“Der Täter zerstört systematisch die Selbstachtung”
Es gebe Warnzeichen für drohende Gewaltanwendung. „Der Partner versucht, seine Partnerin zu isolieren, die sozialen Kontakte zu verringern, sie dazu zu überreden, nicht zu dem Familientreffen zu gehen oder sich mit Freunden zu treffen. In einem nächsten Schritt kommen dann zuerst Eifersüchteleien und dann schließlich Formulierungen im Befehlston hinzu: ‚Du bleibst hier, du gehst da nicht hin‘, zum Beispiel“.
Betroffene Frauen lebten durchschnittlich sieben Jahre lang in einer Gewaltsituation. „Sie können die Gewaltausbrüche ihrer Partner nicht kontrollieren. Es ist, als ob sie fortwährend über ein Minenfeld laufen, auf dem jederzeit eine Granate explodieren kann“, macht Rita Schlottmann anschaulich. „Eine Gewaltbeziehung bleibt nicht ohne Folgen. Zu der körperlichen Gewalt kommen noch verbale Erniedrigungen hinzu, die zutiefst verletzen. Der Täter zerstört systematisch die Selbstachtung, und das Opfer traut sich immer weniger zu.“
Verweist die Polizei den gewalttätigen Partner aus dem Haus, haben die Frauen nach dem Gewaltschutzgesetz zehn Tage lang Zeit, den Verweis beim Gericht bis zu einem halbes Jahr zu verlängern – ansonsten kehrt der Partner zurück. „Diese Frist ist äußerst knapp bemessen“, ist die Beraterin überzeugt. „Die Frauen sind in einer absoluten Schocksituation und oft erst einmal nicht in der Lage, Entscheidungen zu treffen. Das müssen sie in der Regel erst wieder lernen.“
Wenn Frauen von sich aus zur Beratung kämen, um Hilfe für die geplante Trennung zu suchen, seien Schutz und finanzielle Sicherheit zunächst einmal das wichtigste. “Offen geäußerte Trennungswünsche können Opfer in eine gefährliche Situation bringen“, so Rita Schlottmann. „Wir klären die Frauen über Schutzmaßnahmen auf, welche Ämter und Behörden sie aufsuchen müssen, damit sie und gegebenenfalls auch ihre Kinder sicher und materiell abgesichert sind.“ Erst danach könne man damit beginnen, mühsam die Selbstwertschätzung wieder aufzubauen, die im Verlauf der Gewaltbeziehung extrem minimiert worden sei.