat@erzbistum-paderborn.de
+49 (0)5251 125-0
Barrierefreiheit