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Keine Vier-Augen-Gespräche mit staatlichen Stellen

Themenspecial "Einheit": Prälat Manfred Kania erlebte DDR als Generalvikar in Magdeburg.

Themenspecial “Einheit”: Prälat Manfred Kania erlebte DDR als Generalvikar in Magdeburg

„Die Erinnerung ist noch wie heute. Das Hausmeister-Ehepaar kam in unsere Tagungsräume gelaufen und rief: ‚Die Mauer ist weg!‘ Daraufhin haben wir unsere Veranstaltung abgebrochen und wollten den Heimweg antreten. Doch der Verkehr verlief schleppend, die Straßen waren überfüllt“, blickt Prälat Manfred Kania auf Donnerstag,  9. November 1989, zurück – auf den Tag als die Mauer zwischen Ost- und West-Deutschland fiel.

"Die Mauer ist weg"

Manfred Kania, der als Pensionär seine Heimat in Paderborn gefunden hat, war zum damaligen Zeitpunkt Generalvikar des Bischöflichen Amts in Magdeburg. Mit seinen Amtskollegen aus Erfurt, Görlitz, Dresden, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern weilte Kania im Bildungshaus Zwochau – heute ein Begegnungszentrum der Fokolar-Bewegung. „Vor wenigen Tagen haben wir genau hier ein Treffen des Ost-Semesters von damals gehabt, bei dem die Gespräche auch wieder auf das Erlebnis von damals kamen“, so Kania.

Tausende Menschen seien damals nach dem Mauerfall unterwegs gewesen, meist um sich einen Reisepass zu besorgen. Am darauffolgenden Sonntag habe er einen dringenden Termin in Paderborn gehabt. Für seinen Fahrer und ihn habe die schleppende Fahrt schon in Magdeburg begonnen. „Wir sind kaum auf die Autobahn gekommen. Die etwa 40 Kilometer von Magdeburg bis zum Grenzübergang Helmstedt sind nur im Stop-and-go vorangegangen.“

Geboren und aufgewachsen in Merseburg

Kania ist jemand, der sich im Osten Deutschlands bestens auskennt. 1936 wurde er als jüngster von insgesamt vier Brüdern in Merseburg geboren. Seine Eltern waren nach dem 1. Weltkrieg ins südliche jetzige Sachsen-Anhalt gezogen. Unmittelbar an die Saale-Stadt grenzen die Chemiestandorte Schkopau (Buna) und Leuna, die die Region geprägt haben und größte Arbeitgeber waren. Im 2. Weltkrieg erlebte Merseburg in den letzten beiden Kriegsjahren 23 Luftangriffe. „Wir sind mehrfach dem Tod von der Schüppe gesprungen“, denkt Manfred Kania an diese Jahre zurück, in denen auch die Familie auseinander gesprengt wurde. Im Januar 1945 flüchtete er mit einem Bruder, der Großmutter und dem letzten Hab und Gut aus der Region bei tiefem Schnee und erreichte im Mai den Schwarzwald.

„Ende 1946 haben sich die noch Lebenden der Familie im zerstörten Merseburg wieder vereint. Dort habe ich dann meine Jugend verbracht und das dortige Dom-Gymnasium besucht“, so Manfred Kania. Religionsunterricht habe es im Unterricht nicht gegeben, sondern am Nachmittag trafen sich die katholischen Schüler im Schulgebäude. „Später ging das auch nicht mehr und wir haben uns im Pfarrzentrum getroffen“, erinnert sich Kania aber gern an seinen „inneren Widerstand“, jederzeit doch ein Kirchenkind gewesen zu sein. Als Pennäler habe in der Frühmesse schon vor der Schule gedient, wie überhaupt das Ministrant-Sein ihn geprägt habe: „Jede freie Minute habe ich dort verbracht und einen sehr guten Kontakt zur Gemeinde und dem Pastor gepflegt.“

Erste Vikarstelle in Großkorbetha

Die Entscheidung war früh gereift und 1955 trat Manfred Kania ins Priesterseminar in Erfurt ein. Nach seiner Priesterweihe 1961 nahm er in Großkorbetha seine erste Vikarstelle an. „1100 Katholiken haben dort verteilt auf 21 Ortschaften gelebt. Es gab keine Kirche, keine Kapelle. Somit waren wir angewiesen auf die Gastfreundschaft der evangelischen Kirche“, blickt Kania auf die ersten Jahre. Weitere Stationen waren Madgeburg-Sudenburg sowie Halle an der Saale, wo er auch geistlicher Direktor des Krankenhauses war. Zwölf Jahre war er dort auch Dechant und zugleich am kirchlichen Gericht in Erfurt beauftragt.

Bischof Johannes Braun, von 1973 bis 1990 Apostolischer Administrator in Magdeburg, berief Manfred Kania zum Generalvikar. Als Braun 1990 emeritierte wurde und Leo Nowak die Nachfolge antrat, verzichtete Manfred Kania auch auf sein Amt und zog es vor, „Paderborner Priester zu bleiben. Aber auch aus gesundheitlichen Gründen, weil ich seit Jahren Diabetiker bin.“ In Paderborn war er bis vor wenigen Jahren Richter und Vize-Offizial im Offizialat.

Politische Seite obliegt den Generalvikaren

„Die Bischöfe in der DDR haben keine Kontakte mit der dortigen Regierung gepflegt. Die politische Seite haben sie ganz den Generalvikaren überlassen. Kein Geistlicher war nach unserer Absprache auch berechtigt, unter „vier Augen“ mit staatlichen Stellen Kontakt aufzunehmen. Wenn, dann mussten sie immer einen Vertrauten mitnehmen – wie zum Beispiel den Dechanten. Auch wenn die Ost-Bischöfe einen Hirtenbrief veröffentlichten, hielten alle gut zusammen und bis zur Veröffentlichungen wurden sie auch nie den Behörden vorgelegt“, erzählt Prälat Manfred Kania, der selbst bisher noch keinen Einblick in seine Stasi-Akte genommen hat.

Wie haben die Christen ihren Glauben in der DDR gelebt? Manfred Kania: „Der Osten war Diaspora. Wer in die Kirche ging und seinen Glauben lebte, war in der Regel ein bewusster Christ und stand auch nach außen dazu.“

Zu den weiteren Beiträgen des Themenspecials:

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