Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum ärztlich assistierten Suizid hat die erste Online-Infotagung der „Woche für das Leben“ im Erzbistum Paderborn inhaltlich bestimmt. Teilnehmer und Referenten forderten, Leid und Not am Lebensende nicht zu verdrängen, sondern den Sterbenden die bestmögliche Fürsorge zukommen zu lassen. Das hatte bereits auch Erzbischof Hans-Josef Becker zum Beginn der „Woche für das Leben 2021“ gefordert.
„Wir alle wissen, dass der Ruf nach dem erlösenden Tod nicht selten ein Schrei nach Nähe und Begleitung ist“, sagte der Moderator der Online-Tagung, Dr. Werner Sosna. Zur „Woche für das Leben“ gibt es im Erzbistum Paderborn an zwei aufeinanderfolgenden Samstagen Online-Tagungen mit Fachleuten aus den Bereichen der Palliativ- und Hospizdienste. Die erste Tagung fand am 17. April statt, eine weitere gibt es am 24. April. Jeweils unterschiedliche Referenten widmen sich dabei der „Kultur der Sorge in der hospizlichen Begleitung“ sowie der Frage, wie dem „Lebensschmerz“ am Ende zu begegnen ist.
„Instrument der Selbstabschaltung“
Einer der beiden Referenten der ersten Tagung war der Theologe und Soziologe Professor Reimer Gronemeyer. Er stellte die Frage nach der Verantwortung, die das Urteil des Bundesverfassungsgerichts Betroffenen und Medizinern aufbürdet. Alle Beteiligten geraten, sagte Gronemeyer, nach dem Urteil in „Bereiche, in der uns die Möglichkeit, gut zu entscheiden, entgleitet“. Wie solle man reagieren, wenn eine Depression als Grund für den Todeswunsch genannt werde. In solchen und ähnlichen Fällen gerate der assistierte Suizid in Gefahr, zu einem „Instrument der Selbstabschaltung“ zu werden. Den assistierten Suizid von Menschen mit Demenz, wie in den Niederlanden geschehen, findet Gronemeyer erschütternd. Niemand könne wissen, wie glücklich oder unglücklich ein Mensch mit Demenz sei, sagte er. Angesichts solcher Fälle frage er sich, in welche Richtung die Gesellschaft gehe.