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Hingehen statt wegsehen

youngcaritas unterwegs zu den Menschen auf der Straße

Themenspecial “Einheit”: youngcaritas unterwegs zu den Menschen auf der Straße

Eine Decke, zwei Taschen ein Rucksack und ein Pappbecher, in den Passanten ab und zu ein paar Cents oder auch Euros stecken – das ist oft alles, was obdachlose Menschen ihr Eigen nennen. Es sind Junge und Alte, Männer und Frauen, sichtbar mehr als vor der Corona-Pandemie. Bedingt durch die Infektionsschutzmaßnahmen steht obdachlosen Menschen weiterhin nur ein eingeschränktes Hilfeangebot zur Verfügung, wodurch sich viele noch längere Zeit am Tag auf der Straße aufhalten müssen.

Mit dem Bollerwagen

Mit unkomplizierten Aktionen wichtige Zeichen setzen und die Welt ein klein bisschen besser machen. Das ist das Ziel der jungen Helferinnen und Helfer von youngcaritas in Dortmund. Seit Juli sind sie wieder mehrmals im Monat unterwegs zu den Menschen auf der Straße. In ihrem Bollerwagen haben sie Bananen, Kaffee, Tee, Apfelschorle, Wasser sowie Hygieneartikel und etwas Wäsche dabei. Vor allem wollen sie den Menschen aber Aufmerksamkeit und menschliche Wärme schenken, auch als einen Dienst an der einen Menschheits-Familie.

Kristina Sobiech, Koordinatorin von youngcaritas in Dortmund, hat transparente Schutzvorrichtungen für Mund und Nase mitgebracht.  Sie verteilt sie an die zwei jungen Frauen und zwei Männer die zusammen mit ihr und der Praktikantin Miriam Worpenberg mit dem Bollerwagen in die Dortmunder Innenstadt aufbrechen. „Für Gespräche ist der transparente Schutz vielleicht besser als die Maske“, sagt Kristina Sobiech. Gespräche sind ein wichtiger Teil der Aktion, die 2018 unter dem Motto „Warm durch die Nacht – hingehen statt wegsehen“, begann.

Wegsehen geht leicht. So fällt der Mann, der neben dem Eingang zum Parkhaus am Hansaplatz kauert, kaum auf. Er liest in einem zerfledderten Taschenbuch und steht auf, als die youngcaritas-Gruppe auf ihn zugeht. Das Gesicht ist zerkratzt. Er wirkt schwach auf den Beinen. „Die Leute denken immer, dass ich betrunken sei, aber das liegt an meinem Bein, dafür fehlt mir eigentlich eine Schiene“, sagt er und fragt auch nach Verbandsmaterial. Damit können die Helfer nicht dienen, wohl aber mit einem Kaffee für den Moment und einer Tüte mit Waschlotion, Desinfektionsmittel und anderem mehr. Kristina Sobiech verweist noch auf die medizinische Hilfe, die von der ökumenischen Wohnungsloseninitiative „Gast-Haus“ angeboten wird.

Begegnungen

Auf der anderen Seite des Platzes sitzen auf einer Bank zwei weitere Männer. Auch sie erhalten Kaffee, Bananen und Hygieneartikel. Heute hat die Gruppe außerdem neue Unterhosen dabei, die gerne genommen werden.

„Viele Menschen vermeiden solche Begegnungen, weil sie sich mit der Not nicht auseinandersetzen möchten oder unbewusst Angst davor haben, es könnte ihnen auch einmal so gehen“, sagt Benjamin Wurm. Der 28-Jährige hilft seit eineinhalb Jahren bei den Einsätzen von youngcaritas. Gerade hat er seinen Bachelor im Fach Soziale Arbeit gemacht. Ein Theaterprojekt habe ihn für das Thema Obdachlosigkeit sensibilisiert und durch eine Freundin sei er dann zur Aktion „Warm durch die Nacht“ gekommen.

Über Freunde, Soziale Medien und Informationen in Schulen finden sich immer wieder junge Menschen, die youngcaritas bei ihrer Hilfe für Obdachlose unterstützen. Dabei ist diesmal auch eine junge Frau, die erst vor einem Jahr aus Syrien nach Deutschland kam. Sie möchte ihr Deutsch verbessern und zugleich etwas Gutes tun.

Die Menschen auf der Straße danken es ihnen und freuen sich über die Gruppe mit dem roten Bollerwagen. Ein großer junger Mann in der Fußgängerzone schildert ihnen lange seine Lage. Er erzählt von den unzähligen abgebrochenen Therapien, den ständigen Schmerzen, den wunden Beinen und dem Unverständnis vieler Passanten.

Am Rand der Fußgängerzone

Es ist Freitagnachmittag. Über den Westenhellweg strömen die Menschen zu den Geschäften. Auf einem niedrigen Hocker sitzt am Rand der Fußgängerzone eine alte Frau mit Stock und Rollator. Auch sie hat einen Becher vor sich stehen, hofft auf ein paar Cents. Den Kaffee nimmt sie ebenfalls gerne und winkt den Helfern zum Dank.

Die treffen am Hauptbahnhof auf Steve. Seit gut elf Jahren sei er obdachlos, erzählt er. Inzwischen gelte er als der „Papa vom Bahnhof“ und habe außerdem heute Geburtstag. Steve hat auch schon in Youtube-Videos von seinem Leben auf der Straße berichtet, von einer Biografie aus Gewalt, Depressionen, Alkohol und Drogen. Gesten- und wortreich schildert er der Gruppe seine Situation. Die jungen Helferinnen und Helfer hören ihm zu. Anschließend ziehen sie weiter zu einem jungen Mann mit geschienter Nase und einem blauen Auge, dann zu einem weiteren Mann, der nach einem Pflaster für seine Hand fragt und weiter zu einem Paar, das unter einer Decke auf dem zugigen Platz von Amiens kaum zu erkennen ist. Am Ende der Runde treffen sie Männer und Frauen mit osteuropäischem Akzent an der U-Bahn-Station „Stadtgarten“. Die Helferinnen und Helfer füllen Pappbecher mit dem letzten Kaffee und Tee aus den Thermoskannen. Dann geht es nach gut zwei Stunden zurück zum Caritas-Service-Center an der Wißstraße.

Reflexion

Etwa 15 Menschen, die auf der Straße leben, ist die Gruppe begegnet und hat ihnen zugehört. Vor dem Ladenlokal der Caritas gibt es im Stehen eine kurze Reflexion. Das Paar unter der Decke geht den meisten noch nach. Der junge Mann und eine Frau nahmen nur zögernd einen Kaffee. Sie bettelten nicht, sagten kaum etwas und schienen sich körperlich schlecht zu fühlen. Wie muss es sein, so die Nacht verbringen zu müssen?

Kristina Sobiech weiß, dass eine solche Aktion die Probleme der Betroffenen nicht lösen und auch nur sehr bedingt helfen kann. An diesem Tag aber gab es sechs junge Menschen, die nicht wegesehen haben, die stattdessen hingegangen sind und das ist in manchen Situationen schon sehr viel.

Kontakt und weitere Informationen

Caritasverband Dortmund e.V.
Wißstraße 32
44137 Dortmund
www.facebook.com/youngcaritasdortmund

Zu den weiteren Beiträgen des Themenspecials:

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