Rot-weiße Absperrbänder schmücken die Pilgerstätte in Werl. Denn hier findet eine außergewöhnliche Wallfahrt statt. Zum ersten Mal kommen nicht wie sonst große Busse an, sondern mehrere Gefangenentransportwagen der Justiz mit Sicherheitsbeamten in Zivil. Und mit ihnen etwa 90 Gefangene aus dem offenen und geschlossenen Vollzug aus Gefängnissen aus dem Bereich des Erzbistums Paderborn. Es ist die erste Gefangenen-Wallfahrt hier überhaupt.
Die Idee dafür entstand bei einem gemeinsamen Treffen mit den Gefängnisseelsorgerinnen und Gefängnisseelsorgern aus dem Erzbistum. „Es gibt Ausgänge zu anderen Justizvollzugsanstalten für DFB-Fußballturniere. Und dann dachten wir, dass eine spirituelle Ausführung sicher auch einen Stellenwert haben kann“, erzählt Michael King, Gefängnisseelsorger in der Justizvollzugsanstalt Herford. Dabei gestaltete sich die Organisation für die Wallfahrt als ein schwieriges Unterfangen, da es viele Hürden und Auflagen für eine Ausführung mit den Inhaftierten gab.
„Da treffen Welten aufeinander“
Und obwohl nicht alle Teilnehmenden christlich geprägt sind, ist die Freude und das Interesse für die Wallfahrtskirche groß. Gestaltet wurde der Tag unter anderem von Wallfahrtsseelsorgerin Ursula Altehenger. Vom Parkplatz angefangen machte sich die große Gruppe zusammen mit Sicherheitsbeamten auf den Weg in den Garten des ehemaligen Franziskanerklosters in Werl.
Die kleine Wanderung ist mit mehreren Impulsen gestaltet, bei Kaffee und Kuchen tauschen sich die Teilnehmenden über das Gesehene und Gehörte mit den Seelsorgerinnen und Seelsorgern aus. Als feierlichen Abschluss gibt es einen Gottesdienst in der Wallfahrtskirche, was für viele Gefangene in dieser Form sehr fremd ist. „Ein Großteil der Teilnehmenden ist nicht kirchlich sozialisiert. Da treffen Welten aufeinander“, sagt King, der mit drei weiteren Gefängnisseelsorgern an der Wallfahrt teilnimmt. Denn der Gottesdienst in den Justizvollzugsanstalten würde ganz anders ablaufen.
Ein Großteil der Teilnehmenden, die mit dabei sind, kommt aus dem offenen Vollzug. Doch es reisten auch sechs Inhaftierte aus dem geschlossenen Vollzug an. „Für sie ist es wirklich ein außergewöhnliches Erlebnis ohne Fußfessel und Handschellen anzureisen. Zudem haben sie sich gefreut, einfach mal rauszukommen“, erzählt Michael King weiter.