Erzbischof Hans-Josef Becker hat heute ein starkes Zeichen der Interreligiosität gesetzt: In der Realschule der Paderborner Südstadt nahm er gemeinsam mit Emin Özel, Sprecher der muslimischen Gemeinden in Paderborn, an einer multireligiösen Feier zum Schulanfang teil. Gemeinsam mit Özel goss Erzbischof Becker symbolhaft einen Stachelbeerstrauch, der im Gottesdienst als Bild des Wachsens gepflanzt worden war. Erzbischof Becker würdigte mit seiner Teilnahme auch eine Broschüre zum Thema, die im Herbst 2019 veröffentlicht wird: „Gemeinsam feiern in weiterführenden Schulen und Gemeinden. Multireligiöse Gebetstreffen der Religionen gestalten“ lautet der Titel der Handreichung, die im Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn entwickelt worden ist.
Die Aktion „Gemeinsam wachsen“, innerhalb derer der Stachelbeerstrauch gepflanzt wurde, stand symbolhaft in der Mitte der Feier. Cornelia Landschütz, Gemeindereferentin und Schulseelsorgerin der Realschule, hatte die Feier gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der sechsten Klassen für die neuen Fünftklässler vorbereitet.
Große Vielfalt in der Schulgemeinschaft
Die Erde, in die der Strauch gepflanzt worden sei, gebe diesem Halt, erklärte Erzbischof Becker: „Sie steht dafür, was ihr alles in euch tragt und in die neue Schule mitbringt: eure Heimat, eure Familie, vielleicht die Freunde aus der Grundschule. In eurer Schulgemeinschaft kommt eine große Vielfalt zusammen, verschiedene Religionen, viele Familien, viele Kinder und Lehrer. Aber eines macht euch alle aus: Ihr alle seid von Gott geliebt!“
„Alle Früchte, so unterschiedlich sie auch sind, brauchen das gleiche Wasser, die gleiche Erde und die gleiche Sonne zum Wachsen. Auch ihr seid alle unterschiedlich, aber so, wie ihr seid, von Gott gewollt“, sagte auch Emin Özel den Mädchen und Jungen. Özel nimmt regelmäßig an multireligiösen Feiern an den Paderborner Schulen teil. „Wichtig ist, dass ihr euch als Gemeinschaft unterstützt“, stellte der Sprecher der muslimischen Gemeinden in Paderborn fest.
Lieder und Texte beider Religionen
Die multireligiöse Feier war geprägt von Liedern und Texten beider Religionen: Es gab sowohl eine Lesung aus der Bibel, als auch eine Koranrezitation. In gegenseitiger Gegenwart wurde für die Anliegen aller gebetet. Özel betete die „Fatiha“, die Eröffnungs-Sure des Korans vor, die von den muslimischen Kindern wiederholt wurde. Erzbischof Becker betete anschließend mit den christlichen Kindern das „Vater unser“ und erteilte den Segen.
Wie ist Begegnung im Gebet möglich?
Schulen sind Orte, an denen gelingende Integration grundgelegt wird. Die religiöse Vielfalt nimmt in Schule, Gemeinde und Gesellschaft immer mehr zu – der Bedarf an Orientierungen, wie sich in diesem Kontext gemeinsame liturgische Feiern abgehalten werden können, ebenso. Eva-Maria Leifeld, Referat Interreligiöser Dialog im Erzbischöflichen Generalvikariat, sowie Katharina Lammers und Sarah Münsterteicher aus der dortigen Schulpastoral haben sich deshalb federführend daran gemacht, eine Handreichung zur Gestaltung von Gebetstreffen der Religionen aus katholischer Sichtweise zu erarbeiten und die Bedürfnisse aller beteiligten Religionen in den Blick zu nehmen.
Es galt zu klären, in welcher Weise Religionen sich im Gebet begegnen können und welche Grenzen zu ziehen sind. So werden beispielsweise die liturgische Gastfreundschaft und multireligiöse Feiern als geeignete Begegnungsformen vorgestellt und es wird erklärt, dass interreligiöse Gebete, also Gebete mit gemeinsamen Worten, nicht möglich sind.
Ab 2020 Fortbildungen
Entstanden ist eine Broschüre mit einem Theorieteil, aber auch mit Beispielabläufen und Checklisten zur Gestaltung von multireligiösen Feiern und liturgischer Gastfreundschaft im schulischen Kontext. Ebenso finden sich Gastbeiträge aus dem Judentum und dem Islam. Ein Kapitel „Auf einen Blick“ gibt einen schnellen Überblick aller wichtigen Feierformen.
Die neue Broschüre wird nicht für sich stehen bleiben: Nach der Veröffentlichung im Oktober werden im Jahr 2020 Fortbildungen für Lehrkräfte und das Pastorale Personal zu den Grundlagen der Feiermodelle und zur praktischen Gestaltung folgen. Die Handreichung kann vorbestellt werden unter der E-Mail-Adresse mechtild.reike@erzbistum-paderborn.de.