Manfred Kania, der als Pensionär seine Heimat in Paderborn gefunden hat, war zum damaligen Zeitpunkt Generalvikar des Bischöflichen Amts in Magdeburg. Mit seinen Amtskollegen aus Erfurt, Görlitz, Dresden, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern weilte Kania im Bildungshaus Zwochau – heute ein Begegnungszentrum der Fokolar-Bewegung. „Vor wenigen Tagen haben wir genau hier ein Treffen des Ost-Semesters von damals gehabt, bei dem die Gespräche auch wieder auf das Erlebnis von damals kamen“, so Kania.
Tausende Menschen seien damals nach dem Mauerfall unterwegs gewesen, meist um sich einen Reisepass zu besorgen. Am darauffolgenden Sonntag habe er einen dringenden Termin in Paderborn gehabt. Für seinen Fahrer und ihn habe die schleppende Fahrt schon in Magdeburg begonnen. „Wir sind kaum auf die Autobahn gekommen. Die etwa 40 Kilometer von Magdeburg bis zum Grenzübergang Helmstedt sind nur im Stop-and-go vorangegangen.“
Geboren und aufgewachsen in Merseburg
Kania ist jemand, der sich im Osten Deutschlands bestens auskennt. 1936 wurde er als jüngster von insgesamt vier Brüdern in Merseburg geboren. Seine Eltern waren nach dem 1. Weltkrieg ins südliche jetzige Sachsen-Anhalt gezogen. Unmittelbar an die Saale-Stadt grenzen die Chemiestandorte Schkopau (Buna) und Leuna, die die Region geprägt haben und größte Arbeitgeber waren. Im 2. Weltkrieg erlebte Merseburg in den letzten beiden Kriegsjahren 23 Luftangriffe. „Wir sind mehrfach dem Tod von der Schüppe gesprungen“, denkt Manfred Kania an diese Jahre zurück, in denen auch die Familie auseinander gesprengt wurde. Im Januar 1945 flüchtete er mit einem Bruder, der Großmutter und dem letzten Hab und Gut aus der Region bei tiefem Schnee und erreichte im Mai den Schwarzwald.
„Ende 1946 haben sich die noch Lebenden der Familie im zerstörten Merseburg wieder vereint. Dort habe ich dann meine Jugend verbracht und das dortige Dom-Gymnasium besucht“, so Manfred Kania. Religionsunterricht habe es im Unterricht nicht gegeben, sondern am Nachmittag trafen sich die katholischen Schüler im Schulgebäude. „Später ging das auch nicht mehr und wir haben uns im Pfarrzentrum getroffen“, erinnert sich Kania aber gern an seinen „inneren Widerstand“, jederzeit doch ein Kirchenkind gewesen zu sein. Als Pennäler habe in der Frühmesse schon vor der Schule gedient, wie überhaupt das Ministrant-Sein ihn geprägt habe: „Jede freie Minute habe ich dort verbracht und einen sehr guten Kontakt zur Gemeinde und dem Pastor gepflegt.“